Paris. Mit der letzten Etappe nach Paris geht die Tour de France 2011 zu Ende. In Erinnerung bleiben deutsche Achtungserfolge, ein historischer Gesamtsieger, ein abgestürzter Titelverteidiger und wiederum ein Dopingfall.

Ein historischer Gesamtsieger, ein entzauberter Titelverteidiger und deutsche Achtungserfolge: Die Tour de France machte ihrem Ruf als bedeutendstes Radrennen der Welt in diesem Jahr alle Ehre und blieb bis zum Schluss hochspannend. Während die deutschen Radprofis in den vergangen drei Wochen mit zwei Etappensiegen und wertvollen Helferdiensten von sich reden machten, wurde das Rennen für den enthronten Champion Alberto Contador zu einem Desaster. In Cadel Evans folgt dem Spanier erstmals in der Tour-Geschichte ein Australier.

Evans zeigte die konstanteste Leistung, ließ sich nicht von technischen Pannen zurückwerfen und übernahm, als es darauf ankam, die Verantwortung. Dass Andy Schleck (Leopard Trek) auf der 18. Etappe auf dem Weg zum Col du Galibier nicht noch mehr Zeit gewann, war vor allem Evans" Initiative und Einsatz zu verdanken. "Ich kann es kaum glauben", sagte Evans, nachdem er Einzelzeitfahren auf der 20. Etappe das Gelbe Trikot übernommen hatte.

Zu den Geschlagenen zählen in diesem Jahr die Brüder Frank und Andy Schleck (Luxemburg/Leopard Trek), die sich auf den Plätzen zwei und drei dennoch nicht als Verlierer sehen. "Es waren drei superschöne Wochen voller Emotionen. Ich bin sehr stolz, dass zwei Brüder in Paris auf dem Podium stehen", sagte Frank Schleck. Auch bei Andy Schleck, der zum dritten Mal in Folge Zweiter wurde, überwog trotz des verpassten Sieges die Zufriedenheit. "Wenn man sich die Bedeutung der Tour anschaut, ist es eine große Ehre, Zweiter zu sein", sagte der 26-Jährige, der im kommenden Jahr erneut versuchen will, ganz oben auf dem Podium zu stehen.

Contador vor unruhigen Zeiten

Möglich, dass der Kapitän vom Team Leopard Trek bereits deutlich früher einen Tour-Sieg feiern kann. Wird Alberto Contador Anfang August wegen seines positiven Dopingbefundes (Clenbuterol) vom internationalen Sport-Gerichtshof CAS für schuldig befunden, bekäme Schleck den Tour-Titel 2010 am Grünen Tisch zugesprochen.

Für Contador wäre es der bittere Höhepunkt einer enttäuschenden Zeit, die der als Titelverteidiger ins Rennen gestartete Spanier in den vergangenen vier Wochen in Frankreich erlebte. Ausgebuht vom Publikum, mehrfach gestürzt und in den Bergen abgehängt - Contador fuhr mit Ausnahme der Etappe nach Alpe d"Huez längst nicht so dominant wie erwartet. Der 28-Jährige sieht unruhigen Zeiten entgegen.

Andre Greipel überquerte auf der zehnten Etappe als Erster die Ziellinie. Foto: dapd.
Andre Greipel überquerte auf der zehnten Etappe als Erster die Ziellinie. Foto: dapd.

Ruhig war es dagegen nach der zweiten Woche um Tony Martin geworden. Für den gebürtigen Cottbuser schien die Tour zu einer großen Enttäuschung zu werden, sein Ziel Top-Ten-Platzierung war längst außer Reichweite. Mit dem Sieg im Einzelzeitfahren am Samstag fand die Tour aber doch noch ein versöhnliches Ende. Martin wird sich nun entscheiden müssen, ob er in Zukunft Klassementfahrer oder Edelhelfer mit Zeitfahrqualitäten sein will.

Greipel erfüllt Kindheitstraum

Auch Andre Greipel (Rostock/Omega Pharma-Lotto) erfüllte sich mit seinem Etappensieg in Carmaux einen Kindheitstraum. Ansonsten machte die deutschen Radprofis vor allem als wertvolle Helfer auf sich aufmerksam. Ob Linus Gerdemann (Münster), Altmeister Jens Voigt (Grevesmühlen/beide Leopard Trek) oder Marcus Burghardt (BMC Racing) - sie alle hatten großen Anteil am Erfolg ihrer Kapitäne. Für Andreas Klöden (Mittweida) wurde die Tour dagegen zu einem Albtraum. Der Kapitän vom Team RadioShack fühlte sich in der Form seines Lebens und wollte aufs Podium, musste aber von diversen Stürzen schwer gezeichnet auf der 13. Etappe aussteigen.

Aufgegangen ist der Stern von Thomas Voeckler. Der Franzose bescherte seinen Landsleuten zehn Tage in Gelb und machte der Grande Nation berechtigte Hoffnungen auf den ersten Tour-Sieg eines Franzosen seit Bernard Hinault 1985. Die bärenstarken Auftritte des 32-Jährigen im Hochgebirge, die das landesweite Voeckler-Fieber ausgelöst hatten, kamen jedoch äußerst überraschend.

Ohne Dopingfall ging allerdings auch diese Tour nicht über die Ziellinie. Der Russe Alexander Kolobnew vom Team Katjuscha schloss sich selbst von der Rundfahrt aus, nachdem bei ihm am 6. Juli das harntreibende Mittel HCT nachgewiesen worden war, das auf der Verbotsliste des Weltverbandes UCI steht. Auch die B-Probe erbrachte ein positives Ergebnis. (sid)