Melbourne. . Der 33-jährige deutsche Tennisprofi verliert trotz attraktiven Spiels gegen Rafael Nadel und spürt: Das Ende der Karriere naht. „Ich flieg’ jetzt zurück“, meinte er zum Abschied aus Melbourne. „Es gibt nichts Schöneres, als zu Hause meine Tochter im Arm zu halten.“

Es sah schon relativ früh in der Zweitrunden-Partie bei den Australian Open danach aus, dass Tommy Haas nicht gewinnen würde, aber das trübte das Vergnügen nicht. Immer wieder gab es Momente, in denen man diese nach wie vor so attraktive Art des Spiels genoss. Schon der Aufschlag; den Ball viermal tippen, kurz nachfedern im Standbein, in einer großen, harmonischen Schleife ausholen und ab. Fast altmodisch, aber kraftvoll und elegant. Die Momentaufnahmen reichten nicht, um den stabil spielenden Rafael Nadal zu besiegen. Der Spanier siegte 6:4, 6:3, 6:4 und schaute hinterher ein wenig ungläubig, als Haas am Netz zu ihm sagte, gut möglich, dass er selbst gerade zum letzten Mal in der Rod Laver Arena gespielt habe, und es sei ihm eine Ehre gewesen. Nadal weiß, was sich in solchen Fällen gehört; er klatschte mit dem Publikum, als Haas den Platz verließ.

Der sagte, er habe keine Ahnung, wie weit ihn der Weg noch führen werde. Doch ungefähr drei Monate lang wird er mit einem so genannten protected ranking spielen können, das lange verletzten und in der Weltrangliste abgerutschten Spielern ohne die Mühen der Qualifikation Zugang zu den Turnieren verschafft. Was danach kommt, ist schwer einzuschätzen.

Konstanz und Ausdauer fehlen

Es gab Augenblicke im Spiel gegen Nadal, in denen der 33-Jährige dachte: Mensch, wenn ich ein bisschen konstanter wäre, dann könnte alles noch hinhauen. Im Großen und Ganzen sei ja auch alles noch da, was ihn vor zehn oder zwölf Jahren so stark gemacht hatte. Aber in anderen Augenblicken spürte er, dass ihm Konstanz und Ausdauer fehlen, und dass er keine Ahnung hat, ob er diesen Zustand noch mal erreichen kann.

Die jüngste Verletzung hat ihm zugesetzt, auch wenn es nur ein vergleichsweise harmloser, kleiner Faserriss in der Muskulatur der Wade war. Nach so vielen Rissen, Brüchen und Zwischenfällen in den mehr als 15 Jahren seiner Karriere, diversen Operationen und Quälereien in der Reha ist das erträgliche Maß überschritten. Er lag öfter in der Röhre eines Kernspin-Apparates als andere Menschen auf dem Zahnarztstuhl. Er kann diese Röhren nicht mehr sehen, er erträgt ihre Geräusche nicht mehr; es ist genug.

Hass flog zurück zu seiner Tochter

Spiele wie jenes gegen Rafael Nadal an einem sonnigen Tag auf einem der großen Tennisplätze der Welt sind Hölle und Himmel zugleich. Sie erinnern ihn daran, dass das Ende seiner Karriere naht, und sie schenken ihm noch mal das alte, unvergleichliche Gefühl. Aber er weiß ja längst, dass es viel mehr als nur eine Alternative gibt. „Ich flieg’ jetzt zurück“, meinte er zum Abschied aus Melbourne. „Es gibt nichts Schöneres, als zu Hause meine Tochter im Arm zu halten.“ Valentina wartet.