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Sebastian Vollmer aus Düsseldorf ist der einzige Deutsche in der US-Football-Profiliga NFL. Er ist bei den New England Patriots der Leibwächter des Quarterbacks Tom Brady. Wir haben mit Vollmer gesprochen.
Bei Sebastian Vollmer hat der Wecker wieder um sechs Uhr geklingelt, eine Stunde später beginnt für den 26-jährigen Düsseldorfer die Arbeit im Kraftraum. „Football ist ein Fulltime-Job“, sagt er, die Telefonleitung in die USA knistert. Vollmer ist der einzige Deutsche, der in der US-Profiliga NFL spielt. Er ist Right Tackle der New England Patriots und damit der Leibwächter des Quarterbacks Tom Brady. Er hält dem Star die Gegner vom Leib, den Ball kriegt er dabei nie in die Hand.
Ist es nicht nervig, immer nur die Knochenarbeit zu machen und nie selbst mit dem Ball glänzen zu können?
Sebastian Vollmer: Gar nicht, so funktioniert Football eben. Es gibt Spezialisten für jeden Bereich des Spiels, und meine Aufgabe ist es eben, die Gegner aufzuhalten und zu blocken. Wir verbringen etwa acht Stunden am Tag mit unseren Spezial-Teams und Trainern. Wir von der Offensive Line trainieren unsere Sachen, die anderen Jungs ihre Sachen.
Football gilt als extrem harter Sport. Wie verkraften Sie die Schmerzen?
Vollmer: Ein paar blaue Flecken gibt es immer, aber alles nicht so schlimm. Richtig schlimm verletzt war ich noch nie.
Gibt Quarterback Tom Brady ab und zu mal einen aus, wenn Sie für ihn mal wieder einen Gegner gestoppt haben, der wie eine Rakete heran geflogen kommt?
Vollmer: Wir gehen ab und zu mit der Mannschaft essen, und bei diesen Treffen reden wir natürlich über solche Situationen. Aber bedanken muss er sich nicht bei mir. Das ist schließlich mein Job, dafür trainiere ich jeden Tag. Es geht beim Football um das Team, nicht um den einzelnen Spieler.
Sie fangen frühmorgens im Kraftraum an, wann ist der Trainingstag für Sie denn schließlich vorbei?
Vollmer: Gegen 18 Uhr bin ich normalerweise wieder zuhause.
Trainer Bill Belichick hat die Patriots schon zu drei Siegen im Super Bowl geführt, an der Linie sieht er aber immer mürrisch aus. Ist er wirklich so?
Vollmer: Er ist konzentriert, nicht mürrisch. Bei den Patriots sind alle sehr siegorientiert. Jeder im Team ist auf das Gewinnen fixiert, genau wie der Trainer.
Also reden Sie schon vom Finale, dem Super-Bowl am 6. Februar in Texas?
Vollmer: Das ist kein Thema bei uns. Wir reden immer nur über das nächste Spiel. Das ist besser für die Konzentration.
Als Sie in der vergangenen Saison den Sprung ins Team geschafft haben, waren Sie Left Tackle, jetzt spielen Sie auf der rechten Seite der Offensive Line, kein Problem für Sie?
Vollmer: Kein Problem, ich bin auf der einen Seite nicht besser als auf der anderen. Der Trainer entscheidet, und ich spiele. Das ist die Hauptsache.
Ist es schwierig, als einziger Deutscher in der NFL zurecht zu kommen?
Vollmer: Es geht in der NFL nicht um die Nationalität, sondern nur um die Leistung.
Aber die NFL ist auch eine Glitzerwelt. Tom Brady ist mit dem Super-Model Giselle Bündchen verheiratet. Andere Spieler werden mit Drogen erwischt...
Vollmer: ... das alles ist weit weg von mir. Ich habe mich als Mensch wenig verändert, und ich sehe auch in der Zukunft keinen Grund dafür.
Sie sind aber mittlerweile Stammspieler der Patriots, die Menschen in den USA kennen Sie längst aus dem Fernsehen und aus den Zeitungen.
Vollmer: Sicher erkennen mich immer mehr Menschen auf der Straße, aber das ist in Ordnung. Ich bleibe dann stehen, schreibe eben ein Autogramm, rede ein paar Takte, und weiter geht’s.
Nach dem Abitur in Neuss sind Sie in die USA gezogen und zum College gegangen. Waren Sie sicher, den Sprung zu den Profis zu schaffen?
Vollmer: Nein, aber es war den Versuch wert. Der andere Weg wäre über Rhein Fire und die NFL Europe gewesen, aber ich habe es eben so gemacht.
Hatten Sie nach Ihrem College-Abschluss vor zwei Jahren Einfluss darauf, zu welchem NFL-Team Sie kommen?
Vollmer: Überhaupt nicht. Als mein Name im Zusammenhang mit den Patriots fiel, war das schon sehr gut.
Die Patriots sind eine Art FC Bayern München der NFL. Hatten Sie Sorge, dass es dort noch schwieriger wird sich durchzusetzen als anderswo?
Vollmer: In der NFL ist es überall schwer. Egal ob bei den Patriots oder in eine anderen Team.
Sie wiegen fast 140 Kilo und müssen als Tackle Ihr Gewicht auch halten. Fällt es Ihnen schwer, viel zu essen und gleichzeitig hart zu trainieren?
Vollmer: Wir essen gar nicht soviel, wie manche glauben. Sicher essen wir mehr als Menschen, die kleiner sind. Aber es sind nicht solche Mengen, dass es beim Training stört.
Weihnachten gibt es nach deutscher Tradition einen Braten bei Ihnen?
Vollmer: Gibt es nicht, denn die NFL nimmt auf Weihnachten keine Rücksicht. Wir spielen am zweiten Weihnachtstag schon wieder gegen die Buffalo Bills.
Kommen Ihre Eltern oder Freunde über die Feiertage vorbei?
Vollmer: Auch nicht, denn es lohnt sich nicht, weil wir voll im Liga-Endspurt stehen und ich keine Zeit für sie hätte.
Und wann sind Sie das nächste Mal in Deutschland?
Vollmer: Ich weiß es noch nicht. Ich kümmere mich jetzt erstmal um die Saison, dann sehe ich weiter.