Nürnberg. Der Torwart gibt gegen die Ukraine ein gutes Comeback. Hängenbleiben wird aber ein Aussetzer, der für die Nummer eins zur Unzeit kommt.
Gonggg! Von der Kindheit bis zum 39. Lebensjahr geschehen allerhand Dinge, doch das Ertönen einer Schulglocke ist immer ein Signal für schnellen Aufbruch. Früher lockten Pausenhof und Freizeit am Nachmittag, Manuel Neuer wollte derweil am späten Montagabend endlich in den Feierabend.
Es war schon kurz nach Mitternacht, als die Polizei über die Lautsprecher-Anlage Entwarnung geben konnte. Zuvor berichteten die Einsatzkräfte von einer „ernstzunehmenden Gefahrensituation“ am Max-Morlock-Stadion. Im Außenbereich war ein sprengstoffverdächtiger Gegenstand gefunden worden, alle sich nach dem 0:0 gegen die Ukraine noch im Stadion befindlichen Personen, darunter die Spieler, durften dieses nicht verlassen.
DFB-Elf: Manuel Neuer spricht über sein Comeback
Bevor der Gong ertönte, sprach Manuel Neuer über sein Comeback. 18 Monate hatte der Münchner nicht mehr im deutschen Tor gestanden, da er sich kurz nach der Weltmeisterschaft 2022 das Bein gebrochen hatte. „Es fühlt sich gut an“, berichtete Neuer. „Es war ein langer Weg, ein steiniger Weg und auch viel harte Arbeit.“
Der frühere Schalker legte einen ordentlichen Auftritt hin. Er entschärfte die einzige Chance der Ukraine in der ersten Halbzeit, einen wuchtigen Schuss von Roman Yaremchuk. Und er war zur Stelle in der zweiten Halbzeit im Eins-gegen-Eins mit Mykhaylo Mudryk sowie beim Versuch des ehemaligen Dortmunders Andriy Yarmolenko, Neuer in der kurzen Ecke zu überlisten. „Wir haben alles dafür getan, die Null zu halten“, lobte Neuer. „Wir waren stabil.“
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DFB: Manuel Neuer erklärt seinen Aussetzer gegen die Ukraine
Hängen blieb von Neuers Comeback allerdings ein Aussetzer, der ins aktuelle Bild passt – und damit zur Unzeit kommt. In der 88. Minute war Neuer aus seinem Strafraum gestürmt, um einen Pass abzufangen. Er spielte ihn aber nicht, wie erhofft, zu Maxi Mittelstädt, sondern genau in den Fuß eines Ukrainers. „Ich habe den Yarmolenko gar nicht gesehen“, meinte er. Kurz danach lag der Ball im Netz, doch der Treffer von Artem Dovbyk zählte nicht. „Der Schock war nicht groß, weil in einer Millisekunde ersichtlich war, dass der Spieler im Abseits ist“, sagte Bundestrainer Julian Nagelsmann.
Neuer ist für sein risikoreiches Spiel berüchtigt, er hat die Torwart-Kunst im vergangenen Jahrzehnt auf eine neue Ebene gehoben. Doch in letzter Zeit schleichen sich erstaunlich viele Unsicherheiten hinein in Neuers Auftritte – mit dem folgenschweren Patzer im Halbfinale der Champions League gegen Real Madrid als besonderes Mahnmal. Andererseits hatte Neuer bis dahin herausragend gehalten.
DFB-Elf: Julian Nagelsmann lobt Manuel Neuer
Eine Torwart-Debatte in der DFB-Elf wollte Nagelsmann schon vor der EM-Vorbereitung vermeiden und stärkte Neuer als Nummers ein. Mit Blick auf den Fehler gegen die Ukraine lobte der 36-Jährige sogar: „Wenn er den nicht holt, oder wenn er tiefer steht und nicht mitspielt, dann ist es ein deutlich größerer Fehler mit wahrscheinlich schwerwiegenden Folgen.“
Was die Lage im deutschen Tor so brisant macht, ist, dass in Person von Marc-André ter Stegen, 32, ein Keeper seit Jahren auf seine Chance lauert und in Neuers Abwesenheit im März überzeugte. „Marc kennt die Situation“, meinte Neuer. „Man muss schon sagen, es ist leider so, weil er wirklich auch ein Weltklasse-Torwart ist, der gute Leistungen gezeigt hat. Aber das ist auch Teil des Business.“ Ter Stegen sagte am Dienstag, Nagelsmanns Entscheidung sei „sehr enttäuschend“. „Aber am Ende des Tages hast du eine Verantwortung der Gruppe gegenüber. Ich werde helfen, wo ich kann“, versicherte der Schlussmann, der nach eigener Aussage keinen Gedanken an einen Rücktritt verschwendet habe.