Herning. Marko Grgic ist Deutschlands jüngster WM-Teilnehmer, wirkt aber wie ein arrivierter Handballer. Ein Manko sieht der Eisenacher bei sich.
Es dauert nie lange, bis Marko Grgic nach Spielen eine Analyse vorliegen hat. Sein Vater Danijel, der selbst mal Handballer war und 26 Länderspiele für Kroatien aufweist, bringt genügend Expertise mit. Die Sache hat nur einen kleinen Haken: „Natürlich schreibt er mir eher, wenn etwas schlecht war“, sagt der 21-Jährige und lächelt. Auf Deutsch übrigens, denn Marko Grgic spricht kein Kroatisch. „Aber das ist ja gut so, mit den Tipps kann ich es im nächsten Spiel gleich besser machen.“
Marko Grgic: Für Andi Wolff ein Frechdachs, für Alfred Gislason auf dem Weg zum Weltklassespieler
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Wer ein Handballerleben auf der Überholspur führt, wer von Nationaltorwart Andreas Wolff als Frechdachs bezeichnet wird, „weil er trotz seiner Jugend schon sehr viel Abgezocktheit und sehr viel Spielwitz“ zeigt, wem von Bundestrainer Alfred Gislason ein Werdegang „vom No-Name zum Weltklassespieler“ prophezeit wird, läuft Gefahr, die Bodenhaftung zu verlieren. Bei Marko Grgic braucht man diese Angst nicht zu haben. In den letzten Tagen vor seiner ersten Weltmeisterschaft, die für die Nationalmannschaft am Mittwoch (20.30 Uhr/ARD) gegen Polen beginnt, zeichnet den 21-Jährigen vom ThSV Eisenach eine stoische Ruhe aus.
„Manchmal, wenn ich mich mit Freunden und Familie unterhalte, merkt man, was alles so geschehen ist“, sagt Grgic, der noch bis 2022 bei der HG Saarlouis in der 3. Liga spielte, „aber ich zerbreche mir darüber nicht den Kopf.“ Nur keinen Stress zu machen, ist auch das, was der Bundestrainer an dem 1,98-Meter-Rückraumschützen schätzt: „Das gibt mir sehr, sehr viel“, sagt der 65-Jährige, „wenn man sieht, wie Spieler wie er wachsen und immer mehr an sich glauben.“
Marko Grgic ist der jüngste Spieler in Gislasons Kader, der am Montagabend in Silkeborg, eine halbe Stunde Autofahrt vom dänischen WM-Spielort entfernt, angekommen ist. Die veränderte, deutlich verjüngte Mannschaftsstruktur lässt ihn nicht wie ein Küken erscheinen, seine Buddys Juri Knorr (24), David Späth (22) und Justus Fischer (21) sind ja selbst kaum älter. „Der ist eigentlich viel zu gut für sein Alter“, sagt Rückraum-Kollege Christoph Steinert, mit ab kommendem Samstag 35 Jahren der Senior im DHB-Team. Rechtsaußen Timo Kastening (29) ist beeindruckt von Grgics „Ruhe in Person. Als wäre er schon ewig dabei. Sehr selbstbewusst und extrem reflektiert – trotz seines jungen Alters.“ Anders als es Hektik und Energie auf dem Spielfeld vermuten lassen, beschreibt sich der Hochveranlagte als „nicht so emotionsgeladen. Ich habe mal zu Alfred gesagt, das Beste, was ich kann, ist einfach Handball spielen, ohne mir großartig Druck zu machen.“
Marko Grgic vor der Handball-WM: „Das Ziel ist, Weltmeister zu werden“
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Was nicht bedeutet, dass Marko Grgic seit seinem Länderspieldebüt im Mai vergangenen Jahres und dem sensationellen Olympia-Silber in seinem Potenzial stagnieren will. Abgesehen davon, dass es für sein Team „das Ziel ist, Weltmeister zu werden“, müsse er seine „eigene Handbremse lösen. Ich habe in der Nationalmannschaft noch nicht das Selbstvertrauen wie in Eisenach.“ Die Übersicht im Angriff zu behalten, ins Eins-gegen-Eins zu gehen und die rechte Klebe auszupacken, durch seinen Spielwitz dem Kreisläufer oder den Außen die Bälle zukommen zu lassen, erfordere „mehr Mut, den ich aus mir rausholen muss, ohne Angst vor Fehlern“. Schlimmstenfalls kommt halt wieder eine Nachricht von dem Mann, dessen Nummer 17 er umgedreht auf dem eigenen Rücken trägt: seinem Vater Danijel.