Herning. 29:22 über Tschechien – deutsche Handballer mit 4:0 Punkten in die Hauptrunde. Am Dienstag ist Dänemark um Superstar Gidsel Gegner.

Auch der Coach der besten Handballer der Welt hat noch durchaus ernstzunehmende Aufgaben.

Nikolaj Jacobsen steht am späten Samstagabend nach Dänemarks spielerisch erreichtem Gruppensieg lange im Interviewbereich der Jyske Bank Boxen. Der Spielplan der Weltmeisterschaft schenkt dem Titelverteidiger und Co-Gastgeber einen zusätzlichen Tag Ruhe vor dem Beginn der zweiten Turnierphase am Dienstag. Wie er gedenke, seine Auswahl an Stars und noch superen Stars auf die drei kommenden Gegner vorzubereiten, wird der Nationaltrainer gefragt. Und weil der frühere Kieler Bundesliga-Linksaußen nicht nur optisch trotz ergrauter Haare nach 53 Lebensjahren noch quirlig wirkt, antwortet Jacobsen angesichts der persönlichen Belastung mit vorgetäuschter Verzweiflung: „Die Jungs können Tischtennis, Karten und PlayStation spielen, sie müssen ja nur Spaß haben. Aber ich muss mir jetzt ein paar Videos ansehen.“

Handball-WM: Auch gegen Tschechien tut sich das Gislason-Team schwer

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Guter Witz angesichts der Schneise der Verwüstung, die der Olympiasieger bei Tunesiern (32:21), Algeriern (47:22) und Italienern (39:20) hinterließ. Einen Abend später steht Bundestrainer Alfred Gislason an gleicher Stelle in Herning wie sein dänischer Kollege. Der Isländer und sein zwölf Jahre jüngerer Kollege unterscheiden sich gar nicht so sehr in ihrem Humor, nur ist das Ironiepotenzial im deutschen Lager nach Abschluss der Vorrunde deutlich geringer als bei der rot-weißen Übermacht. „Was wir an Chancen in der ersten Hälfte weglassen, ist nicht normal. Wir sind lockerer geworden, aber die Wurfausbeute bereitet uns Kopfschmerzen“, sagt Gislason nach dem 29:22 (11:11) gegen Tschechien. Einem erst im zweiten Durchgang klaren Erfolg, der die nächsternstere Turnierphase jedoch entspannter erscheinen lässt: Auf dem Weg ins Viertelfinale sollten Italien (Donnerstag) und Tunesien (Samstag) keine Hürde sein. Wo das Gislason-Team wirklich steht, erfährt es am Dienstagabend (20.30 Uhr/ARD) gegen: Dänemark.

Gegen die Tschechen, die wie auch die Schweiz mit in die Hauptrunde einziehen, drohte auch Gislason unter anderem angesichts drei verworfener Siebenmeter graue Haare zu bekommen. Lukas Stutzke und Justus Fischer arbeiteten zunächst anstelle von Johannes Golla und Julian Köster solide im Deckungszentrum, hatten nur Pech, dass 1-a-Keeper Andreas Wolff keine Hand an den Ball bekam. 1-b-Mann David Späth (am Ende 43 Paraden und ein Tor in 46 Minuten) war ein besserer Rückhalt – und wurde nach starken Paraden als Spieler des Spiels geehrt. Vorne sorgten oft nur Renars Uscins (8/1 Siebenmeter) und Juri Knorr (5 Tore/1) für konstante Gefahr. Positiv: Anders als vor der Halbzeit war die DHB-Auswahl in den zweiten 30 Minuten nie im Rückstand und schraubte schließlich das Ergebnis in die Höhe.

Handball: Revanche für 26:39-Debakel im Olympia-Finale gegen Dänemark?

Mit 4:0 Punkten als Startkapital geht es nun also gegen die Dänen. „Für uns ist das eines der wichtigsten Spiele bei der Weltmeisterschaft. Wir spielen fast alle in der Bundesliga, und wenn wir zu unseren Klubs zurückkommen, wollen wir angeben können: Wir haben Deutschland geschlagen.“ Sagt nicht irgendwer, sagt der Welthandballer. Mathias Gidsel, so treffsicher wie kein Zweiter beim vergangenen WM- und Olympia-Turnier. Er ist heiß auf das erste Wiedersehen seit dem Fünf-Ringe-Finale, als es für die DHB-Auswahl mit 26:39 einen auf die Mütze gab. Aber, betont der Halbrechte, „Deutschland ist eine viel bessere Mannschaft, als es das Ergebnis aus Lille sagt.“

Um die Gunst des ersten Kontrahenten aus dem obersten Handballregal muss der 25-Jährige von den Füchsen Berlin gar nicht buhlen. Gidsel peilt mit den Seinen den vierten WM-Titel in Serie an. Nachdem Deutschland letztmals 2007 triumphiert hatte, kanzelte Torwartlegende Andreas Thiel „das Buch der dänischen Heldensagen“ noch als dünn ab. Dieses Werk ist inzwischen gut gefüllt mit Heldengeschichten – und dürfte am 2. Februar im Finale in Oslo noch dicker werden, sollte sich die dänische Landmasse bis dahin nicht noch von Schleswig-Holstein ablösen.

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„Ob die Deutschen es zugeben wollen oder nicht: Ich sehe mit uns ganz oben“, betont Gidsel, der am Dienstag „ein ganz neues Spiel“ erwartet. Auch wenn die Eindrücke aus dem Tschechien-Spiel nicht dazu taugen, den Topfavoriten zu beeindrucken, ist für Dänemarks Torjäger das junge DHB-Team um „Wurfmaschine Renars Uscins“ und „Schlachtturm Andi Wolff“ tatsächlich „eine große Aufgabe, für die wir aber bereit sind“. Was auch sein Trainer so empfindet: „Unsere Defensive ist hervorragend. Und im Angriff haben wir keine Schwierigkeiten, uns gegen drei oder vier verschiedene Verteidigungen Chancen zu erspielen.“ Mit seinem bisherigen Videostudium hat Nikolaj Jacobsen also auch dazu beigetragen, dass die Dänen derzeit so gute Laune haben.