Gelsenkirchen.. Vor einem Jahr schoss Raúl Schalke mit drei Toren im Alleingang zum Sieg gegen Köln. Jetzt wird Raúls Rolle immer öfter hinterfragt. Es ist sogar die Rede davon, ob die Liebe des Spaniers zu Schalke wohlmöglich abgekühlt ist. Raúl schweigt dazu.

Jorge Valdano, der in den 1990-er Jahren Trainer von Real Madrid war, erzählt die Geschichte gern. Die Geschichte vom ersten Einsatz des jungen Raúl in der Primera Division am 29. Oktober 1994. Man sei unterwegs gewesen im Mannschaftsbus zum Spiel gegen Real Saragossa, sagt Valdano, und er habe sich vorgestellt, wie aufgeregt dieser damals 17-jährige Raúl jetzt doch eigentlich sein müsste. Also ging Valdano zum Platz des Debütanten und stellte fest: „Er hat geschlafen wie ein Hund.“

Raúl Gonzales Blanco, wie der Senor mit vollem Namen heißt, ist kein aufgeregter Mensch. Er ist eher die Ruhe selbst. Nach außen ist er freundlich, aber auch sein Lächeln wirkt immer ein wenig schüchtern, ja fast verlegen. Andere halten ihn für verschlossen. Und das trifft es wohl am besten. Raúl ist kein Mensch, der sich leicht öffnet. Auch jetzt nicht, da er vieles erklären könnte, worüber Schalke in diesen Tagen rätselt. Nämlich über die Frage, ob die Liebe des spanischen Weltstars zum Revierklub nun abgekühlt ist oder nicht.

Die Antwort ist derzeit: Man weiß es nicht.

In den vergangenen Wochen haben sich Dinge ereignet, die für sich genommen alle erklärbar sind. In der Summe ergeben sie jedoch ein Bild, das nicht vollständig ist. Nehmen wir als Beispiel einen Besuch von Raúl im Trainingslager des FC Malaga. Der spanische Klub bereitete sich unlängst in Holland auf die neue Saison vor, und Raúl nutzte die Gelegenheit, um in der Nähe bei alten Freunden vorbeizuschauen. Er soll sogar, wie ungeheuerlich, im Hotel des FC Malaga übernachtet haben. Beunruhigend muss das nicht sein, und trotzdem kann auch Schalke diesen Besuch nicht abschließend einordnen. Man wisse nicht, was Raúl dort mit seinem alten Kumpel Fernando Hierro, der nun Sportdirektor des FC Malaga ist, besprochen habe. Niemand glaubt, dass Raúl nach Malaga wechseln möchte. Das Problem ist: Es kann aber auch niemand ausschließen.

Denn vertrauensvolle, in die Tiefe gehende Gespräche sind nur mit einem Dolmetscher möglich. Raúl spricht kein Deutsch, und es ist naheliegend, dass diese Sprachbarriere auch der Grund war, warum der 34-Jährige die Wahl seiner Mitspieler in den Mannschaftsrat abgelehnt hat. Andere Beobachter hingegen vermuten: Raúl hat keine Lust auf ein Führungsamt, weil er schmollt.

Raúls veränderte Rolle im Mannschaftverbund

Die Meinungen gehen auseinander, ob es dafür einen Grund gibt. Als Beleg wird herangezogen, dass der Stürmer nun angeblich im Mittelfeld spielen muss – eine Behauptung, die Trainer Ralf Rangnick weit von sich weist: „Raúl spielt immer noch auf der gleichen Position wie im Vorjahr, nämlich als eine von zwei Spitzen.“ Und niemand, der damals das Spiel des Spaniers, der sich oft aus der Tiefe nach vorne schleicht, beobachtet hat, kann ernsthaft daran zweifeln.

