Köln. . Eine Fußball-EM im Fernsehen funktioniert auch im Ausland nicht ohne Experten. Was Mehmet Scholl und Oliver Kahn für Deutschland, sind Alan Shearer, Jose Mourinho und Bixente Lizarazu für die internationalen Sender. Vor allem in England steht der Kommentatoren-Kampf im Fokus.

Es hatte nicht besonders gut angefangen für Alan Shearer. Die Fußball-EM war noch keine Minute alt, da stellte der Mirror fest, Shearer sei als Experte der BBC "so interessant wie Farbe beim Trocknen". Auch die Kollegen vom Guardian haben wenig Freude an den Auftritten des Helden von früher. Shearer und sein Moderatoren-Kollege Jake Humphrey passten "in etwa so gut zusammen wie Sardinen und Joghurt", schrieb die Qualitätszeitung.

Shearer ist TV-Experte. Wie bei jedem großen Turnier leisten sich die übertragenden Fernsehsender aus aller Welt auch in diesem Jahr wieder unzählige Fachleute, um den Fans den Fußball zu erklären. Große Namen sind dabei Pflicht. Kleiner Trost für die viel kritisierten deutschen EM-Experten Mehmet Scholl und Oliver Kahn: Auch im Ausland, gerade im Mutterland des Fußballs, wird gerne über die Diskutanten diskutiert.

Ehemaliger Bayern-Star Lizarazu berichtet in Frankreich

Ein alter Bekannter der ehemaligen Bayern-Stars gehört in Frankreich mittlerweile zum Expertenstamm. Bixente Lizarazu, früher Linksverteidiger beim deutschen Rekordmeister, analysiert gemeinsam mit Teammanager Arsene Wenger vom FC Arsenal die EM-Spiele für TF1. Das Thema in Frankreich ist derzeit aber ein anderes - Reporter-Legende Thierry Roland starb während des Turniers in Folge eines Schlaganfalls. Bei 13 Weltmeisterschaften und neun Europameisterschaften hatte die "Stimme des Fußballs" Spiele kommentiert, im Duo mit dem ehemaligen Nationalspieler Jean-Michel Larque erreichte er eine Popularität wie hierzulande Gerhard Delling und Günter Netzer.

Im niederländischen Fernsehen bekleidet Jan Mulder, Vater des früheren Schalker Stürmers Youri Mulder, den Posten des Chefkritikers - und zu kritisieren gab es einiges bei den glücklosen Holländern, die nach der Vorrunde punktlos die Heimreise antraten. Mulder, für harte Worte bekannt, beklagte etwa den 'feigen Fußball' von Bondscoach Bert van Marwijk, der meist mit zwei defensiven Sechsern spielen ließ. 'Mark van Bommel und Nigel de Jong sind zwei Kontrolleure: Das ist doch lächerlich! Man opfert doch nicht seine besten Fußballer für Wasserträger', schimpfte Mulder. Youri Mulder kommentiert für NOS.

Jose Mourinho ist für Al Dschasira im Einsatz

Auch außerhalb Europas sind große Namen gefragt. Al Dschasira sicherte sich die Dienste von Lauren Souness, Tochter der schottischen Fußball-Legende Graeme Souness. Und während der Vorrunde analysierte kein geringerer als Real Madrids Trainer Jose Mourinho die Spiele für den arabischen Sender.

Aufsehenerregend ist der Kampf der Kommentatoren aber vor allem in England. Guardian und Mirror widmen dem Duell von öffentlich-rechtlicher BBC und privatem ITV regelmäßige Analysen und monieren vor allem die überwiegend glattgebügelte Sprache der BBC-Experten. Gegen das Duo Shearer und Humphrey schickte ITV den ehemaligen Nationalspieler Gareth Southgate und Jamie Carragher vom FC Liverpool ins Rennen.

Vor allem Letzterer kann punkten - die Engländer mögen seine klaren Worte. Etwa die offene Kritik an Nationaltrainer Roy Hodgson. Dessen Arbeitsweise sei ja 'sehr gut bekannt: Er drillt die Mannschaft.' In Hodgsons Zeit bei den Reds sei das nicht besonders gut angekommen. Dennoch bestehe Hoffnung für die Three Lions: 'In der Nationalmannschaft sieht er die Spieler ja nur alle paar Wochen. Dann haben sie nicht so schnell die Nase voll.' Und auch zu den Gegnern gibt Carragher schnell formulierte Ansichten ab. 'Frankreich? Pff, nicht so gut', sagte der Verteidiger in der Vorrunde. Carraghers mitunter pub-taugliche EM-Analysen kommen an. Schwere Zeiten für den eher steifen Alan Shearer. (sid)