Rheinberg. Isabell Werth hat sich gegen ihre Suspendierung seitens des Weltverbandes FEI zur Wehr gesetzt. Zudem bemängelte sie die undurchsichtige Abgrenzung zwischen Doping und Medikation.
Die fünfmalige Dressur-Olympiasiegerin Isabell Werth (Rheinberg) geht nach dem Doping-Fall bei ihrem Pferd Whisper mit Kritik an der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) in die Offensive. Nachdem ihr Nachwuchspferd positiv auf das Psychopharmakon Fluphenazin getestet und sie vom Weltverband FEI suspendiert wurde, fühlt sich Werth in eine Ecke gestellt, in die sie nicht gehöre. "Ich bin keine Kriminelle", so Werth im Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin Spiegel.
Offenbar hat Werth die mangelnde Rückendeckung von offizieller Seite überrascht: "Es wäre schön zu wissen, dass der Verband auch in schlechten Zeiten zu einem hält. Das Gefühl habe ich im Moment nicht."
FN-Generalsekretär weist Kritik zurück
FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach reagierte mit Unverständnis: "Was erwartet Sie denn von uns? Wir müssen eine neutrale Position einhalten, sonst denkt doch jeder, wir wollen etwas vertuschen", sagte Lauterbach. Auch die Kritik der Reiterin an der Unklarheit der Regeln wies Lauterbach zurück: "Dieser Fall ist überhaupt nicht unklar. Das ist ein ganz klarer Doping-Fall. Davon darf man jetzt nicht ablenken, indem man dem Verband die Schuld zuweist."
Werth hatte erklärt, dass das undurchsichtige Reglement des Verbandes bei der Abgrenzung zwischen Medikation und Doping seit Jahren diskussionswürdig sei: "Da kann keiner sagen, er habe nichts gewusst. Nachdem bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen Ludger Beerbaums Pferd Goldfever mit einer verbotenen Substanz erwischt wurde, hatten wir doch die gleiche Debatte. Da wurde sogar eine Task Force eingesetzt, von der man dann nichts mehr gehört hat." Lauterbach konterte: "Seitdem ist eine Menge passiert. Wir haben den Reitern und ihrem Umfeld ständig erläutert, wie sie sich bei möglichen Medikationen zu verhalten haben."
Verband misst mit zweierlei Maß
Werth betonte zudem, dass der Verband gleichzeitig mit zweierlei Maß messe. "In der wettkampffreien Zeit kann man behandeln, wie man will, und bei Wettkämpfen gilt die Nulllösung", so Werth. Die Unterschiede zwischen nationaler und internationaler Medikationsliste bereiteten den Athleten zusätzliche Probleme.
Um klare Verhältnisse zu schaffen, plädiert Werth für unangemeldete Trainingskontrollen wie in anderen Sportarten längst üblich. Außerdem sei sie schon lange dafür, "die Medikamentengabe transparent zu machen und in Behandlungsbüchern zu dokumentieren." Diese Lösung würde dem Verband allerdings hohe Kosten verursachen.
Werth nimmt Tierarzt Stihl in Schutz
Den Tierarzt Hans Stihl, der Werth das Medikament Modecate für ihr unter der sogenannten Zitterkrankheit leidendes Pferd zukommen ließ, nahm die 39-Jährige erneut in Schutz: "Ich habe Stihl immer als sehr gewissenhaften Arzt erlebt."
Stihl war bereits in den letzten großen Doping-Fall des deutschen Dressursports involviert. 2003 wurde bei Ulla Salzgebers Wallach Rusty ein zu hoher Testosteronwert nachgewiesen. Salzgeber (Bad Wörrishofen) wurde damals vom nationalen Verband für zwei Monate gesperrt.