Essen. Die Vorbehalte einiger Fan-Gruppen des FC Bayern gegen Manuel Neuer sind nicht ausgeräumt. Für die Bosse ein Ärgernis. Wohl deshalb, weil sie sich bisher nicht vorstellen konnten, dass sie auch Anhänger haben, denen der Erfolg nicht über alles geht.
Donnerwetter. Was eine doch angeblich nur verschwindend kleine Minderheit alles erreichen kann. Ein einziges Plakat mit einer eher harmlosen Botschaft an Manuel Neuer reichte, um die Bayern-Bosse in Wallung zu bringen. Karl-Heinz Rummenigge jedenfalls stand nach eigenen Worten „kurz vor einem Tobsuchtsanfall“ und veranlasste wenig später, dass die dafür verantwortliche Fan-Gruppierung kurzerhand ganz offiziell als „persona non grata“ abgestempelt wurde, was auch immer dies für Konsequenzen haben könnte.
Da hatten die Münchener Verantwortlichen geglaubt, mit einer Gesprächsrunde jene Anhänger wieder auf Kurs gebracht zu haben, die der Verpflichtung des Nationaltorwarts aus Schalke von Anfang an skeptisch bis ablehnend gegenüber standen. Und dann dieser Rückfall!
Ist ja auch kaum zu glauben, dass der Rekordmeister – wider alle Erwartungen – offenbar tatsächlich über Fans (wie wenige auch immer) verfügt, denen der Erfolg nicht über alles geht. Und die verstehen, warum ihre Kollegen aus Schalke sich von Manuel Neuer so extrem enttäuscht, um nicht zu sagen: „verraten“ fühlen.
Letztlich spricht aus dem Verhalten beider Fan-Lager die romantische Sehnsucht nach einem Fußball, in dem auch Profis bei aller Unterwerfung unter die Gesetze des Marktes noch Herz zeigen. So unumstritten der Fußballer Neuer als deutsche Nummer 1 ist – als Mensch hat er, wie nur wenige vor ihm, mit seinem Wechsel sowohl Fans seines alten wie seines neuen Klubs gegen sich aufgebracht.
Sich nicht von heute auf morgen mit Spielern identifizieren zu wollen, die gestern noch das Emblem ihres bisherigen Vereins küssten, ist zunächst einmal ein Charakterzug, der Respekt verdient. Und der den FC Bayern zum Nachdenken anregen sollte statt reflexartig Drohungen auszustoßen. Die Gelassenheit, die Rummenigge seinem neuen Torhüter in dieser Angelegenheit bescheinigte, wäre auch dem Bayern-Vorstandschef zu wünschen gewesen.