New York. . Tommy Haas ist bei den US Open ausgeschieden. Und denkt über seine Zukunft nach. In zwei Wochen wird die Mannschaft des Deutschen Tennis Bundes in Hamburg gegen Australien im Davis Cup um einen Platz in der Weltgruppe spielen. Aber noch ist nicht klar, ob sie das mit Haas oder ohne ihn tun wird.
Es gab Szenen, in denen er so frisch wirkte wie der junge Tag, und in einer lag er quer in der Luft. Es war Mitte des vierten Satzes, als sich Tommy Haas zum Hechtsprung streckte, den Ball schlug, abrollte und blitzschnell wieder auf den Beinen war. Doch den Punkt machte trotzdem der andere. Und am Ende spürte Haas, dass er nicht mehr so fit war wie der zehn Jahre jüngere Gegner, dass er die Partie nicht mehr gewinnen würde. Nach mehr als dreieinhalb Stunden in der Hitze des Nachmittags unterlag er dem Letten Ernests Gulbis schließlich 6:3, 6:4, 4:6, 5:7, 3:6, und damit verabschiedete er sich wie beim allerersten Start in Flushing Meadows vor 16 Jahren schon nach Runde eins.
Der Frust war groß. „Ich werde in den nächsten Tagen eine Scheißlaune haben“, meinte Haas, „das Spiel wird mich sicher noch eine Weile beschäftigen; ich hab es im dritten Satz aus der Hand gegeben.“ Natürlich hatte er sich nach den Erfolgen des Sommers und der erzwungenen Pause wegen der Nicht-Nominierung für die Olympischen Spiele bei seinem Lieblingsturnier Hoffnungen gemacht, aber zumindest ein positiver Ansatz blieb beim Abschied. Er sagt, nach dem aktuellen Stand der Dinge könne er sich vorstellen, im kommenden Jahr wieder in New York zu spielen.
Haas weiß noch nicht, ob er im Davis-Cup spielt
Was einen Einsatz in näherer Zukunft auf der anderen Seite des Atlantiks betrifft, da will er sich erstmal ein paar Tage Bedenkzeit gönnen. In zwei Wochen wird die Mannschaft des Deutschen Tennis Bundes (DTB) in Hamburg gegen Australien im Davis Cup um einen Platz in der Weltgruppe spielen. Aber noch ist nicht klar, ob sie das mit ihm oder ohne ihn tun wird. „Das ist jetzt ein großes Thema“, sagt Haas, „aber ich weiß es wirklich nicht. Ich war seit Mai nur vier Tage zuhause in Los Angeles und brauche auf jeden Fall eine Pause. Ich muss es davon abhängig machen, wie es körperlich und mental geht, aber falls ich spiele, werde ich das kurzfristig entscheiden.“
Das deutet eher nicht auf eine Zusage hin, dabei wird das Team bei der schweren Aufgabe gegen Hewitt, Tomic und Co. jeden Mann gebrauchen können. Philipp Kohlschreiber wäre bereit. Dessen Sieg in einem kniffligen Spiel gegen den französischen Angreifer Michael Llodra (7:6, 4:6, 7:6, 6:1), einen der schlimmsten Rhythmus-Brecher nach Kohlschreibers Definition, lässt auf gute Form schließen. Aber Form ist nicht alles.
Irritationen nach der Davis-Cup-Niederlage
Bei der Niederlage in der ersten Runde in Bamberg gegen Argentinien hatte Kohlschreibers kurz vorher erfolgte Absage zu Irritationen und letztlich auch zum zwischenzeitlichen Zerwürfnis mit Teamchef Patrik Kühnen geführt. Der hatte Haas’ Kritik an Kohlschreibers vermeintlichen Desinteresse an der Partie nicht widersprochen. Und Kohlschreiber war sauer.
Wochenlang schwelte die Angelegenheit, und auf Kohlschreibers Betreiben wurde Kühnen für den World-Team-Cup in Düsseldorf der Stuhl vor die Tür gesetzt. Aber nach dem Sieg gegen Llodra berichtete der Augsburger von einem intensiven, klärenden Gespräch mit dem Teamchef am Tag vor dem Beginn des Turniers, und er sagt, danach sei eine Last von ihm gefallen.
Kohlschreiber gesteht Fehler
Offenbar ist ihm aufgefallen, dass zuletzt vieles schief gelaufen ist. „Ich habe zwei Dinge unterschätzt in diesem Jahr“, sagt er, „die Absage in Bamberg und das Video von Kitzbühel war sicher auch nicht gut.“ In diesem verwackelten Video hatte er, als die Olympischen Spiele in London schon begonnen hatten, nach dem verlorenen Finale des Turniers in Kitzbühel erklärt, er sei verletzt und werde deshalb in London nicht spielen. Daraufhin war er heftig kritisiert worden.
Jetzt soll alles wieder gut werden. Fragt sich nur wie. Wäre nach den Bamberger Reibereien überhaupt noch eine Mannschaft mit Haas und Kohlschreiber denkbar? Der Augsburger gibt zu, seine Absage für Bamberg sei dem Teamgedanken natürlich nicht förderlich gewesen. Und es sei auch sicher kein Team zu erwarten, das durch Freundschaft glänze. „Aber wir sollen füreinander einstehen und es regeln wie Männer. Wenn man sich ehrlich die Meinung sagt, dann kann man sich hinterher auch wieder zusammenraufen. Zum stärksten Team zähl’ ich Tommy auf jeden Fall dazu.“ Mal sehen, ob die Botschaft in L.A. ankommt.