Herne. Die Geschichte des Revier-Derbys gibt es jetzt auch als Buch. Es erzählt interessante Geschichten und herrliche Anekdoten zu Schwarz-Gelb gegen Königsblau.
Sie hatten sich eine Zeit lang nicht getroffen, jetzt fielen sie sich in die Arme. Klaus Fichtel fragte strahlend: „Siggi, alter Junge, wie geht’s Dir denn?“ Und Siggi Held strahlte zurück: „Schön, Dich zu sehen!“ Harmonie zwischen früheren Gegenspielern, die auch Mitspieler waren. Fichtel, der Schalker, und Held, der Dortmunder, bewegten den Ball bei der WM 1970 gemeinsam für Deutschland. Und bekämpften sich in zahlreichen Revierduellen. Aber nie so sehr, dass sie sich heute aus dem Weg gehen müssten.
Treffpunkt Westfalia Herne
Treffpunkt war das Vereinsheim von Westfalia Herne, neutraler Boden also, Anlass die Vorstellung eines Buches: Es heißt „Revier-Derby – die Geschichte einer Rivalität“ (Verlag Die Werkstatt, 270 Seiten, 28 Euro). Leidenschaftlich erzählt und optisch liebevoll dargestellt wird alles, was das bedeutendste deutsche Fußballderby ausmacht. Dabei wollte der Autor, der Fernsehjournalist Gregor Schnittker, am Anfang doch nur der Frage nachgehen, „warum die beiden Lager sich eigentlich nicht mögen – obwohl sich die Menschen im Ruhrgebiet doch so ähneln“.
Die Erklärung erschließt sich in Geschichten, Anekdoten, Dönekes. Die Leute brauchen die Identität – und die Rivalität. Zitat von Günther Brocker, Schalker Meisterspieler von 1958 und später Trainer: „Diese Rivalität ist die Basis für Erfolg. Einen Rivalen zu besiegen, heißt ja nicht, den Respekt vor ihm zu verlieren.“
Aber Frotzeleien müssen erlaubt sein. Der Biss des Hundes eines Dortmunder Ordners in den Allerwertesten des Schalker Abwehrspielers Friedel Rausch bleibt auf ewig eine der legendären Derby-Geschichten – BVB-Urgestein Aki Schmidt kommentiert sie so: „Das waren doch sehr intelligente Hunde damals!“
Herrliche Anekdoten
Gregor Schnittker beschränkt sich aber bei weitem nicht darauf, Bekanntes aufzuwärmen. Er hat den Schiedsrichter des Nebelspiels von 1966 gefragt, warum er es nicht abbrach („Ich sagte mir: Wenn du läuferisch alles gibst, dann kommst du da durch“). Er hat sich von Burkhard Segler verraten lassen, was der als BVB-Spieler dachte, als er auf der Rolltreppe im Parkstadion stand („Wie im Kaufhof mitte Mutti“). Und Timo Konietzka, für den BVB Schütze des ersten Bundesliga-Tores, erzählte dem Autor, dass er heute in der Schweiz während der Spiele vor dem Fernseher mitläuft (Aki Schmidt dazu: „Da hat er Dich aber von hinten bis vorne verarscht!“).
Dietrich Schulze-Marmeling, Historiker und selbst Sportbuchautor, hat als Experte nur einen Kritikpunkt: „Das Buch hätte nicht unbedingt mit dem Supercupspiel enden müssen.“ Schalke gewann es vor vier Monaten nach Elfmeterschießen. Muss man erwähnen, für welchen Klub Schulze-Marmelings Herz schlägt?