Gelsenkirchen. .

Wie immer vor einem Kampf präsentiert sich Vitali Klitschko gemeinsam mit seinem Gegner, und wie immer vor einem Kampf entsteht ein Bild. Ein Bild, das den Bildern aus der Vergangenheit zum Verwechseln ähnlich ist.

Auf der einen Seite steht ein großer Mann, der Weltmeister, auf der anderen Seite ein kleiner. Dieses Bild ist natürlich trügerisch. Albert Sosnowski, der Europameister, der Klitschko am 29. Mai in der Schalker Arena den Gürtel abnehmen will, misst 1.90 Meter. Und seine Schulterbreite ist auch die eines Kampfstieres. Aber Vitali Klitschko ist eben noch zwölf Zentimeter größer. Er ist ein Menschenberg, der einen mächtigen Schatten wirft, und der 38-Jährige weiß, nur wer ihn bezwingt, darf sich ganz oben angekommen wähnen.

Im Glückauf-Club der Arena zählt Klitschko am Donnerstag klangvolle Namen auf, Namen derer, die sich vor ihm Weltmeister der WBC nennen durften. Muhammad Ali. Mike Tyson. Lennox Lewis. Er sagt: „Diesen Gürtel kann ich nur freiwillig abgeben.“ Er kündigt an: „Ich möchte noch einmal beweisen, dass ich der Stärkste auf der Welt bin.“

Es gehört zum Geschäft, rhetorische Hiebe auszuteilen. Und diesmal scheint es besonders wichtig, davon zu überzeugen, dass ein Gegner von Format in den Ring steigt. Sosnowski hat 48 Profikämpfe absolviert und davon 27 durch Knockout gewonnen. Einen Namen wie Donnerhall hat er nicht. Der 31-Jährige ist die kleine Lösung. Die große hätte ein ungewöhnliches Bild hinterlassen. Klitschko hätte sich neben Nikolai Walujew präsentiert, dem 2.13 Meter hohen Koloss, doch Don King, der Manager des Russen, wollte Vermarktungsrechte „für Nordamerika, für Südamerika, für Russland“.

Mehr Landstriche fallen Klitschkos Manager Bernd Bönte nicht ein, um Don Kings Gier nach einem weiteren Goldfischzug zu charakterisieren. Die Verhandlungen wurden ergebnislos beendet. Sosnowski dagegen gab sofort sein Ja-Wort: „Eine solche Chance“, erklärt er auf Schalke, „bekommt man nur einmal im Leben, und ich will diese Chance nutzen.“ Was ihn denn unterscheide von anderen Klitschko-Kontrahenten, die ihre Lebenschance nutzen wollten, arbeitet er ebenfalls heraus: „Es gibt viele, die boxen wie lebende Sandsäcke, dann können sie gleich in der Kabine bleiben. Mein Stil wird aggressiv sein.“

10000 Karten wurden innerhalb von zwei Tagen verkauft. Bevor Klitschko sich vor großer Kulisse dem kleinen Sosnowski widmen kann, reist er allerdings noch mit Trainer Fritz Sdunek ins stille Going nach Österreich, zur Vorbereitung. „Fritz“, sagt er, „kennt meinen Körper besser als meine Frau.“ Und wird ein bisschen rot dabei. Zum üblichen Bohei vor der Schlacht gehörte das wohl eher nicht.