Dortmund. Der Tod von BVB-Legende Timo Konietzka sorgt für Bestürzung. Liga-Präsident Reinhard Rauball erklärte am Morgen: “Mit dem ersten Tor in der Liga-Geschichte wird er den Fans in Deutschland für immer unvergesslich bleiben.“

Liga-Präsident Reinhard Rauball hat bestürzt auf den Tod des früheren Fußball-Nationalspielers Timo Konietzka reagiert. "Die Bundesliga trauert um Timo Konietzka. Mit dem ersten Tor in der Liga-Geschichte wird er den Fans in Deutschland für immer unvergesslich bleiben, obwohl dieser Treffer von keiner Fernseh-Kamera gefilmt wurde. Sein besonderer Humor, seine Listigkeit auf dem Platz und seine Gradlinigkeit im Leben machten ihn zu einem liebenswerten Mitglied der Fußball-Familie. Obwohl er seinen Lebensmittelpunkt zuletzt in der Schweiz hatte, hat er immer Kontakt zu seinen ehemaligen Kollegen und Vereinen in Deutschland gehalten und war dort stets willkommen", sagte Rauball, Präsident von Borussia Dortmund, am Dienstag.

Breuckmann: "elegant und torgefährlich"

Sportreporter Manfred "Manni" Breuckmann erinnert sich an den Spieler: "Er war manchmal schwierig, mit Ecken und Kanten, aber ein Typ. Ich finde es gut, wenn Menschen Typen sind." Als Spieler sei er "elegant und torgefährlich" gewesen.

Breuckmann hofft, dass der Freitod des ehemaligen Nationalspielers die Debatte um Sterbehilfe wieder anregt: "Gerade für Menschen, die definitiv auf der Zielgeraden ihres Lebens angekommen sind, müssen wir das Thema diskutieren."

Gregor Schnittker: "Konietzka als unglaublich demütigen Menschen erlebt"

Der Dortmunder Journalist Gregor Schnittker hat im Zuge seiner Recherchen für ein Buch zum Revierderby mehrmals mit Timo Konietzka telefoniert. „Er war ein absolut integerer Typ“, so Schnittker. „Ich habe ihn als unglaublich demütigen Menschen erlebt“, schildert der Journalist seine Eindrücke. Besonders imponiert hat Schnittker Konietzkas Fußballbegeisterung: „Er ist mit Fußball aufgestanden und mit Fußball ins Bett gegangen“, sagt der Autor.

Timo Konietzkas Todesanzeige

Liebe Freunde!
Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei Exit bedanken, die mich am Montagnachmittag von meinen Qualen erlöst und auf dem schweren Weg begleitet haben. Ich bin sehr froh!

Traurig bin ich nur, weil ich meine Claudia, meinen Sohn Oliver mit Moni und unsere Kinder Dina und Manuel mit Sämi und Tanja und die geliebten Enkelkinder Gregory, Larissa, Robin und Yven sowie unsere treue Wegbegleiterin Irma Herger verlassen muss.

Macht alle das Beste aus Eurem Leben! Meines war lang und doch so kurz.

Diese Anzeige gilt als Leidzirkular. Die Trauerfeier findet im engsten Familienkreis statt. Bitte keine Kondolenzen.

Wir hoffen auf Euer Verständnis. Das ist mein Wunsch.

„Wenn Samstag ist, fangen ja um halb vier die Spiele an“, erzählte ihm Konietzka. „Dann fange ich um 15 Uhr an, mich warmzulaufen, damit ich um halb vier keine Zerrung kriege“, so der Vollblutfußballer weiter, der tatsächlich bei jedem Spiel 90 Minuten lang auf einer speziellen Laufmatte im heimischen Wohnzimmer mitgelaufen ist. „Ich laufe mehr als die Spieler auf dem Platz, weil ich auch in der Halbzeit und bei jeder Unterbrechung weitermache.“

Über seine Zeit als Trainer von Borussia Dortmund sprach der Wahl-Schweizer nicht gerne. Schnittker: „Es war für ihn ein Makel, dass er mit dem Verein, den er so liebte, keine Erfolge feiern konnte. Aber das war unter den damaligen Umständen auch nicht möglich.“

