Essen. Der neue Bundestrainer Martin Heuberger versucht ab Sonntag bei der EM in Serbien, den Abwärtstrend der deutschen Handball-Nationalmannschaft zu stoppen. Sein Personal hat sich im Vergleich zur vergangenen WM kaum verändert. Bitter und Kraus sind nicht dabei.

Fünf Jahre ist es jetzt her: Da hüpften und tanzten die deutschen Handball-Nationalspieler, alle mit einem buschigen Heiner-Brand-Schnurrbart unter der Nase, über das Parkett der Kölner Sportarena. Weltmeister! Ein Team auf dem Gipfel. Doch seit damals ging’s nur noch bergab. Schritt für Schritt. Und immer weiter: Vierter bei der EM 2008, Fünfter bei der WM 2009, Zehnter bei der EM 2010, Elfter bei der WM 2011. Am Sonntag startet die Mannschaft bei der EM in Serbien (bis 29. Januar) den Versuch, den Trend umzukehren und endlich wieder ein Stückchen nach oben zu klettern.

Michael Kraus nicht rechtzeitig in Form

Heiner Brands Dienstzeit als Bundestrainer, ursprünglich bis nach den olympischen Spielen in London geplant, überstand den langen Weg ins graue Mittelmaß bekanntlich nicht. Nach der völlig verkorksten WM vor einem Jahr brachte er die Nationalmannschaft noch durch die EM-Qualifikation und zog sich dann auf das Amt des Sportdirektors im Deutschen Handball-Bund (DHB) zurück. Serbien wird für seinen Nachfolger Martin Heuberger damit zur Premiere als Coach der DHB-Auswahl.

Neuer Bundestrainer, alte Probleme: Das spielende Personal in Serbien wird sich kaum von dem unterscheiden, das zuletzt bei der WM so gründlich scheiterte. Lediglich Christoph Theuerkauf (TBV Lemgo) und Patrick Wiencek (VfL Gummersbach), die beiden Kreisläufer, sind neu. Wechsel gab es außerdem im Tor, wo Carsten Lichtlein (TBV Lemgo) den auf eigenen Wunsch pausierenden Johannes Bitter (HSV Hamburg) ersetzt, und in der Rückraum-Mitte. Dort spielt anstelle des nach langer Verletzungspause nicht rechtzeitig in Form gekommenen Michael Kraus (HSV Hamburg) Martin Strobel (TBV Lemgo).

Die dicksten Brocken

„Wir sprechen nicht von irgendwelchen Titeln oder vom Halbfinale“, hat Heuberger das Ziel gar nicht erst in gewagten Höhen angesiedelt. Nach wie vor aber gilt der Anspruch, den Heiner Brand einst formulierte, der in der Spätphase seiner Zeit als Bundestrainer aber unerfüllt blieb: „Als größte Handballnation der Welt muss Deutschland bei allen großen Turnieren in der Lage sein, in der Spitzengruppe mitzuspielen.“ Zur Zeit sieht es aber ganz anders aus: Von einem Spitzenplatz spricht vor dieser EM niemand, und in London droht ein Olympia-Turnier ohne deutsche Beteiligung. „Da wollen wir hin“, sagen Martin Heuberger und die Spieler – auch wenn der Weg bis zur Qualifikation durch die zurückliegenden Pleiten ausgesprochen weit geworden ist .

Mit den Gruppengegnern Schweden, Tschechien und Mazedonien sowie Polen, Dänemark, Serbien und der Slowakei als weitere Kandidaten für die Hauptrunde geht das deutsche Team den dicksten Brocken vorerst aus dem Weg. Denn Frankreich, Spanien und Kroatien spielen auf der anderen Seite des Tableaus.

Start gegen Tschechien

Doch gleich am Sonntag gegen Tschechien (17.20 Uhr/ZDF) steht nach Ansicht der meisten Beobachter die Schlüsselpartie für das ganze Turnier auf dem Programm. Eine Niederlage, so die verbreitete Einschätzung, könne das ohnehin verunsicherte Team kaum wegstecken.

Überragender Mann der Tschechen ist Rückraum-Schütze Filip Jicha vom THW Kiel, 2010 zum Welthandballer des Jahres gewählt. Allerdings steht Jicha in seiner Mannschaft ziemlich allein auf weiter Flur. Von daher herrscht im deutschen Lager vorsichtiger Optimismus. Heuberger: „Einen Spieler wie Jicha oder den Franzosen Nikola Karabatic haben wir nicht. Unsere Stärke ist die Geschlossenheit. Wenn sich jeder für jeden zerreißt, werden wir unsere Ziele erreichen.“

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