Breslau. . Ohne den früheren Dortmunder Tomas Rosicky fehlt Tschechien die Kreativität. Doch nun ist er verletzt, und noch ist es nicht klar, ob er im letzten Gruppenspiel der Europameisterschaft gegen Gastgeber Polen mitwirken kann.
Es gehört zum Geschäft eines Fußballtrainers, mögliche Komplikationen in der Öffentlichkeit erst einmal beiseite zu schieben. Michal Bilek gab sich deshalb zuversichtlich am Dienstagabend und verschwendete nicht viele Worte über die Verletzung von Tomas Rosicky und darüber, was ein Ausfall des Spielmachers für Tschechien im letzten Vorrundenspiel der Gruppe A am Samstag gegen Gastgeber Polen (20.45 Uhr, live im DerWesten-Ticker) bedeuten würde. „Wir werden sehen“, sagte der Nationaltrainer nur.
Ein paar Meter weiter stand Rosicky, und was er zu sagen hatte, klang nicht ganz so positiv. Er war in der Halbzeit der Partie gegen Griechenland wegen Achillessehnenproblemen ausgewechselt worden. Schon nach 20 Minuten habe er die Verletzung bemerkt, erzählte er. „Obwohl ich nur auf einem Fuß spielte, wollte ich weitermachen“, verriet der 31 Jahre alte Mittelfeldspieler nach dem 2:1-Sieg, der die Tschechen wieder zurück ins Rennen um einen Platz im Viertelfinale brachte. „Aber die Ärzte haben gesagt, es sei besser aufzuhören.“
Zwei Wolfsburger besorgten die beiden Tore
Es sei ihm etwas leichter gefallen, den Rat zu befolgen, weil seine Mannschaft zu diesem Zeitpunkt 2:0 führte – und die Griechen beherrschte. Dass es am Ende noch einmal eng wurde, hatte wohl auch ein bisschen mit Rosicky zu tun. In der zweiten Halbzeit sei es „wirklich schwierig“ gewesen, stellte Bilek fest, und er meinte damit nicht nur die veränderte Lage, weil den Griechen durch Fanin Gekas schnell der Anschlusstreffer gelungen war. Tomas, sagt sein Trainer, „ist unser Schlüsselspieler“.
Die Partie in Breslau offenbarte die Abhängigkeit der Tschechen von ihrem Spielmacher. Zwar setzten die Glanzpunkte erst einmal andere. Der Wolfsburger Petr Jiracek, der das viertschnellste Tor der EM-Geschichte erzielte, und sein Klubkollege Vaclav Pilar, der sein zweites Tor bei diesem Turnier schaffte. Aber Rosicky ist die ordnende Hand, der Lenker im Mittelfeld, der allein die Kreativabteilung der Tschechen repräsentiert. Ohne ihn verlor die Mannschaft den Faden, Griechenland drängte – mit allerdings spielerisch sehr bescheidenen Mitteln. Die bis dahin souveränen Tschechen waren plötzlich vor allem mit Defensivarbeit beschäftigt. „Wir wollten das nicht“, sagte Bilek. „Aber ohne Tomas war es kompliziert.“
Gerade rechtzeitig zur EM zu alter Form zurück gefunden
Gerade rechtzeitig zur EM fand Rosicky bei Arsenal London zu alter Form zurück, nachdem er eineinhalb Jahre mit Knieproblemen zu kämpften hatte. Der frühere Dortmunder hatte großen Anteil daran, dass die Mannschaft von Trainer Arsene Wenger nach schwacher Hinrunde noch den dritten Platz in der Premier League erreichte. Vor Turnierbeginn gab es für den schmächtigen und vielleicht auch deshalb verletzungsanfälligen Fußballkünstler wieder einen kleinen Rückschlag. Eine Oberschenkelzerrung bremste seinen Tatendrang, und deshalb trainierte er auch vor dem Spiel der Griechen noch dosiert.
Rosicky ist zusammen mit Milan Baros und Torhüter Petr Cech der letzte Vertreter jener Mannschaft, die einst als goldene Generation galt. 2004 wähnte sie sich auf dem Höhepunkt und reif für einen großen Coup. Sie erreichte in Portugal das Halbfinale, und auf dem Weg zur dritten Teilnahme an einem EM-Endspiel stand nur noch Griechenland im Weg, der große Außenseiter. Die von Otto Rehhagel trainierten Minimalisten beendeten dann den Traum der talentierten Tschechen durch ein Tor in der Verlängerung.
„So etwas vergisst man nicht“, sagt Rosicky. Der Sieg am Dienstagabend gegen den Europameister von 2004 im ersten sportlichen Aufeinandertreffen seit jenem bitteren Juni-Abend in Porto mag eine kleine Genugtuung gewesen sein, aber für Rosicky hat er womöglich auch einen bitteren Beigeschmack.
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