New Orleans. Saquon Barkley ist das Spektakel der NFL, trifft mit Philadelphia im Super Bowl auf Kansas City. Auch dank einer Basketball-Legende.
Noch bevor Saquon Barkley Philadelphia zu seinem Zuhause und Arbeitsplatz macht, übernimmt er bereits die Energie und Magie vom berühmtesten Sportlersohn der Ostküsten-Metropole. Nicht von Rocky Balboa, dem Kino-Boxer. Sondern von Kobe Bryant.
Der junge Football-Running-Back und der schon zu Lebzeiten zur Legende erhobene Basketball-Alleskönner sind sich zwar sportartenfremd. Trotzdem fasziniert Kobe Bryant Anfang der 2010er-Jahre den Teenager Saquon Barkley, der im östlichen Teil des US-Bundesstaates Pennsylvania aufwächst. Gar nicht mal wegen der fünf NBA-Meisterschaften mit den Los Angeles Lakers oder zwei olympischen Goldmedaillen. Eher aufgrund seiner körperlichen und mentalen Herangehensweise an Herausforderungen: der Mamba-Mentalität. Zugleich Titel der Biographie von Kobe „Black Mamba“ Bryant, der im Januar 2020 bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben kommt.
Super Bowl 2025: Saquon Barkley startet mit Kobe Bryants Mamba-Mentalität die große Karriere
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„Sein Vermächtnis sind nicht Trophäen, Ringe und Geld, sondern dass er in unseren Herzen und Köpfen weiterlebt“, sagt Barkley in New Orleans. Im dortigen Superdome wird er mit den Philadelphia Eagles in der Nacht auf Montag (0.30 Uhr deutscher Zeit/RTL) Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um Patrick Mahomes‘ Kansas City Chiefs am historischen dritten Super-Bowl-Triumph in Serie zu hindern. Um die Scharte des 35:38 vor zwei Jahren in Glendale/Arizona auszuwetzen.
Die Mamba-Mentalität, so die Definition von Kobe Bryant, sehe vor, „die beste Version von sich selbst zu sein“. Eine „ständige Suche, sich heute besser zu machen als gestern“. Diese Losung hängt schon in Barkleys College-Bude an der Penn State University an der Wand, er schreibt sie sich auf dem Weg in die beste Liga der Welt ständig auf seine Stollenschuhe. Heute spiegelt sie sich in seinen unwiderstehlichen Touchdown-Läufen über 60, 70 oder 80 Yards wider.
Gewachsen und gelassen, aber genauso energiegeladen und ehrgeizig ist Saquon Barkley mittlerweile. „Du weißt nie, wann du wieder hier sein wirst“, sagt der Mann, der am Finaltag 28 Jahre alt wird, im Teamhotel, direkt am Mississippi gelegen. „Es hat sieben Jahre gedauert, hierher zu kommen. Also genieße ich es und habe viel Spaß.“ Statt intensive Football-Analysen zu führen, plauscht er bei der Opening Night mit Kinder-Reportern von Nickelodeon und erträgt auch wenige Tage vor dem Endspiel geduldig Fragen wie die nach seinem liebsten mexikanischen Gericht. „Quesadilla“, antwortet er höflich. „Ist das mexikanisch genug?“ Barkley wird nachgesagt, es zu hassen, wenn er andere Menschen enttäuscht.
Super Bowl 2025: Saquon Barkleys Ziel: „der beste Mensch und Spieler zu werden, der ich sein kann“
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Das ist er im Alter von 14 Jahren von sich selbst so sehr und überlegt, mit dem American Football aufzuhören. Vor Barkley liegt zu diesem Zeitpunkt noch ein beschwerlicher Weg, um ein über Hindernisse springender Wirbelwind mit Superhelden-ähnlichen Muskeln zu werden.
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Die anderen Jungs im Team der Whitehall High School sind nicht so schmächtig wie der junge Saquon. Sein bester Freund wird ihm als Running Back vorgezogen. Selbstzweifel und Befürchtung wachsen, „dass ich auf dem Feld zerbrochen werde“. Trainer und Scouts sehen in Barkley, der heute als Generationentalent gilt, lange nicht das riesengroße Versprechen. „Saquon musste arbeiten. Ich sagte: Geh ins Fitnessstudio, werde stärker“, erinnert sich sein High-School-Coach Brian Gilbert. „Gott sei Dank hat er auf mich gehört.“ Barkley impft sich zudem ein, wie man im offenen Raum Yards macht, Tackles bricht, den Gegner austanzt. Um die schnellsten Füße zu bekommen, tritt er 45 kraftzehrende Sekunden im Sand auf der Stelle, um dann im Volltempo aus der Grube zu schießen. Muskelmasse und Mamba-Mentalität, um „der beste Mensch und Spieler zu werden, der ich sein kann“.
Super Bowl 2025: Saquon Barkley kann gegen die Kansas City Chiefs einen NFL-Rekord brechen
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In beiden Kategorien erreicht Barkley gerade Höchstwerte. Kurz vor dem Super Bowl hält er um die Hand seiner langjährigen Freundin Anne an, Mutter der gemeinsamen Kinder Jada (6) und Saquon junior (2). Auf dem Football-Feld reichen Statistiken nicht aus, um zu erklären, wie die Kombination aus Kraft, Geschwindigkeit und Vision ihn zu einem der dynamischsten Spieler der NFL macht. „Fly, Eagles, Fly“ heißt es in Philly – für Saquon Barkley müsste der Schlachtruf in „Renn, Adler, renn“ abgeändert werden. Er läuft und läuft und läuft: Gegen die Jacksonville Jaguars schaltet Barkley heranstürmende Verteidiger aus, indem er sich in Sekundenbruchteilen um die eigene Achse dreht und dann rückwärts über die Gegner hüpft. Sein Klappmesser in der Luft ist viraler Hit in den sozialen Medien, bei allzu viel Vergänglichem dort sogar ein richtiger Zuckerschub: Mit jedem neuen Highlight, das er liefert, wird an seinen prägendsten Stunt erinnert.
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Nach sechs weitgehend verschenkten Jahren bei den New York Giants spielt der 1,83 Meter große und 106 Kilo schwere Kraftknubbel auf rasanten Beinen bei den im Big Apple verhassten Eagles seine beste Saison. Als erst neunter Spieler der NFL-Geschichte knackt er die Marke von 2000 erlaufenen Yards, den 40 Jahre alten Rekord von Eric Dickerson (2105 Yards) verpasst Barkley nur, weil ihn die Eagles im letzten regulären Saisonspiel für die K.o.-Phase schonen. Die Bodyguards von Quarterback Jalen Hurts in der O-Line werden am Sonntag auch Barkley den Weg zum neuerlichen Spektakel freiblocken: Nur noch 30 Yards fehlen, um Terrell Davis‘ Rekord aus dessen Meisterjahr 1998 mit den Denver Broncos für die meisten erlaufenen Yards in einer Saison inklusive Play-offs (2476) zu knacken. Doch darauf ist Nummer 26 der Eagles, seit der Nacht zu Freitag auch als NFL-Offensivspieler des Jahres ausgezeichnet, gar nicht scharf: „Das Einzige, was es besonders machen würde, ist, den Super Bowl zu gewinnen.“ Kobe Bryant, also: Black Mamba, würde diese Einstellungen gefallen.