Berlin. Nach ihrer Sperre wegen Blutdopings will Claudia Pechstein auf einer Pressekonferenz heute Vormittag (ab 11 Uhr, live bei N24) neue Fakten präsentieren. "Es gibt immer eine zweite Seite der Medaille", teilte die Eisschnellläuferin auf ihrer Internetseite mit.
Aufklärung oder noch mehr Fragezeichen? Im Saal "Femina" des Berliner Hotels Ellington werden Claudia Pechstein nicht ihr weiblicher Charme, sondern nur neue und harte Fakten helfen. Diese will die vom Weltverband ISU wegen Blutdopings für zwei Jahre gesperrte Eisschnelllauf-Olympiasiegerin auf der mit Spannung erwarteten Pressekonferenz am Donnerstag präsentieren, doch Experten sind skeptisch. Einzig mit dem Nachweis einer Krankheit oder Blutanomalie könnte die 37-Jährige den Vorwurf wirklich entkräften.
Neben Pechstein und ihrem Rechtsanwalt Simon Bergmann sowie Manager Ralf Grengel sollen auch zwei Experten vertreten sein, die offensichtlich die neuen Erkenntnisse des Pechstein-Lagers bewerten werden. Mehr Details wurden bislang nicht bekannt.
Pechstein, die sich nach einer beispiellosen Medienoffensive nach Bekanntwerden der Sperre am 3. Juli aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat, deutete auf ihrer Internetseite lediglich an: "Es gibt immer eine zweite Seite der Medaille. Und die werde ich ausführlich auf meiner Pressekonferenz vorstellen."
Weltverband sollen Fehler unterlaufen sein
Möglicherweise wird Pechstein, die Doping vehement bestreitet, auch auf Verfahrensfehler hinweisen. So berichtete die Sport Bild, dass dem Weltverband bei der Protokollierung der Messwerte in der Vergangenheit Fehler unterlaufen sein sollen. Demnach hätte es bei drei Tests vom 4. bis 6. Februar 2000 in Milwaukee Unterschiede bei den festgehaltenen Retikulozyten-Werten im Protokoll des Labors und der ISU-Tabelle gegeben.
In der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) stößt die Pressekonfernez derweil auf Kritik. "Ich bezweifle, dass es ratsam ist, bereits im Vorfeld der Verhandlungen quasi einen Gerichtstermin in der Öffentlichkeit abzuhalten. Es wäre meiner Meinung nach besser gewesen, wenn sie auf gut Deutsch gesagt die Füße stillhalten würde", sagt DESG-Präsident Gerd Heinze. Auf lange Sicht müsse Pechstein eh den Nachweis einer Blutanomalie bringen, meint Heinze: "Wenn man nur auf Verfahrensfehler pocht, bleibt der Stallgeruch des Dopings hängen."
Die DESG hatte gemeinsam mit Pechstein vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS gegen das Urteil Einspruch eingelegt, der auch eine Aussetzung der Strafe bis zur endgültigen Klärung beinhaltet. Zurzeit darf die mit fünfmal Gold erfolgreichste deutsche Winter-Olympionikin aufgrund der Sperre nicht an Trainingsmaßnahmen des Verbandes teilnehmen.
Überhöhter Retikulozyten-Wert in 14 Kontrollen
Bei der ISU sieht man der Pressekonferenz gelassen entgegen. "Ich bin sehr neugierig, erwarte aber keine wirklichen Neuigkeiten. Alles andere würde mich überraschen", sagte ISU-Mediziner Harm Kuipers.
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Der Weltverband hatte Pechstein als erste Sportlerin weltweit entsprechend des modifizierten Codes der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) nur anhand von Indizien ohne positiven Dopingbefund verurteilt. In 14 von 95 Kontrollen seit dem Jahr 2000 wurde ein überhöhter Retikulozyten-Wert festgestellt. Der zulässige Grenzwert liegt bei 2,4 Prozent. Retikulozyten sind die Vorstufe zu roten Blutkörperchen. Es gibt aber auch Experten, die diese Kontroll-Ergebnisse nicht zwingend als Doping-Indiz ansehen.
Pechstein will sich in der Öffentlichkeit auch präsentieren, um Druck zu erzeugen, damit zumindest ihr Eilantrag schnellstmöglich behandelt wird. Denn ohne Training unter professionellen Bedingungen rückt ihr Ziel Olympia 2010 in Vancouver in weite Ferne.