Was sich für Raúl sehr wohl verändert hat, ist seine Rolle im Mannschaftsverbund. Er ist eingebunden in den Plan des Teams, wie man dem Gegner den Ball abjagt. Dies kommt zwar eigentlich dem Spiel von Raúl entgegen, der gerne früh attackiert. Aber dieses Angreifen und Pressen soll nun in einem höheren Tempo erfolgen, als es der 34-Jährige bisher gewöhnt war. Rangnick will die Leistung über das Team verbessern, und nicht über die Stärke des Einzelnen. Gut vorstellbar, dass es der Trainer auch deswegen unterlässt, Raúls individuelle Klasse extra zu betonen und seinen Stellenwert für die Mannschaft so hervorzuheben, wie dies Felix Magath getan hat. „Es spielen elf Mann“, sagt Rangnick stattdessen, „und selbst wenn einer besonders wichtig ist, kann er allein kein Spiel entscheiden.“ Dass dies im Vorjahr anders gewesen sei, sei ein Grund dafür, dass Schalke da nicht so erfolgreich war.

Raúl sei "sehr medienscheu"

Ob nun all dies dazu geführt hat, dass Raúls Liebe zu Schalke wirklich abgekühlt ist, ist aber schwer zu sagen. Über seine sportliche Rolle hat er mit dem Trainer gesprochen, aber ansonsten schweigt der Senor in dieser Saison bisher. Interviews möchte er derzeit nicht geben, was aber nicht ungewöhnlich ist. Raúl sei generell „sehr medienscheu“, hat Miguel Senovilla von der spanischen Zeitung Marca dem Magazin 11Freunde verraten.

Manche in Schalke würden sich dagegen wünschen, dass Raúl sich wenigstens jetzt einmal öffnet, um die Dinge aufzuklären. Denn die Diskussion ist in vollem Gange und dreht sich nicht mehr nur darum, ob Raúls Vertrag in Schalke nun verlängert wird. Derzeit ist keine Rede davon, und es spielt beinahe keine Rolle, auf wessen Initiative die Gespräche gestoppt wurden. „Es war Raúl, der klar gesagt hat, dass man mit der Verlängerung warten sollte“, behauptet sein Berater Gines Carvajal. Aber auch von Schalker Seite wird aktuell nichts forciert. Sei es, um die sportliche und finanzielle Entwicklung des Vereins abzuwarten. Oder sei es, weil der 34-Jährige nicht mehr ins Konzept der Zukunft passt.

