Ruhpolding. Die erhoffte WM-Medaille im Einzelrennen hat Magdalena Neuner klar verpasst. Zu schlecht war ihre Vorstellung am Schießstand. Die Patzer der Rekordweltmeisterin konnten auch die übrigen Deutschen nicht kompensieren. Andrea Henkel war auf Rang 20 die Beste.
Millionen Biathlons-Fans vor dem Bildschirm und 26000 Zuschauer in der Ruhpoldinger Chiemgau-Arena hatten dem großen Zweikampf bei der Weltmeisterschaft im Einzel entgegen gefiebert. Showdown über 15 Kilometer, nachdem Magdalena Neuner gegen Darja Domratschewa in den ersten beiden Einzelwettbewerben jeweils Gold und Silber gewonnen hatten. Es war das erwartet enge Duell, die beiden Superstars erzielten die mit Abstand besten Laufzeiten auf der von der Spätwintersonne aufgeweichten Strecke. Am Ende lag die Deutsche knapp 14 Sekunden vor der Weißrussin. Doch wie das griechische Wort Biathlon besagt, ist dieser Sport ein Zweikampf aus Laufen und Schießen. Neuner und Domratschewa ballerten jeweils sechsmal daneben: Neuner wurde mit einem Rückstand von 4:40,3 Minuten auf die norwegische Weltmeisterin Tora Berger 23,. Domratschewa 25. Aus dem ultimativen Showdown wurde ein enger Kampf im Niemandsland.
"Ich bin riesig enttäuscht", ärgerte sich Neuner, "ich habe mich auf dieses Einzelrennen richtig gut vorbereitet, habe unheimlich viel dafür getan, diesen Titel, der mir noch fehlt, zu gewinnen." Aber schon beim ersten Schießen hatte die 25-Jährige die Medaille aus der Hand gegeben. Ihr Gesichtsausdruck nach dem ersten Schießen sagte alles. "Zwei Fehler im liegenden Anschlag, das ist mir schon lange nicht passiert", sagte sie, "wenn du direkt zwei Strafminuten kassierst, dann ist die Frustration groß. Im Kopf war ich danach auch nicht mehr richtig motiviert am Schießstand."
Gössner auf Platz 36, Bachmann 48.
Auch die drei anderen deutschen Biathletinnen blieben weit hinter den Erwartungen zurück. Beste war Andrea Henkel als 20., Miriam Gössner wurde 36., Tina Bachmann belegte sogar nur den 48. Platz. Insgesamt leistete sich das deutsche Quartett 22 Fehler. Wie konnte das passieren? "Die Antwort kennt nur der Wind", heißt ein früherer Bestseller von Johannes Mario Simmel. Die deutsche Mannschaft fand am Mittwoch nicht die richtige Antwort. "Unsere Mädels haben falsch gehandelt", kritisierte Cheftrainer Uwe Müßiggang, "beim Anschießen kam der Wind von links. Dann hat er gedreht. Leider haben die Mädels darauf kaum oder gar nicht reagiert. Unsere Vorstellung am Schießstand war eine Katastrophe." Die Information über die geänderte Windrichtung erhielten die Sportlerinnen von den Trainern noch vor dem ersten Schießen auf der Strecke. "Wir haben ihnen aber nicht vorgeschrieben, am Diopter zu drehen", sagte Frauen-Bundestrainer Gerald Hönig, "das sollten sie selbst entscheiden. Da vertrauen wir auf den Ausbildungsstand unserer Athletinnen."
Drehen oder nicht? Die deutschen Starterinnen entschieden sich dagegen, Änderungen am Diopter ihrer Kleinkalibergewehre vorzunehmen. Es war offensichtlich die falsche Entscheidung. Da tröstet es nicht, dass auch Domratschewa oder die finnische Weltcup-Gesamtsiegerin von 2011, Kaisa Mäkäräinen (Platz 28), die gleichen Fehler begingen.
Aussprache im deutschen Team
Es gibt noch Gesprächsbedarf im deutschen Team, wie die Aussage von Magdalena Neuner beweist. "Die Trainer haben einen bisserl nervösen Eindruck gemacht. Das hat sich auf uns Sportlerinnen übertragen. Aber ich will die Fehler nicht bei den Trainern suchen. Wir sollten alle an das Rennen einen Haken machen."
Nach der Aussprache soll dann die Entspannung folgen. Neuner will am heutigen Ruhetag ein bisschen auf Urlaub machen. Sie wird dem Rummel entfliehen und außerhalb von Ruhpolding ein bisschen laufen gehen. "Die Waffe bleibt im Zimmer", sagte sie. Und dann richtete sie gleich wieder eine Kampfansage an die Konkurrenz. "Es gibt noch die Staffel am Samstag und das Massenstartrennen am Sonntag. Ich weiß, dass ich ganz vorne sein kann. Das Zeug habe ich dazu", sagte Magdalena Neuner und gab dann die Parole für ihre Kolleginnen aus: "In der Staffel haben wir viel gut zu machen."