Düsseldorf. Der EM-Torschützenkönig führt die Nationalmannschaft gegen Ungarn zum 5:0-Auftaktsieg in der Nations League. Auch Wirtz brilliert.

Jamal Musiala fasste sich mehrfach an den Kopf, als er nach seinem Tor zum 2:0 jubelnd Richtung Eckfahne lief. Der Mann des Abends hatte noch einmal verdeutlicht, dass er auf der 30 Spieler umfassenden Liste für die Wahl zum Weltfußballer 2024 zwingend hätte stehen müssen. Der 21 Jahre alte Zehner der deutschen Fußball-Nationalmannschaft überragte beim 5:0 (1:0)-Sieg zum Auftakt der Nations League gegen Ungarn und machte mit einem Tor und drei Vorlagen da weiter, wo er bei der Heim-EM im Sommer aufgehört hatte.

Musiala wurde vor dem Spiel nachträglich für seine drei Treffer als geteilter Torschützenkönig der Europameisterschaft geehrt. Es wirkte wie ein kleiner Gruß an das Auswahlkomittee für die Ballon d‘Or-Liste. Musialas kongenialer Partner Florian Wirtz dagegen bestätigte, warum er für die Wahl nominiert ist. „Es ist ein Genuss, die beiden spielen zu sehen. Deutschland wird an ihnen noch viel Spaß haben in den kommenden Jahren“, sagte 1:0-Torschütze Niclas Füllkrug. Nagelsmann ist sich sicher: „Beide haben das Potenzial, den Ballon d’Or in Zukunft zu gewinnen.“

Groß und Füllkrug rücken in die Startelf

Wie gut für Musiala, dass es die Uefa-Wettbewerbe gibt. Genau 80 Tage nach dem 2:0-Sieg im Gruppenspiel gegen Ungarn präsentierten sich der Münchner und die gesamte Mannschaft in der Nations League noch immer in EM-Form. Dabei galt es, die drei Schlüsselspieler Manuel Neuer, Toni Kroos und Ilkay Gündogan zu ersetzen. Nagelsmann hatte sich auf die neue Rollenverteilung schon vor dem Spiel festgelegt. Pascal Groß machte den Kroos, Marc-André ter Stegen den Neuer und Kai Havertz den Gündogan. Dafür war im Sturm Platz für Füllkrug.

Die erste Halbzeit sollte Nagelsmann bereits bestätigen, dass er beim Neustart der Nationalmannschaft auf das vertraute, was schon bei der EM funktionierte. Der 37-Jährige wollte den Schwung des Sommers mit in die Nations League transportieren, um in diesem Wettbewerb den Titel zu holen, mit dem es bei der Heim-EM nicht geklappt hatte. „Die Nations League ist kein La-Paloma-Turnier“, sagte Nagelsmann vor dem Spiel im ZDF. Allerdings hatten die Deutschen in den vergangenen sechs Jahren in diesem Wettbewerb sehr oft und sehr viel La-Paloma-Fußball gespielt. Nur drei von 16 Spielen konnte Deutschland in der Nations League seit 2018 gewinnen.

Musiala schenkt Füllkrug das 14. Länderspieltor

Der Bundestrainer erhoffte sich daher von seiner modifizierten Mannschaft einen Oh-la-la-Fußball. Es sollte 20 Minuten dauern, ehe das erste Aaahh durch die Arena hallte, als ein langer Ball von Nico Schlotterbeck bei Wirtz landete, dieser Musiala bediente, der wiederum direkt weiterleitete zu Füllkrug. Der neue Stürmer von West Ham United sorgte allerdings für ein Oooohh, weil er den Ball zu mittig platzierte.

Nur sieben Minuten später machte die Nummer neun aus dem Oohh dann ein richtiges Aaahh. Daran hatte der 31-Jährige aber den kleinsten Anteil. Das Zauberduo Wusiala zeigte in dieser Szene seine ganze Klasse. Wirtz narrte auf rechts seinen Gegnerspieler mit einem Haken. Seine Flanke legte David Raum in die Mitte zu Musiala, der das ganz feine Auge für Füllkrug hatte und dem Mittelstürmer das 1:0 schenkte (27.). Für Füllkrug war es der 14. Treffer im 22. Länderspiel.

Havertz trifft zweimal die Latte

Spätestens jetzt war das deutsche Spiel wieder im Fluss. Lediglich bei Havertz flutscht es noch nicht so recht. Der Arsenal-Star scheiterte mit dem Kopf nach Groß-Flanke an der Latte (30.), kurz vor der Halbzeit dann nach einem schönen Musiala-Pass an sich selbst (45.). Oder war es doch ein kleines Rasenstück, das ihn bei seinem Linksschuss behinderte? Im optimalen Zustand war das Düsseldorfer Grün jedenfalls nicht.

Anders als bei der EM spielte Deutschland gegen Ungarn diesmal nicht in Pink, sondern in Weiß. Auf der Tribüne der Arena in Düsseldorf war aber zu sehen, warum das pinke DFB-Shirt schon jetzt das bestverkaufte Auswärtstrikot der Geschichte ist. Auch sonst waren die deutschen Fans noch immer in EM-Stimmung. Statt „Oh la Paloma“ stimmten die deutschen Fans mehrfach „Oh, wie ist das schön“ an.

Und es war auch wirklich schön, was die DFB-Elf vor 49.000 Zuschauern in der ausverkauften Düsseldorfer Arena gerade in der zweiten Halbzeit zeigte und zauberte. Vor allem Musiala war nicht mehr zu halten. Zunächst vollendete er einen langen Sprint von der Mittellinie zum 2:0 (58.). Dann legte er Wirtz das 3:0 auf (66.). Und auch beim 4:0 durch Aleksandar Pavlovic (77.) war der Münchner der Vorbereiter.

Ungarn weit weg von der Bestform

Doch damit nicht genug: Am Ende war es dann doch noch Havertz, der nach einem weiteren Lattentreffer (72.) endlich jubeln durfte. Er holte einen Strafstoß selbst heraus und machte zumindest vom Punkt da weiter, wo er bei der EM aufgehört hatte (81.). Das 5:0 war der Abschluss eines deutschen Gala-Abends.

In der 39. Auflage der Länderspielklassikers waren die Ungarn diesmal allerdings weit davon entfernt, der Angstgegner zu sein, der sie früher einmal waren. Am Dienstag in Amsterdam gegen die Niederlande (20.45 Uhr) werden es die Deutschen deutlich schwerer haben. So viel steht fest.