Krasnaja Poljana. Auch einen Tag nach dem schwächsten Ergebnis einer deutschen Frauen-Mannschaft in einem olympischen Biathlon-Rennen hat Chefbundestrainer Uwe Müssiggang noch “keine plausible Erklärung“ für die Leistung gefunden.

Gibt es mit dem Abstand von einer Nacht schon eine Erklärung für das Debakel im Verfolgungsrennen?

Uwe Müssiggang: Es wird wohl nie eine plausible Erklärung geben, weswegen es sowohl beim Schießen und Laufen nicht geklappt hat. Ganz klar: Die Laufleistung entspricht nicht dem, was möglich ist. Und Schießen können die Mädels auch alle viel besser.

Steckt das Biathlon in Deutschland in einer Krise?

Müssiggang: Wir haben in den letzten zwei, drei Jahren eine ganze Mannschaft verloren. Wir haben keine Überfliegerin mehr, wie es zuletzt Lena (Magdalena Neuner, Anm.) war. Sie hat relativ früh aufgehört und hätte noch Schatten für die anderen spenden können. Wir haben im Moment keine stärkeren Athletinnen als die Noch-Juniorinnen Laura Dahlmeier und Franziska Preuß. Andrea Henkel steht am Ende ihrer Laufbahn und Miriam Gössner ist verletzungsbedingt erst gar nicht dabei.

Wurde also der Anschluss verpasst?

Müssiggang: Die anderen aus der Generation Neuner, mindestens drei bis fünf Jahrgänge, haben den Anschluss an die Weltspitze nicht geschafft. Aber das geht allen Nationen so. Die Schwedinnen beispielsweise haben nacheinander Magdalena Forsberg, Anna Carin Olofsson und Helena Ekholm verloren. Und ohne diesen Schutzschirm ist von ihnen nichts mehr zu sehen.

Müssen jetzt die Ziele für Sotschi korrigiert werden?

Müssiggang: Nein, wir wollen weiter um Medaillen kämpfen. Das Vermögen dazu haben wir. Und vergessen dürfen wir auch nicht, dass wir in diesem Winter schon den Staffel-Weltcup gewonnen haben. Das zeigt, dass wir noch zur Weltklasse gehören.

Wie wird das Negativerlebnis aus den Köpfen herausgebracht?

Müssiggang: Es gab Einzelgespräche, allerdings sollte man auch nicht zu viel darüber reden. Das verfestigt in den Köpfen eher noch das Negativerlebnis. Wir haben versucht, die Mädels an ihre Stärken zu erinnern, an das, was wir trainiert haben, um einfach das Selbstbewusstsein wieder aufzubauen.

ZUR PERSON: Uwe Müssiggang ist seit 2010 Chefbundestrainer der deutschen Biathleten. Zuvor war der 62-Jährige nur für die Damen verantwortlich und stand an der Spitze eines mit Olympiasiegerinnen und Weltmeisterinnen wie Magdalena Neuner, Kati Wilhelm oder Uschi gespickten Teams. (dpa)