Düsseldorf. .
Andre Pollmächer und Jan Fitschen, der 2006 über 10 000 Meter Europameister wurde, wollen die deutsche Marathon-Szene beleben. Für beide Läufer gibt es nur ein Ziel: Olympia 2012 in London.
Bevor Andre Pollmächer am Dienstag seinen Vertrag mit dem Rhein-Marathon Düsseldorf e.V. unterzeichnete, hatte der 27-Jährige interessiert zugeschaut, wie in der Düsseldorfer Arena der Asphaltteppich für das Motorsport-Spektakel „Race of Champions“ am Wochenende verlegt wurde. Mit diesem Untergrund kennt sich Pollmächer aus, auf Asphalt will er sich den Weg zu den Olympischen Spielen 2012 in London bahnen.
Es ist sein zweiter Anlauf. Pollmächer hatte im Frühjahr 2009 als Dritter des Düsseldorf-Marathons in 2:13:09 Stunden die beste Zeit eines deutschen Läufers der vergangenen neun Jahre erzielt und war dann im Sommer bei der Weltmeisterschaft in Berlin auf dem 18. Platz gelandet. Die deutschen Marathon-Veranstalter rieben sich schon die Hände. Endlich schienen sie das sehnlichst erwartete Vorbild für die millionenstarke deutsche Läuferszene gefunden zu haben. Doch Pollmächer, mit 26 damals ein Jungspund im Marathon, stoppte die Schinderei, lief nicht länger bei strömendem Regen, dichtem Schneetreiben oder eisigem Wind bis zu 240 Kilometer pro Woche, um dann doch Dutzenden von Afrikanern hinterher zu rennen.
„Es spielte eine große Rolle, dass mein Coach Bernd Dießner aufgehört und Bundestrainer Detlef Uhlemann kein schlüssiges Konzept aufzuweisen hatte“, sagt Pollmächer, „jetzt habe ich wieder Lust. Und richtig viel ist in der deutschen Marathon-Szene nicht los.“ Die weniger diplomatische Diagnose lautet: Der Marathon der Männer liegt in Deutschland am Boden.
Das soll sich jetzt ändern. Nicht nur durch den Rückkehrer Andre Pollmächer, auch durch den Umsteiger Jan Fitschen. Der Wattenscheider, 2006 Europameister über 10 000 Meter, versucht eine zweite Karriere als Marathonläufer. „Das ist eine neue Herausforderung“, sagt Fitschen, der sich gerade im Höhentrainingslager in Flag-staff/USA quält, „mit 33 ist es höchste Eisenbahn für mich.“
Für Pollmächer und Fitschen gibt es nur ein Ziel: Olympia 2012 in London. „Um den Traum verwirklichen zu können, muss ich die Norm knacken und unter 2:12 Stunden laufen“, erklärt Pollmächer, „das ist machbar.“ Der Chemnitzer strotzt vor Selbstbewusstsein. Er will nicht nur die Barriere von 2:10 Stunden durchbrechen, er hält sogar die Verbesserung des deutschen Rekordes (2:08:47) von Jörg Peter aus dem Jahr 1987 für möglich.
„Ich denke in anderen Dimensionen“, sagt Pollmächer, „die meisten deutschen Läufer sind zu engstirnig, schauen nicht über den Tellerrand hinaus. Sie sind nicht zu faul, aber sie können sich nicht vorstellen, 250 oder 300 Kilometer in der Woche zu laufen. Ich kann das.“ Zunächst muss der Rückkehrer das entstandene Defizit der einjährigen Pause aufholen. Ein Trainingslager in Portugal, ein Höhencamp in Südafrika, ein Halbmarathon im Frühjahr und dann das Marathon-Comeback im Herbst 2011: Diesen Plan hat er mit dem neuen Bundestrainer, dem früheren Weltklasse-Geher Ron Weigel, in Angriff genommen.
Pollmächer will sich der Weltspitze nähern, auch wenn er die besten Afrikaner für nicht schlagbar hält. Fitschen und Pollmächer haben in Kenia trainiert. Seitdem kennen sie ihre Grenzen. „Als wir mit zehn Leuten losrennen wollten, kamen noch 20 andere aus ihren Hütten und schlossen sich uns an. Das ist keine Fantasiegeschichte, so geht es in Kenia wirklich zu“, erzählt Fitschen, „28 stiegen bei dem mörderischen Intervallprogramm aus. Ich war der erste. Aber die zwei, die durchgehalten haben, werden 2012 ganz vorne sein.“ Pollmächer und Fitschen werden in London nicht gewinnen. Die Olympiateilnahme wäre schon ein großer Erfolg: Mittendrin und dabei.