Wilfried Wittke: "Timo war eine Granate"

Wilfried Wittke, langjähriger Sportchef der Westfälischen Rundschau, hat Konietzkas Weg von Anfang an begleitet. "Timo war als Spieler ein Schlitzohr. Zusammen mit Jürgen "Charly" Schütz hat er die gegnerischen Abwehrreichen vernascht - darum wurden die beiden auch 'Max und Moritz' genannt", so Wittke. In spezieller Erinnerung ist Wittke ein Elfmeter geblieben, der sinnbildlich für die Schlitzohrigkeit Konietzkas steht: Schütz lief an, doch statt direkt zu schießen, passte er den Ball nur schräg nach vorne. Konietzka, in den Plan eingeweiht, schoss dann aus kurzer Distanz ins Tor.

Wittke schätzt Konietzka als "besonderen Typ". "Dass er den Freitod gewählt hat, passt irgendwie zu ihm", so Wittke. Als Fußballer sei der Bergmanns-Sohn, der aus einer fußballverrückten Familie kam, "eine Granate" gewesen. Und als Mensch sei der gebürtige Lüner "immer für einen Scherz zu haben" gewesen.

Dem BVB blieb Konietzka im Herzen verbunden. "Er war oft in Dortmund. Und wenn der BVB zum Trainingslager in der Schweiz war, war Timo immer vor Ort", erinnert sich Wittke.

Oberbürgermeister Sierau würdigt Konietzkas Verdienste

Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau zeigte sich betroffen: „Wer einen solchen Schritt geht, muss sehr gelitten haben. Für Timo war der Freitod wohl die ersehnte Erlösung von seinen Qualen“, so der OB. Sierau schätzte Timo Konietzka sehr: „Timo hat den deutschen Fußball geprägt. Nicht nur durch sein erstes Tor der Bundesligageschichte, sondern viel mehr noch durch seine große Persönlichkeit. Alle Dortmunder Fußballfans und viele Menschen weit jenseits unserer Stadtmauern werden ihn nicht vergessen.“

Konietzka starb im Alter von 73 Jahren

Konietzka hatte am Montag seine Ankündigung wahr gemacht und sein Leben aufgrund einer schweren Erkrankung selbst beendet. Der erste Torschütze der Bundesliga, der unheilbar an Gallen-Krebs erkrankt war, trank am Montagabend in seiner Schweizer Wahlheimat Brunnen einen Gift-Cocktail und starb im Alter von 73 Jahren.

Konietzka wurde am 2. August 1938 in Lünen geboren. Dort wuchs er in der so genannten "Scheißhaus-Kolonie" auf. Sein erster Verein war der VfB 08 Lünen. Jockel Bracht brachte Konietzka zu Borussia Dortmund, wo er in Max Merken einen Förderer fand. 1963 wurde Konietzka mit dem BVB Deutscher Meister und 1965 Pokalsieger. 1966 wurde er Meister mit 1860 München. Seinem Mentor Jockel Bracht hatte Konietzka auch den Spitznamen "Timo" wegen seiner Ähnlichkeit mit dem russischen General Timoschenko zu verdanken. Diesen Namen mochte er lieber als seinen eigentlichen Namen Friedhelm und ließ ihn sich später auch in den Pass eintragen. In seiner Zeit bei 1860 stellte Timo Konietzka einen Rekord auf: Weil er in einem Spiel dem Schiedsrichter die Pfeife klaute, wurde er vom Platzgestellt und für sechs Monate gesperrt - die längste Sperre der Bundesliga-Geschichte.

Konietzka lebte mit seiner Frau in der Schweiz

Wenig später zog es Konietzka in die Schweiz, wo er erfolgreich als Trainer arbeitete. Viermal holte er in dieser Funktion die Schweizer Meisterschaft und schaffte es mit dem FC Zürich 1977 ins Halbfinale des Europapokals der Landesmeister. Nach seiner Laufbahn führt er mit Frau Claudia ein Hotel in Brunnen am Vierwaldstättersee.

Im Februar war eine schwere Gallenkrebs-Erkrankung bei ihm diagnostiziert worden. Mehrere Operationen brachten keine Besserung. (kari/str/sid)

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