Berlin. Die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) hat Eisschnellläuferin Claudia Pechstein aus Kostengründen eine erste Absage für ihren Selbstversuch gegeben. Pechstein bleibt jedoch hartnäckig und sucht Sponsoren.
Eisschnellläuferin Claudia Pechstein will trotz der ersten Ablehnung durch die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) an dem sechswöchigen Selbstversuch zur Klärung ihrer schwankenden Blutwerte festhalten. Die hohen Kosten könnten kein Argument sein, das Quarantäne-ähnliche Experiment mit täglichen Doping-Kontrollen platzen zu lassen, hieß es aus dem Lager der gesperrten Athletin.
"Ich hoffe, dass da noch nicht das letzte Wort gesprochen ist", sagte Pechsteins Manager Ralf Grengel: "Der Anti-Doping-Kampf ist nicht nur dafür da, die Schuldigen zu überführen, sondern auch, um Unschuldige zu schützen." Unterstützung hatte die Seite der Olympiasiegerin vom Sportausschuss-Vorsitzenden Peter Danckert (SPD) erhalten, der von der NADA Hilfe für eine "Spitzensportlerin wie Claudia Pechstein" forderte.
NADA gibt sich zurückhaltend
Die NADA selbst gab sich Freitag weiter zurückhaltend. "Man weiß ja gar nicht, wie diese Quarantäne überhaupt aussehen soll. Eine Beobachtung rund um die Uhr können wir nicht leisten", sagte NADA-Sprecherin Ulrike Spitz. Ob die Kosten tatsächlich eine sechsstellige Summe ausmachen, wollte Spitz nicht bestätigen: "Damit haben wir uns noch nicht befasst. Wir haben ja bislang noch keine Anfrage von Frau Pechstein vorliegen."
Eine zusätzliche Finanzspritze des Bundes, der schon zu großen Teilen die NADA mit Geldern versorgt, wurde gestern in Berlin nicht in Aussicht gestellt. "Zunächst einmal gibt es für uns keinen neuen Sachstand. Über weitere Dinge wurde noch nicht gesprochen", sagte ein BMI-Sprecher. Sollte sich sich die öffentliche Hand an den Kosten nicht beteiligen, könnten womöglich private Sponsoren einspringen.
Einzigartiges Experiment soll Zweifel ausräumen
Das Pechstein-Lager hofft darauf, dass die sechswöchige Kontrollphase die Zweifel an Pechsteins Blutwerten beseitigt. Sollte nachgewiesen werden, dass die Retikulozyten-Werte auch unter normaler Trainingsbelastung über einen längeren Zeitraum weiter schwankend sind, könne der Weltverband ISU die Schwankungen nicht als Grundlage für eine Doping-Sperre heranziehen. Pechstein wurde wegen auffälliger Blutwerte am 1. Juli ohne Doping-Befund für zwei Jahre von der ISU gesperrt.
Wichtig sei es auch, dass das bislang einzigartige Experiment im Sommer durchgeführt werde, so Grengel. 87 der 95 Kontrollen, die von Pechstein in den Jahren 2000 bis 2009 vom Weltverband genommen wurden, stammen aus dem Zeitraum von November bis März. Könne man beweisen, dass die Schwankungen auch im Sommer auftauchen, könnte das Rauf und Runter der Werte für die ISU kein Indiz für Doping sein. Grengel: "Wir sind der Meinung, dass die Ausschläge durch einen persönlich erhöhten, aber keineswegs krankhaften Blutwert entstehen."
Auch die Kritik von Dopingexperte Joachim Franke wies Grengel zurück. Franke hatte erklärt, dass Pechsteins Blutwerte auffälligerweise immer vor Großereignissen in die Höhe schnellten. Das sei Blödsinn, so Grengel: "Die ISU-Protokolle zeigen, dass die Werte nur zweimal bei Großereignissen, nämlich bei der Mehrkampf-WM in Hamar im Februar und bei der Einzelstrecken-WM 2008 in Nagano, bei der Claudia erstmals keine Einzelmedaille gewann, erhöht waren. Ansonsten sind Anstiege während der Wettkämpfe nur zu Weltcups und nicht zu Großereignissen wie WM, EM oder Olympia zu erkennen."