Köln. Nur mit Mühe und einem knappen Punktsieg konnte sich Profibox-Weltmeister Felix Sturm gegen den irischen Herausforderer Matthew Macklin durchsetzen. Das Urteil der Kampfrichter sorgte für Unverständnis bei Experten, der Betroffene reagierte gelassen.
Majestätisch schritt Box-Weltmeister Felix Sturm die Stufen vom Podium zum Ring hinab. Im Hintergrund ein riesiges Porträt, darauf der WBA-Champion als Herrscher auf dem Box-Thron. Feuerwerkskörper krachten, die Menge tobte. Ein wahrhaft königlicher Einzug in die Kölnarena, wo 18.500 "Untertanen" schon auf ihn warteten. Doch mit Sturms Herrlichkeit war es schnell vorbei, beinahe auch mit seiner Regentschaft. Denn einmal im Ring angekommen, fegte Herausforderer Matthew Macklin, der "Tipperary Tornado", unerbittlich über Sturm hinweg.
Wieder und wieder attackierte die irische Kampfmaschine in einem hochklassigen Schlagabtausch den viel zu passiven Weltmeister. Am Ende bluteten beide aus Lippe (Sturm) und Augenlid (Macklin), und der Deutsche behielt seinen WBA-Gürtel im Mittelgewicht. Am Ring aber machten Ausdrücke wie "Beschiss" die Runde. "Deutschland ist für viele Dinge berühmt. Leider auch für schlechte Entscheidungen", sagte Macklins Manager Brian Peters nach dem umstrittenen 2: 1-Urteil (113:115, 116:112 und 116:112).
"Eine der schlechtesten Entscheidungen"
Sturm, der selbst 2004 seinen WBO-Titel in Las Vegas nach einem skandalösen Punkt-Urteil an Oscar de la Hoya verloren hatte, konnte dieses Mal allerdings "keine falsche Entscheidung" erkennen. "Es war eine enge Kiste", sagte der Champion, der sich nach dem Fight noch im Ring mit seinen prominenten Fußballer-Freunden Lukas Podolski und Edin Dzeko ablichten ließ: "Meine Leistung war nicht überragend, aber okay. Ich hatte klarere Treffer, Matt war aktiver. Aus meiner Sicht ist das Urteil absolut okay."
Diese Sichtweise dürfte der seit 2006 ungeschlagene Leverkusener ziemlich exklusiv haben. Sturm boxte zu statisch, verlegte sich lange nur auf die Defensive und schaltete erst in den beiden Schlussrunden zwei Gänge hoch. Macklin hingegen war in mindestens neun der zwölf Runden deutlich aktiver, wütete unermüdlich, konnte allerdings nur selten klare Treffer landen.
Ex-Profi Axel Schulz, als TV-Experte am Ring, sah Macklin als Sieger, für Lennox Lewis war die Entscheidung schlicht "Straßenräuberei", wie der frühere Schwergewichts-Weltmeister twitterte: "Das ist eine der schlechtesten Entscheidungen, die ich je gesehen habe. Macklin hat den Kampf zweifellos gewonnen."
"Nur ein bisschen verärgert"
Der Geschlagene selbst reagierte überraschend gefasst auf das durchaus diskussionswürdige Urteil. Macklin bedankte sich zunächst höflich bei Sturm und dessen Team für die "erstklassige" Gastfreundschaft. Einen möglichen Rückkampf im Hinterkopf, wollte "Mack the Knife" das Tischtuch wohl nicht zerschneiden. Er sei nur "ein bisschen verärgert", sagte Macklin mit ruhiger Stimme: "Ich sollte Champion sein. Ich glaube, ich war heute der Bessere. Aber es ist nicht die Schuld von Felix, er ist kein Punktrichter."
Noch im Ring hatte der 29-Jahre alte Herausforderer um einen Rückkampf gebeten, und Sturm sagte zu. "Wir machen auf jeden Fall einen zweiten Kampf", versprach er unmittelbar im Anschluss an seine zehnte Titelverteidigung: "Das haben wir gerade vereinbart." Unterschreiben wollte der Weltmeister das später auf der Pressekonferenz allerdings nicht - auch wenn Macklins Trainer Joe Gallagher Sturm demonstrativ einen Zettel hinhielt mit der Aufforderung: "Sign that!" ("Unterschreib das!").
Revanche nicht ausgeschlossen
Ob es wirklich zu einem Rückkampf kommt, bleibt daher abzuwarten. Sturm und sein TV-Partner SAT.1 dürften wohl auf einen Kampf in Deutschland bestehen. Trotz der scharfen Kritik seines Managers ist auch Macklin anscheinend bereit, einen zweiten Anlauf auf die WM-Krone in Deutschland zu nehmen: "Wir würden zurückkommen, kein Problem."
Sollte es tatsächlich zu einer Revanche kommen, dürfte Sturm bei einer ähnlich schwachen Leistung wie am Samstag allerdings auch der Heimvorteil nicht retten. 2004 nach dem Skandal gegen De la Hoya bekam Sturm übrigens vom Gegner nicht die Gelegenheit zur Revanche. Der Deutsche sollte nun nicht den gleichen Fehler begehen, sondern erneut gegen Macklin kämpfen. Verdient hat es der "Tipperary Tornado" nach seiner furiosen Vorstellung am Samstag allemal. (sid)