München. Vor dem Rückspiel gegen Celtic Glasgow hat sich in der Bayern-Abwehr einiges geändert. Auch taktisch eröffnen sich neue Möglichkeiten.

Die Antwort hätte vor einigen Monaten vermutlich anders geklungen, doch jetzt fiel sie deutlich aus. Auf Leverkusens Innenverteidiger Jonathan Tah war Christoph Freund angesprochen worden, und der Sportdirektor des FC Bayern nutzte die Gelegenheit, en passant eine weitere Frage zu beantworten, die gar nicht gestellt worden war. Ob man sich wie im vergangenen Sommer auch im kommenden um den nun ablösefreien Tah bemühen werde, lautete die Frage. Das sei „aktuell kein Thema für uns“, sagte Freund bestimmt und leitete sofort über aufs eigene Abwehrpersonal. „Man sieht, dass es unsere Verteidigung aktuell gut macht, sie haben sich richtig gefestigt“, sagte Freund, „daher sind wir aktuell sehr, sehr happy.“

Der Österreicher hat seine Aussagen nach dem 0:0 in Leverkusen am Samstag und vor dem Play-off-Rückspiel in der Champions League gegen Celtic Glasgow an diesem Dienstag (21 Uhr/Prime) zwar mehrfach mit dem einschränkenden Zusatz „aktuell“ versehen. Doch das war wohl vor allem der Erfahrung geschuldet, sich besser nie ganz festzulegen. Tatsächlich sind sie beim FC Bayern – aktuell – weitgehend zufrieden mit ihrer Belegschaft in der Abwehr, die dazu beitragen soll, mit dem 2:1-Vorsprung aus dem Hinspiel in Glasgow ins Achtelfinale einzuziehen.

Bayern-Trainer Kompany vertraut Upamecano

Besonders zufrieden sind sie derzeit mit Dayot Upamecano. Der Innenverteidiger steht stellvertretend für den Wandel in Bayerns letzter Reihe. Nachdem der französische Nationalspieler 2021 für 42,5 Millionen Euro Ablöse aus Leipzig übergelaufen war, haftete ihm lange der Ruf an, zwar über optimale Anlagen zu verfügen, allerdings auch immer wieder gut zu sein für Schnitzer.

Erst in dieser Saison unter Trainer Vincent Kompany, früher selbst ein Innenverteidiger, bekam Upamecano auch nach schwächeren Auftritten stets das Vertrauen. Das trug zu seiner neuen Stabilität bei, ebenso bei seinem Nebenmann Min-jae Kim. Der Südkoreaner war in der vergangenen Saison mit einigen Aussetzern aufgefallen. Kompanys Vorgänger Thomas Tuchel entzog ihm öffentlich das Vertrauen. Doch unter Kompany sind Upamecano und Kim gesetzt. Daran haben auch jene Unsicherheiten und Fehler nichts geändert, die vor allem bei Kim zu beobachten sind. Doch überwiegend zahlen sie Kompanys Vertrauen zurück, besonders Upamecano.

Derzeit beim FC Bayern gesetzt: Min-jae Kim.
Derzeit beim FC Bayern gesetzt: Min-jae Kim. © AFP | Franck Fife

Beim 2:1-Sieg in Glasgow wurde der 26-Jährige als Man of the match ausgezeichnet. „Upa ist für mich ein herausragender Innenverteidiger“, sagte Sportvorstand Max Eberl danach. In Leverkusen ließ Upamecano den nächsten starken Auftritt folgen, er war in der Abwehrschlacht Bayerns Bester. Das fügte sich ins Gesamtbild. „Dayot spielt eine hervorragende Saison und ist ein ganz wichtiger Faktor“, lobte Kapitän Manuel Neuer in Glasgow. Upamecano sei „eine absolute Führungspersönlichkeit“ geworden und spiele „konstant auf einem richtig hohen Level. Die Wichtigkeit von Upa wird immer mehr“, befand Freund in Leverkusen.

Vom Sorgenfall zu neuen Abwehrchef des FC Bayern

Upamecano hat sich mit seiner resoluten Spielweise vom Sorgenfall zum Abwehrchef entwickelt. Vieles deutet darauf hin, dass sein 2026 auslaufender Vertrag bald verlängert wird. „Eine prägende Rolle“ sei ihm auf Dauer zugedacht, sagt Freund und erklärt Upamecanos Wandel zur verlässlichen Instanz mit Kompanys nach vorne gerichtetem Spielstil.

Zum Wandel in der Abwehr trägt auch Hiroki Ito bei. Für 23 Millionen Euro Ablöse war der Japaner im Sommer aus Stuttgart gekommen. Nach seinem Mittelfußbruch und der langen Reha kam er erst in Glasgow zu seinem Pflichtspieldebüt, direkt danach stand er in Leverkusen als Linksverteidiger erstmals in der Startelf. Dort ist er nun vorerst die erste Wahl, zumindest bis Alphonso Davies nach seinem Faserriss zurückkehrt.

Auch der ebenfalls lange verletzte Josip Stanisic entwickelt sich immer mehr zur Alternative, vor allem zu Konrad Laimer hinten rechts. Verbunden mit den neuen Optionen durch die auch als Innenverteidiger einsetzbaren Ito und Stanisic sind auch mögliche Varianten im System, also eine Dreier- statt Viererkette in der Abwehr. Hinzu kommt auch noch Rechtsverteidiger Sacha Boey. Eingetrübt hat sich die Perspektive durch die neuen Alternativen vor allem für Innenverteidiger Eric Dier und Raphaël Guerreiro. Letzterer musste nach seiner schwachen Leistung in Glasgow mitansehen, wie ihm in Leverkusen nach Itos Auswechselung sogar der Rechtsverteidiger Laimer hinten links vorgezogen wurde. Auch das war ein Signal des Wandels ins Bayerns letzter Reihe.