Essen. Wenn alles optimal läuft, werden sechs Essener Schwimmer für Deutschland bei den Olympischen Spielen in London auf dem Block stehen. „Wir sind als Klub die klare Nummer eins“, sagt Trainer Henning Lambertz.

Wenn sich keiner in der Bundesliga-Rückrunde verletzt, dann wird Fußball-Bundestrainer Joachim Löw wahrscheinlich mit sieben Spielern des FC Bayern München zum Saisonhöhepunkt, der Europameisterschaft, nach Polen und in die Ukraine fahren. Knapp vier Wochen nach dem EM-Finale in Kiew blickt die Sportwelt vom 27. Juli bis 12. August einige tausend Kilometer weiter westlich nach London. „Sechs für London“ könnte dann das Motto der Schwimm-Startgemeinschaft Essen heißen. Die SG Essen ist so etwas wie der FC Bayern des Schwimmens. Allerdings ohne die riesige Medienaufmerksamkeit und ohne die immensen finanziellen Mittel des Fußball-Rekordmeisters.

Wenn alles optimal läuft, werden sechs Essener Schwimmer für Deutschland bei den Olympischen Spielen in London auf dem Block stehen. Einzigartig. Es könnte im Sommer leer werden im Essener Trainingsbecken, denn mit dem Bosnier Envar Hajder sowie den Zwillingen Iris und Jasmin Rosenberger, die für das Heimatland ihrer türkischen Mutter starten dürfen, erhöht sich die Zahl der Essener Olympiaschwimmer möglicherweise auf neun.

Double in Darmstadt möglich

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„Wir haben nicht die besten Schwimmer Deutschlands, das sind Doppel-Olympiasiegerin Britta Steffen und Weltrekordler Paul Biedermann“, sagt der Essener Trainer Henning Lambertz, „aber wir sind als Klub die klare Nummer eins.“ Was sich auch schwarz auf weiß in den aktuellen Ergebnislisten ablesen lässt. Nachdem die SG Essen schon im Vorjahr bei den Deutschen Mannschafts-Meisterschaften sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern den Titel gewonnen hatte, hängte sie auch am vergangenen Wochenende im Vorkampf die Konkurrenz ab und steht am Samstag und Sonntag im Finale in Darmstadt vor dem erneuten Double.

„Für unsere Sponsoren sind diese Titel wichtig, obwohl es in einem Olympiajahr wichtigere Termine gibt“, sagt Bernhard Gemlau. Der SG-Vorsitzende kümmert sich um die Finanzen. Das ist nicht immer einfach, das heißt Klinkenputzen, um den Jahresetat von 200 000 Euro, der in etwa einem Wochengehalt von Bastian Schweinsteiger entspricht, abzusichern.

Wer in die Schwimm-Weltspitze will, der muss sich schinden. Morgens um sieben steht die erste Trainingseinheit auf dem Programm, nachmittags die zweite. Tag für Tag. Zu verdienen gibt es nichts. Schwimmer sind Amateure. Im wahrsten Sinn des Wortes. Für den großen olympischen Traum quälen sie sich und stellen Beruf und Studium hintenan. Staffel-Europameisterin Lisa Vitting hat versucht, wenigstens die wichtigsten Veranstaltungen zu besuchen, um in der kommenden Woche ihre Prüfungen im Wirtschaftspsychologie-Studium zu bestehen. „Ich habe zwei Urlaubssemester eingelegt. Anders ist die zeitliche Belastung nicht zu schultern“, sagt Vize-Weltmeister Hendrik Feldwehr, der Wirtschaftswissenschaften studiert, „Olympia gibt es nur alle vier Jahre.“

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Nach den Olympischen Spielen wird dann auch wieder an der Uni Gas gegeben.

Ideale Bedingungen bei der SG Essen

Denn zum Essener Erfolgsmodell gehört auch eine intensive Unterstützung der Ausbildung. „Mittlerweile kommen Talente aus ganz Deutschland zu uns, weil es bei uns ideale Bedingungen gibt, um Schule und Sport zu vereinbaren“, sagt Lambertz, der durch seine Erfolge als Bundestrainer-Kandidat für die Zeit nach den Olympischen Spielen gehandelt wird. Das Rüttenscheider Schwimmzentrum, das Helmholtzgymnasium und das Internat liegen unmittelbar nebeneinander, so dass die Sportler schnell vom Training zur Schule kommen und sich zwischendurch in ihren Apartments erholen können.

So ist die Startgemeinschaft Essen auch für die Zeit nach London 2012 gewappnet. Längst hat sich die nächste Schwimmer-Generation aus der Revierstadt bei Jugend-Europameisterschaften für höhere Aufgaben erfüllt. 2016 finden die Olympischen Spiele in Brasilien statt. Vielleicht heißt es dann: Acht für Rio.