Herning. Italiens Handballer unterliegen erwartungsgemäß Dänemark 20:39. Für die Hauptrunde gegen Deutschland ist eine andere Sache wichtiger.
Bisher war es eine grün-weiß-rote Party in Herning. Wobei: natürlich eine blaue, den Italiens Nationalmannschaften werden ja nicht umsonst Squadra Azzurra genannt. Doch am Samstagabend ging das Blaue auf den Tribünen der Jyske Bank Boxen in Herning in einem Meer aus Rot und Weiß – genauso wie die diesmal in Weiß gekleideten Emporkömmlinge dieser Handball-Weltmeisterschaft. Die Mannschaft um den in Freiburg geborenen Torhüter Domenico Ebner schrieb mit zwei Siegen über Tunesien und Algerien ein Sportmärchen, gewann bei der ersten Teilnahme seit 1997 – der zweiten insgesamt – gleich ihre ersten beiden Vorrundenspiele. Der Gastgeber und Titelverteidiger Dänemark war in der abschließenden Gruppenpartie aber erwartungsgemäß drei Nummern zu groß. 20:39 (8:18) hieß es am Ende aus Sicht der Italiener, wobei Domenico Ebner sagte: „Die Niederlage ist sehr hoch – aber sie ist eine der schönsten, die man aktuell als italienischer Handballer haben kann.“
Handball-WM: „Italien hat eine Sportart wiederentdeckt“
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Der Torwart des Bundesligisten SC DHfK Leipzig sprach damit seinen Teamkollegen aus den Seelen: Es war ein unvergleichliches Erlebnis, gegen die Dänen um Welthandballer Mathias Gidsel (Füchse Berlin) und gefühlt 15 weitere Weltstars auf der Platte zu stehen. Vor der Partie hatten die Italiener so viel Rückmeldung wie noch nie für ihre Leistungen in Herning bekommen. „Der italienische Sport hat eine Sportart wiederentdeckt“, sagte der 30 Jahre alte Ebner, „die annähernd 30 Jahre in Vergessenheit geraten war.“ Bei der WM vor 28 Jahren wurde die Squadra in Japan 18. von 24 Mannschaften.
Den Außenseitern vom Stiefel dürfte auf ewig in Erinnerung bleiben, sogar dreimal geführt zu haben gegen den Olympiasieger, der am 2. Februar im norwegischen Oslo zum vierten Mal in Folge Weltmeister werden will. Das 1;0, 2:1 und 3:2 glichen die Dänen umgehend aus, die von Riccardo Trillini gecoachten Turnier.-Neulinge antworteten noch einmal mit dem 4:4, ab dann zogen die Hausherren mit mehr als 16 Minuten ohne Gegentor auf und davon. Mit dem in der Differenz gleichen Rückstand, den Tunesien zwei Tage zuvor beim 21:32 (7:17) verpasst bekommen hatte, ging es in die Halbzeit. Am Ende konnte sich Italien sogar damit rühmen, mehr Tore als die Algerier beim 22:47 (11:20) gegen den Topfavoriten erzielt zu haben.
Handball-WM: Dänen überragend, aber Ebner hält Wurf von Superstar Gidsel
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Domenico Ebner erlebte wie schon in den ersten beiden Begegnungen eine Gefühlsachterbahn. Er feierte mit seinen Jungs, als Dänemarks Linksaußen Emil Jakobsen über das Tor warf und der Torwart sogar einen Wurf von Superstar Gidsel entschärfen konnte. Fünf Paraden vom Deutsch-Italiener, der mit Wiederaufnahme des Spiels nach der Pause seinen Platz im Tor räumte: 20 Minuten lang, bis zum 15:32, stellte sich anschließend Andrea Colleluori der dänischen Übermacht. Die Partie zu Ende brachte Giavanni Pavani zwischen den Pfosten. „Wir sind ein Team, ich muss nicht 60 Minuten spielen. Die anderen Jungs haben sich auch die Erfahrung verdient. Deswegen habe ich mich auch bei ihren Paraden gefreut.“
Dass Italien wohl mit 2:2 Punkten in die Hauptrunde einziehen würde (neben Dänemark kam auch Tunesien eine Runde weiter), war bereits vor der Partie abzusehen. Holt sich Deutschland am Sonntag (18 Uhr/ARD) gegen Tschechien den Gruppensieg, kommt es am Donnerstag zum Aufeinandertreffen von Ebners beiden Heimaten. Und dafür hatte er ja ohnehin einen besonderen Platz, der absolut aufging: sich in die Herzen der Dänen zu spielen, damit diese den Außenseiter in der Hauptrunde auch gegen Deutschland unterstützten. „Was ein besonderer Moment war“, so der Bundesliga-Keeper, „als die dänischen Fans bei unserer Nationalhymne mitgeklatscht haben, hatten wir alle Gänsehaut. Hoffentlich feuern sie uns noch nächste Woche an.“
Ebner zu Deutschlands Chancen bei der Handball-WM: „Gehören ins Halbfinale)
Sowohl gegen Deutschland als auch gegen die beiden anderen Qualifizierten der Gruppe A (Polen, die Schweiz und Tschechien haben alle noch Chancen aufs Weiterkommen) wird Italien nicht der Favorit sein. „Wir haben jetzt noch drei richtig geile Spiele.“ Und Domenico Ebner großen Respekt vor Deutschland mit einem „überragenden Andi Wolff“ im Tor: „Gefühlt ist Deutschland noch nicht so ins Laufen gekommen wie die Dänen. Aber sie werden im Laufe des Turniers noch auf ihre Leistung kommen. Für mich sind sie eine Mannschaft, die ins Halbfinale gehört.“