Essen. Seit Spruchkammern bei Verhandlungen Videos als Beweismittel zulassen, bauen mehr Vereine auf technische Hilfe. In der Oberliga Niederrhein geht der SV Sonsbeck gegen den Platzverweis eines Angreifers vor. Der 1. FC Gievenbeck hatte in Westfalen mit dem Videobeweis bereits Erfolg.

Der 5. August war für den SV Sonsbeck eigentlich ein Festtag. Der Fußballklub aus dem Kreis Wesel feierte Premiere in der Oberliga Niederrhein und schlug den Traditionsverein Schwarz-Weiß Essen zum Auftakt mit 2:0. Und doch war die Stimmung beim SVS nach dem Abpfiff getrübt. Danny Rankl sah die Rote Karte, das Schiedsrichtergespann hatte einen Kopfstoß des Topstürmers gesehen. "Das war eine absolute Frechheit", ärgerte sich SVS-Vorstandsmitglied Andreas Proest noch Tage später.

Um Rankl vor einer langen Sperre zu bewahren, setzen die Sonsbecker auf technische Hilfsmittel. Am Samstag wollen sie bei der Spruchkammersitzung in der Sportschule Wedau die strittige Videosequenz vorspielen. Der Sonsbecker Fan Heinz Breer hatte die Partie mit seiner Kamera aufgenommen. Der Film sollte eigentlich ein Andenken für den Verein sein, jetzt ist er ein Fall für das Sportgericht. "Im Video ist klar zu sehen, dass sich der Gegenspieler einfach fallen lässt. Es gab keine Bewegung mit dem Kopf", erklärt Proest. Die Verbandsspruchkammer hatte den Sonsbeckern signalisiert, das Video als Beweismittel zuzulassen.

Video nach Skandalspiel mit Uerdingen

"Das ist seit mehreren Jahren möglich", erklärt Wolfgang Jades, Fußballausschuss-Chef beim Fußballverbad Niederrhein. Der Moerser erinnert sich an ein Spiel zwischen Ratingen 04/19 und dem KFC Uerdingen, bei dem der Schiedsrichter nach Ausschreitungen die Partie abbrach. "Da lief in der Verhandlung auch ein Video, allerdings konnte man in den entscheidenden Szenen gar nicht erkennen, was genau los ist", sagt Jades. Kleine Stadien oder Dorf-Sportplätze seien eben nicht mit der gleichen Technik ausgestattet wie die großen Bundesliga-Arenen. "An der Qualität wird es bei uns nicht scheitern. Wir haben gutes Material", sagt SVS-Sprecher Proest und setzt darauf, dass Rankl am Wochenende wieder spielen kann.

Vom Rotsünder zum Aufstiegshelden 

Der Videobeweis in der Spruchkammersitzung sorgt auch bei anderen Vereinen für Gesprächsstoff. "Ich meine, man sollte die Tatsachenentscheidungen akzeptieren", sagt Georg Mewes, Coach beim SV Hönnepel/Niedermörmter. Er wird künftig auch keinen Video-Mann beauftragen, die Oberliga-Spiele seiner Mannschaft zu filmen.

Vielleicht wird Mewes seine Meinung noch überdenken, wenn sein Verein mal in die gleiche Situation kommt wie der 1. FC Gievenbeck. Dort sah Niklas Bonnekessel in der Vorsaison die Rote Karte, war für ein entscheidendes Spiel gesperrt. Der Verein konnte aber Bonnekessels Unschuld per Video beweisen. Der Kapitän durfte zum Saisonfinale wieder auflaufen. Bonnekessel schoss das entscheidende Tor für Gievenbeck zum Oberliga-Aufstieg.

Link sieht Zuwachs in den Landesligen

Die Verbandsspruchkammer beim Fußballverband Westfalen musste neben dem Gievenbecker Fall noch weitere Videos auswerten. "Das nimmt zu. Häufig legen die Vereine Einspruch ein, wenn es den falschen Spieler erwischt hat", erklärt Alfred Link, Beisitzer im Fußball-Verbands-Ausschuss. Gerade in den westfälischen Landesligen wehren sich die Vereine mit dem Videobeweis gegen Sperren - häufig mit Erfolg. Auf Kreisebene sieht Link die Entwicklung nicht. "Dafür lohnt sich bei den Vereinen der Aufwand einfach nicht", sagt der Funktionär aus dem Sauerland.

Auch die Sonsbecker wollen nicht jede Schiedsrichterentscheidung mit einem Video anzweifeln. Am Sonntag flog Rankls Sturmkollege Manfred Wranik vom Platz, der Verein nahm die Rote Karte murrend hin. "Bei Rankl ist der Fall für uns aber eindeutig. Deshalb greifen wir zu diesem Mittel", begründet Andreas Proest das Vorgehen seines Vereins.