New York. Andrea Petkovic scheiterte bei den US Open in der ersten Runde. Gegen die Schweizerin Roamina Oprandi unterlag sie in zwei Sätzen 2:6, 5:7 und blickt nun mit Tränen in den Augen auf die Vergangenheit zurück.

Ich will spielen“, schrieb sie in einem Blog für die amerikanische Tageszeitung USA Today. „Ich will gewinnen. Ich will verlieren. Lieber verlieren als Reha und all die Übungen, immer und immer wieder.“

Das war am Tag vor ihrem ersten Spiel bei einem Grand-Slam-Turnier in diesem Jahr, ihrem Auftaktspiel bei den US Open in New York. Dem ersten nach sieben Monaten Verletzungspause.

Die Ereignisse des Spiels gegen die Schweizerin Romina Oprandi (2:6, 5:7) sind schnell zusammengefasst. Obwohl sie sich mit allem Engagement bemühte, wirkte Andrea Petkovic nicht sicher genug. Den Körper nach einer langen Pause im Training wieder in Gang zu bringen, ist eine Sache. Aber das ist im übertragenen Sinn nur der theoretische Teil. In der Praxis geht es darum, nicht nur rechtzeitig am Ball zu sein, sondern unter Belastung Entscheidungen zu treffen. „Jeden Punkt mit hoher Intensität spielen, das kann ich einfach noch nicht“, gestand sie nach der Niederlage. „Ich muss versuchen, meinen Rhythmus zu finden, aber es fehlen noch so viele Sachen.“

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Was ihr fehlt, ist die DNA des Erfolgs. Beim Stand von 4:0 ist es vergleichsweise leicht, den richtigen Ball zu spielen, beim Breakball oder Matchball hingegen schwer, und diese Dinge unterscheiden die Besten von den Guten. Im vergangenen Jahr, als sie die konstanteste Spielerin der Tour gewesen war, da wusste sie meist, wo der Schlüssel zum Spiel lag. Aber jetzt? Sie sagt, sie sei komplett wieder am Abhang, fühle sich in manchen Situationen planlos wie mit 15, und angesichts dieses Geständnisses kann man sich vorstellen, dass der Weg noch ziemlich lang ist.

Geduld gehört bislang nicht zu Petkovic' Stärken

Geduld gehört gewöhnlich nicht zu ihren Stärken, aber sie will sich Mühe geben, die Ruhe zu bewahren. Und sie wird versuchen zu akzeptieren, dass sie gegen Spielerinnen verlieren wird, die sie im vergangenen Jahr auf dem Flug in die Top Ten besiegte. „Manchmal“, sagt Andrea Petkovic, „können aus schlechten Dingen gute entstehen. Spielerisch fehlt es sicher, aber ich glaube, dass ich als Person gewachsen bin.“

Man sollte sich dieses Wachsen wohl nicht als geradlinigen Prozess, sondern eher als Zitterpartie vorstellen. Als sie vom erzwungenen Urlaub während der ersten Pause des Jahres erzählt – zwei Wochen zurückgezogen und ganz allein mit ausgeschaltetem Handy auf den Malediven, um dem schwer lädierten Rücken eine Pause zu gönnen –, berichtet sie auch von den Erkenntnissen dieser Zeit. Und obwohl sich im ersten Moment gut anhört, spricht ihr Körper eine andere Sprache. Sie ist nervös, nestelt an ihren Schuhen, und die Stimme wackelt. Das Gespräch geht weiter, sie scheint auf halbwegs sicheres Terrain zurückzukehren, doch als es später noch mal um eben jene Erkenntnisse geht, da ist es um ihre Fassung geschehen.

Sehr egoistisch und sebstsüchtig

In der Zeit des Aufstiegs und auch zu Beginn dieses Jahres war bisweilen der Eindruck entstanden, sie habe ein wenig die Bodenhaftung verloren, bewege sich in anderen Sphären. Auf vielen Hochzeiten zur gleichen Zeit unterwegs, irgendwie. Damals hätte sie das vermutlich vehement bestritten oder mit cooler Ironie abgetan, aber dafür ist nach der Niederlage gegen Romina Oprandi kein Platz. Am Ende verrät sie viel, als sie sagt: „Ich glaube, dass ich in der Zeit sehr egoistisch und selbstsüchtig war. Ich habe Familie und Freunde vergessen, aber die waren da, als ich verletzt war.“

Dann steht sie auf und geht, mit Tränen in den Augen. Sie weiß, dass das Zurückkommen ebenso lange dauern könnte wie die Zeit ihrer Abwesenheit, obwohl sie gehofft hatte, dass alles ein wenig schneller gehen würde. Aber vielleicht steckt die entscheidende Botschaft in dem Blog, den sie vor dem Spiel verfasst hatte. Ich will verlieren – das ist ein kämpferischer Satz. Der Vergleich ist ein wenig gewagt, aber wie schrieb einst Bertolt Brecht? Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns, vor uns liegen die Mühen der Ebenen.