Superstar Raúl

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Der spanische Stürmerstar Raúl hat seinen Abschied von Real Madrid im Sommer 2010 bekannt gegeben.
Der spanische Stürmerstar Raúl hat seinen Abschied von Real Madrid im Sommer 2010 bekannt gegeben. © AFP | AFP
Achtzehn Jahre schlug das Herz für den spanischen Traditionsclub.
Achtzehn Jahre schlug das Herz für den spanischen Traditionsclub. © imago sportfotodienst | imago sportfotodienst
Jetzt startet Raúl mit Schalke durch.
Jetzt startet Raúl mit Schalke durch. © AFP | AFP
Wer steckt hinter dem Star Raúl González Blanco und wie hat seine Karriere begonnen?
Wer steckt hinter dem Star Raúl González Blanco und wie hat seine Karriere begonnen? © Unbekannt | Unbekannt
Eins ist klar: Mit dem Sänger Roberto Blanco ist er schonmal nicht verwandt - auch wenn er den selben Nachnamen trägt.
Eins ist klar: Mit dem Sänger Roberto Blanco ist er schonmal nicht verwandt - auch wenn er den selben Nachnamen trägt. © REUTERS | REUTERS
Angefangen hat alles bei San Cristóbal de Los Angeles.
Angefangen hat alles bei San Cristóbal de Los Angeles. © imago sportfotodienst | imago sportfotodienst
Mit 13 Jahren spielte er für Atlético Madrid und wechselte dann 1992 zum Lokalrivalen Real Madrid.
Mit 13 Jahren spielte er für Atlético Madrid und wechselte dann 1992 zum Lokalrivalen Real Madrid. © Unbekannt | Unbekannt
Mit gerade mal 17 Jahren war er damals der jüngste Spieler der Vereinsgeschichte.
Mit gerade mal 17 Jahren war er damals der jüngste Spieler der Vereinsgeschichte. © Unbekannt | Unbekannt
Mit dem Rekordteam feierte er insgesamt 16 Titel...
Mit dem Rekordteam feierte er insgesamt 16 Titel... © Unbekannt | Unbekannt
...und konnte über 228 Tore in 550 Spielen jubeln.
...und konnte über 228 Tore in 550 Spielen jubeln. © Unbekannt | Unbekannt
Trotz der großen Erfolge gilt der Spanier als bodenständig, hat eine Familie mit fünf Kindern.
Trotz der großen Erfolge gilt der Spanier als bodenständig, hat eine Familie mit fünf Kindern. © Unbekannt | Unbekannt
"El Siete", wie er wegen seiner Rückennummer genannt wird, wird von seinen Mitspielern umjubelt. © Unbekannt | Unbekannt
Zweimal wurde er Torschützenkönig in der Primera División...
Zweimal wurde er Torschützenkönig in der Primera División... © Unbekannt | Unbekannt
...ebenso in der Champions League.
...ebenso in der Champions League. © Unbekannt | Unbekannt
Ganze sechs Mal wurde Raúl mit Real Madrid Meister. Ob er in der nächsten Saison mit Schalke auf Titeljagd geht?
Ganze sechs Mal wurde Raúl mit Real Madrid Meister. Ob er in der nächsten Saison mit Schalke auf Titeljagd geht? © imago sportfotodienst | imago sportfotodienst
Raúl bei der Meisterfeier auf dem Balkon des Madrider Rathauses.
Raúl bei der Meisterfeier auf dem Balkon des Madrider Rathauses. © Unbekannt | Unbekannt
Der Meistertitel wird gefeiert.
Der Meistertitel wird gefeiert. © imago sportfotodienst | imago sportfotodienst
So feierte er am Plaza de Cibeles in Madrid.
So feierte er am Plaza de Cibeles in Madrid. © imago sportfotodienst | imago sportfotodienst
Feiern mit der Nationalflagge.
Feiern mit der Nationalflagge. © Unbekannt | Unbekannt
Der Topstürmer in Aktion: Im Laufduell...
Der Topstürmer in Aktion: Im Laufduell... © Unbekannt | Unbekannt
...und im Zweikampf.
...und im Zweikampf. © Unbekannt | Unbekannt
Raúl feierte hier den ersten internationalen Titel. Mit Real Madrid gewann er 1998 die Chamions League...
Raúl feierte hier den ersten internationalen Titel. Mit Real Madrid gewann er 1998 die Chamions League... © imago sportfotodienst | imago sportfotodienst
...zwei weitere Titel folgten in der Königsklasse, in den Jahren 2000 und 2002.
...zwei weitere Titel folgten in der Königsklasse, in den Jahren 2000 und 2002. © Unbekannt | Unbekannt
Für die Nummer sieben ist Raúl berühmt - sie ist und bleibt seine Rückennummer bei Real Madrid. Zu den Ehren des Rekordspielers wird sie bei Real nicht mehr vergeben.
Für die Nummer sieben ist Raúl berühmt - sie ist und bleibt seine Rückennummer bei Real Madrid. Zu den Ehren des Rekordspielers wird sie bei Real nicht mehr vergeben. © imago sportfotodienst | imago sportfotodienst
Sein Trikot wird im Museum von Madrid ausgestellt.
