Debrecen. Die Goldmedaillen Nummer drei und vier haben die deutschen Schwimmer bei der EM in Debrecen geholt: Paul Biedermann gewann über 200 Meter Freistil, Sarah Poewe über 100 Meter Brust.

Erst fischte Paul Biedermann völlig erschöpft sein zweites Einzel-Gold in drei Tagen aus dem Becken, dann jubelte Sarah Poewe ausgelassen über ihren ersten internationalen Titel, am Ende strahlten Britta Steffen und Daniela Schreiber über Silber und Bronze: Innerhalb von 25 Minuten räumten die deutschen Schwimmer am Mittwoch bei der EM in Debrecen gleich vier Medaillen ab.

Doppel-Olympiasiegerin Steffen gab ihr Edelmetall über 100 m Freistil gleich weiter an den deutschen Hallensprecher. „Er ist so ein toller Typ. Er macht und tut. Ich habe ihm gesagt: Es ist nicht Gold, wie du es verdient hast, aber ich habe nur Silber“, sagte die 28-Jährige. Der Hamburger Kai Steinbrunn, bei deutschen Meisterschaften in Berlin regelmäßig am Mikrofon und in Debrecen für die englischen Durchsagen zuständig, war „sprachlos. Das war der Hammer. Sie bekommt einen Ehrenplatz.“

Den Anfang hatte Weltrekordler Biedermann gemacht: In 1:46,27 Minuten, seiner besten Zeit des Jahres, verteidigte der dreifache WM-Dritte seinen Titel über 200 m Freistil. Zufrieden war der 25-Jährige zwei Tage nach seinem Sieg über die doppelte Distanz dennoch nicht: „Das Rennen hat mir noch nicht gefallen, die letzten 25 Meter habe ich gehackt wie blöd. Da muss noch was passieren. Ich bin noch nicht so fit, wie ich sein sollte.“ Der Berliner Tim Wallburger verfehlte als Vierter lediglich um drei Hundertstel Bronze.

Überraschender Triumph für Poewe

Nur vier Minuten später reckte Poewe die Faust in die Luft. „Ich glaube es selber nicht, dass ich gewonnen habe. Olympia-Norm und Gold - das ist unfassbar“, sagte die gebürtige Südafrikanerin nach ihrem überraschenden Triumph über 100 m Brust in 1:07,33 - ihrem ersten auf der Langbahn. Ihr eigentliches Ziel hatte die 29-Jährige schon tags zuvor erreicht: die Qualifikation für ihre vierten Olympischen Spiele. Der Essenerin Caroline Ruhnau fehlten nur vier Hundertstel zur Bronzemedaille.

Doppel-Olympiasiegerin Steffen fand ihren zweiten Platz über 100 m Freistil in 54,15 Sekunden hinter der schwedischen Schmetterling-Weltrekordlerin Sarah Sjöström (53,61) „in jedem Fall okay. Es wäre super gewesen, unter 54 zu schwimmen. Aber ich bin im Training.“ Schreiber, die mit ihr am Montag in der 4x100-m-Freistilstaffel Gold gewonnen hatte, war mit Bronze „super glücklich und megastolz. Das ist meine allererste Einzelmedaille.“

Isabelle Härle und Jan Wolfgarten verfehlen Olympia-Norm

Geplatzt ist der Olympia-Traum für die WM-Dritten Isabelle Härle und Jan Wolfgarten. Zehn Monate nach Bronze im Freiwasser-Team zusammen mit Rekordweltmeister Thomas Lurz in Shanghai verfehlten beide in Debrecen bei ihrer letzten Chance die London-Norm. Härle verließ wortlos die Schwimmhalle, nachdem sie als Zehnte im Vorlauf über 800 m Freistil in 8:43,00 Minuten 14 Sekunden über der geforderten Zeit geblieben und auch das Finale verpasst hatte.

Klare Worte fand dagegen ihr Trainer. „Die Zeit ist vollkommen indiskutabel“, sagte Henning Lambertz, „das ist für mich schwer zu erklären.“ Schon bei der DM in Berlin war die Essenerin ebenso wie Wolfgarten deutlich über der geforderten Zeit geblieben. „Das war letzte Woche schon nicht gut“, meinte ihr Coach und ergänzte: „Was im Vorfeld gemacht wurde, reicht nicht aus. Da müssen wir uns an die eigene Nase packen.“

Wolfgarten fehlten nach 15:13,68 Minuten als Sechster im Finale über 1500 m Freistil gut acht Sekunden zur Norm. „Das war nicht das, was ich mir in den letzten vier Jahren erhofft habe“, sagte der Kurzbahn-Europameister von 2009. Auch sein Würzburger Vereinskollege Sören Meißner war als Achter (15:19,50) zu langsam. Gold gewann der italienische Junioren-Europameister Gregorio Paltrinieri (14:48,92). Den fünften Titel des Tages holte sich der ungarische WM-Dritte Laszlo Ceh über 200 m Lagen.

Gemischte Ergebnisse bei den übrigen Schwimmern

Einen Tag nach ihrem Doppel-Silber gingen die Rückenschwimmer Helge Meeuw (Magdeburg) und Jenny Mensing (Wiesbaden) mit unterschiedlichem Erfolg ins Wasser. Meeuw, Vize-Europameister über 100 m, schied über die halbe Distanz in 25,78 Sekunden als 13. im Halbfinale aus. Mensing, tags zuvor über 200 m ebenfalls Zweite, schwamm in 1:00,58 Minuten als Fünfte in den Endlauf am Donnerstag über 100 m an. Die Leipzigerin Lisa Graf scheiterte als Elfte (1:02,05) und verspielte ihre letzte Olympia-Chance, Junioren-Weltmeister Christian Diener aus Cottbus verpasste als Neunter (25,51) ebenfalls das Finale.

Auch über 200 m Brust darf sich der deutsche Meister und Rekordhalter Marco Koch Chancen auf Edelmetall ausrechnen. Der Darmstädter erreichte in 2:10,92 Minuten als Zweiter das Finale. „Ich habe noch Luft nach oben, eine Medaille wäre geil“, sagte der 22-Jährige. Der WM-Dritte Christian vom Lehn (Wuppertal) qualifizierte sich in 2:12,16 auf Rang sieben ebenfalls.

Kurzbahn-Europameisterin Theresa Michalak (Halle/Saale) zog über 200 m Lagen als Vierte in 2:12,76 Minuten in den Endlauf ein, verfehlte aber erneut die Olympia-Norm. Alexandra Wenk (München) vergab als Neunte (2:14,44) ihre letzte Chance auf ein London-Ticket. (sid)