Bamberg. Tommy Haas ist zurück - wieder einmal. Die frühere Nummer zwei der Welt gibt sein Comeback im Davis Cup gegen Argentinien. Haas ist das Stehaufmännchen des Tennis-Zirkus und derzeit fit wie selten zuvor.

Wenn Tommy Haas sein T-Shirt lupft, um sich den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen, ist sein Ehrgeiz deutlich zu erkennen. Straffe Bauchmuskeln, angeordnet zum sogenannten „Six-Pack“, zieren seinen Körper. Vorbei die Zeiten, als die Bild-Zeitung vom „Waschbärbauch“ beim früheren Zweiten der Tennis-Weltrangliste schrieb. Vor dem Davis-Cup-Duell am Wochenende gegen Argentinien in Bamberg ist Haas körperlich in Topform. „Ich fühle mich so gut wie lange nicht mehr“, sagte der 33 Jahre alte Routinier. Dabei schien seine Karriere im vergangenen Jahr bereits beendet.

Haas der erfolgreichste deutsche Spieler der „Nach-Becker-Ära“

14 Monate fehlte der gebürtige Hamburger nach einer Hüft-Operation bis April 2011. Eine Ewigkeit für einen Tennisspieler in seinem Alter. Bereits 2003 hatte Haas 15 Monate mit einer Schulterverletzung aussetzen müssen. Seit Beginn seiner Laufbahn wird Haas von Rückschlägen verfolgt, er ist immer wieder aufgestanden und der erfolgreichste deutsche Spieler der „Nach-Becker-Ära“.

„Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es noch nicht zu Ende sein soll“, sagte Haas vor seinem Davis-Cup-Comeback. Mehr als vier Jahre hatte er nicht im Aufgebot gestanden, nach der Enttäuschung im Halbfinale 2007 gegen Russland. Die Nationalmannschaft entfachte bei Haas immer zusätzliche Leidenschaft: „Es ist einfach eine riesige Geschichte für sein Land zu spielen und heute genieße ich das nach meinen Verletzungen umso mehr.“

Der Davis Cup ist aber nicht der einzige Grund, der Haas antreibt, im Spätherbst seiner Karriere sich noch immer auf dem Platz zu quälen und trotz Frau und Tochter um die Welt zu fliegen - immer auf der Jagd nach Ranglistenpunkten. Die braucht er bald dringender denn je, da sein geschütztes Ranking im April ausläuft und Haas dann jenseits der Top 100 nicht mehr automatisch für die Topturniere qualifiziert ist.

Der Silbermedaillengewinner von Sydney 2000 will dennoch weiter schuften. Zum einen, damit ihn seine Tochter Valentina einmal bewusst auf der Tour wahrnehmen kann. Zum anderen spürt Haas, dass er noch mithalten kann wie bei seiner Dreisatzniederlage gegen Rafael Nadal in der zweiten Runde der Australian Open. Vom Spanier erntete Haas Respekt für seine Leistung: „Tommy ist ein fantastischer Spieler. Es ist toll, ihn nach so vielen Verletzungen zurückzuhaben.“

Tennis ist auf einem ganz anderen Level

Als 20-Jähriger hatte Haas 1998 im Davis Cup debütiert. Der Nimmermüde hat seitdem Spieler kommen und gehen sehen und ist stolz darauf, noch immer dabei zu sein: „Ich bin froh, dass ich die Generationen Agassi, Sampras und Nadal, Federer miterleben durfte.“ Er selbst musste sich stets weiterentwickeln, um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden. „Ich bin heute sicher ein besserer Spieler als vor 13 Jahren, aber auch das Tennis ist auf einem ganz anderen Level“, sagte Haas.

Der einst so kühl, unnahbar und manchmal etwas zu „cool“ wirkende Norddeutsche hat im Laufe der Jahre auch den Kontakt zu den Fans für sich entdeckt, den er trotz seines Wohnsitzes in Bradenton/Florida pflegt. Über seine Homepage ließ der Wahl-Amerikaner über den Namen seiner Tochter und die Rückkehr in den Davis Cup abstimmen.

Neuerdings sucht Haas per Twitter sogar einen ständigen Begleiter für die ATP-Tour. Um auf der Zielgeraden seiner Laufbahn die zurückgewonnene Fitness nicht durch eine weitere Verletzung zu verlieren, hat er ein Casting für einen Physiotherapeuten veranstaltet. „Es sieht ganz gut aus. Ich muss aber noch 30 Mails lesen und ein paar Telefonate führen“, sagte Haas in Bamberg. Die aussichtsreichsten Kandidaten dürfen seine Muskeln voraussichtlich bereits gegen Argentinien kneten und so ihren Teil zum deutschen Erfolg und zu einem weiteren Kapitel in Haas“ bislang unendlicher Tennis-Geschichte beitragen. (sid)