Sein Trikot wird im Museum von Madrid ausgestellt. © imago sportfotodienst | imago sportfotodienst
1996 spielte er erstmals für die spanische Nationalmannschaft, 2002 wurde er Kapitän - mit 44 Toren ist er der beste Totschütze Spaniens.
1996 spielte er erstmals für die spanische Nationalmannschaft, 2002 wurde er Kapitän - mit 44 Toren ist er der beste Totschütze Spaniens. © AP | AP
Luis Aragonés berücksichtigte Raúl bei der EM vor 2 Jahren nicht. Auch für Vincente del Bosque spielte er keine Rolle und so fehlte Raúl beim WM-Titelgewinn in diesem Jahr.
Luis Aragonés berücksichtigte Raúl bei der EM vor 2 Jahren nicht. Auch für Vincente del Bosque spielte er keine Rolle und so fehlte Raúl beim WM-Titelgewinn in diesem Jahr. © AP | AP
Im Kreise der Familie: Raúl mit Ehefrau Mamen Sanz und zwei seiner fünf Kinder.
Im Kreise der Familie: Raúl mit Ehefrau Mamen Sanz und zwei seiner fünf Kinder. © imago sportfotodienst | imago sportfotodienst
Fernando Morientes und Raúl sind gute Freunde. Hier feieren sie noch gemeinsam bei Real Madrid.
Fernando Morientes und Raúl sind gute Freunde. Hier feieren sie noch gemeinsam bei Real Madrid. © Unbekannt | Unbekannt
Raúl und Fernando Morientes.
Raúl und Fernando Morientes. © Unbekannt | Unbekannt
Sein Vater war Atlético-Fan, aber Raúls Herz schlägt für den Lokalrivalen.
Sein Vater war Atlético-Fan, aber Raúls Herz schlägt für den Lokalrivalen. © imago sportfotodienst | imago sportfotodienst
Mit Kaka und Christiano Ronaldo schoss er letzte Saison noch gemeinsam Tore: Die Verpflichtung der beiden Topstars sorgte allerdings dafür, dass er nicht mehr die Nummer Eins im Sturm von Madrid war.
Mit Kaka und Christiano Ronaldo schoss er letzte Saison noch gemeinsam Tore: Die Verpflichtung der beiden Topstars sorgte allerdings dafür, dass er nicht mehr die Nummer Eins im Sturm von Madrid war. © AFP | AFP
So muss er sich im letzten Jahr gefühlt haben: Raúl ist nach Reals Topverpflichtungen nicht mehr Stammspieler.
So muss er sich im letzten Jahr gefühlt haben: Raúl ist nach Reals Topverpflichtungen nicht mehr Stammspieler. © Unbekannt | Unbekannt
In seiner letzten Saison lief es nicht mehr ganz so erfolgreich: Nur Zweiter hinter dem Rivalen FC Barcelona und das frühe Aus im Champions League Achtelfinale.
In seiner letzten Saison lief es nicht mehr ganz so erfolgreich: Nur Zweiter hinter dem Rivalen FC Barcelona und das frühe Aus im Champions League Achtelfinale. © AFP | AFP
Auch vom Verletzungspech war er geplagt.
Auch vom Verletzungspech war er geplagt. © imago sportfotodienst | imago sportfotodienst
Sie kennen sich aus der Champions League. Am 15. Spieltag traf Raúl auf Kahns ehemalige Bayernkollegen - beim Topspiel Schalke gegen Bayern.
Sie kennen sich aus der Champions League. Am 15. Spieltag traf Raúl auf Kahns ehemalige Bayernkollegen - beim Topspiel Schalke gegen Bayern. © AFP | AFP
Im Hintergrund waren die Pokale aufgestellt, als er seinen Abschied bekannt gab.
„Ich danke für alles, für eine wundervolle Zeit, für fantastische Jahre.“
Im Hintergrund waren die Pokale aufgestellt, als er seinen Abschied bekannt gab. „Ich danke für alles, für eine wundervolle Zeit, für fantastische Jahre.“ © REUTERS | REUTERS
Dabei flossen auch Tränen.
Dabei flossen auch Tränen. © REUTERS | REUTERS
Er gab seine letzten Autogramme in Spanien...
Er gab seine letzten Autogramme in Spanien... © REUTERS | REUTERS
...und sagte dann
...und sagte dann "Adiós!" © REUTERS | REUTERS
Nach kurzer Überlegung entschied sich Raul für Schalke 04.
Nach kurzer Überlegung entschied sich Raul für Schalke 04. © ddp | ddp
Das Estadio Santiago Bernabéu in Madrid war 18 Jahre Raúls Heimat.
Das Estadio Santiago Bernabéu in Madrid war 18 Jahre Raúls Heimat. © Privat | Privat
Raúls neuer Arbeitsplatz: Die Arena Auf Schalke.
Raúls neuer Arbeitsplatz: Die Arena Auf Schalke. © Hans Blossey | Hans Blossey
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Vielleicht gibt der schweigsame Raúl aber ganz einfach auch nur die Antwort auf dem Platz, zum Beispiel an diesem Samstag im Heimspiel gegen Köln. Im Vorjahr schoss er alle drei Tore zum 3:0-Sieg gegen die Kölner. Ein, salopp gesagt, ausgeschlafener Hund ist er ja.