Der erneute Zoff um die Schwimm-Anzüge lässt Freiwasserkönig Thomas Lurz zum Auftakt der EM in Ungarn am heutigen Mittwoch mit reichlich Wut in die Badewanne Balaton springen. "Man quält sich ein Jahr für die nächsten Großereignisse, und dann werden mal wieder kurzfristig die Regularien geändert. Das ist einfach Mist", sagt der 30 Jahre alte Würzburger ungehalten.

Grund für den Zorn von Lurz ist das Verbot der noch bis vor gut zwei Wochen erlaubten Anzüge für die Langstreckler. Getragen werden dürfen nun lediglich Anzüge ohne Reißverschlüsse. Darauf können jedoch nur wenige Konkurrenten wie der italienische Weltmeister Valerio Cleri zurückgreifen. Ein klarer Nachteil für Lurz, der am beliebten Ferienort Balatonfüred im wahrsten Sinn des Wortes halb nackt da steht.

"Wir haben versucht, die erlaubten Anzüge vom italienischen Hersteller zu bekommen. Man hat uns geantwortet, dass alle Exemplare vergriffen sind", sagt Lurz: "Dabei schreibt der Weltverband FINA eigentlich vor, dass die Anzüge für alle Athleten erhältlich sein müssen." Lurz wartet nun ungeduldig auf eine Lieferung des eigenen Ausrüsters, damit er im Plattensee zumindest in langen Hosen an den Start gehen kann. Bei der Pressekonferenz des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) am Dienstag stellte DSV-Sportdirektor Lutz Buschkow klar: "Das Ganze ist kein Verschulden unseres Ausrüsters."

"Gleitwirkung ist größer"

Im Gegensatz zu den Beckenschwimmern sind Anzüge aus Textil für die Langstreckler weiter erlaubt. "Die Gleitwirkung mit Anzug ist größer. Nur in Badehose ist man auf jeden Fall im Nachteil", sagt Lurz.

Trotz des Ärgers will der neunmalige Welt- und dreimalige Europameister gleich zum Auftakt am heutigen Mittwoch (10.00 Uhr) zu seinem dritten EM-Titel in Folge über die olympische 10-km-Distanz schwimmen. "Ich habe etwas gutzumachen. Platz sechs vor zwei Wochen bei der WM war nicht zufriedenstellend. Aber nach meinem WM-Titel über 5km bin ich wieder selbstbewusst", sagt der erfolgreichste Freiwasserschwimmer aller Zeiten.

Am Plattensee, wo Lurz bei der EM vor vier Jahren über 5 und 10km triumphierte, hat er ein Mammutprogramm vor sich. Neben den 10km geht er auch im Jagdrennen und Team-Wettbewerb über jeweils 5km sowie erstmals über 25km an den Start.

Reichert nur Außenseiterin

Am Dienstag absolvierte Lurz mit seinen Mannschaftskollegen noch einmal ein Abschlusstraining im Balaton. Die Wassertemperatur von 23 Grad liegt ihm im Gegensatz zum eiskalten See bei der WM vor zwei Wochen im kanadischen Roberval eher. "Die Bedingungen hier in Ungarn sind absolut in Ordnung", sagt Lurz, der auch die Goldspur für die am Montag in Budapest eingreifenden Beckenschwimmer um Doppel-Weltmeister Paul Biedermann legen soll.

Bei den Frauen gehört die Mainzerin Nadine Reichert am heutigen Mittwoch über 5km (16.00 Uhr) zu den Außenseiterinnen. Dort ruhen die Hoffnungen über 10 und 25km vor allem auf Angela Maurer. Vor vier Jahren hatte die 35-Jährige am Balaton nach einjähriger Babypause ein grandioses Comeback gefeiert und wie Lurz zweimal Gold gewonnen.

"Diese Erfolge habe ich natürlich im Kopf. Ich bin mit schönen Erinnerungen hier nach Ungarn gereist und möchte sie möglichst auffrischen", sagt Maurer: "Und die Probleme mit dem Anzug wie Thomas habe ich zum Glück nicht."