Doha. Fifa-Präsident Gianni Infantino bezeichnet die WM in Katar als “die Beste aller Zeiten“. Und er könnte den Weltverband sogar bis 2031 regieren.

Das Gemurmel wurde langsam immer lauter, Stirnrunzeln, Schulterzucken. Eigentlich hatte sich Gianni Infantino zur Mittagessenszeit angekündigt, aber der Präsident des Weltfußballverbandes ließ auf sich warten. Dabei drängelten sich Journalisten und Journalistinnen im Medienzentrum von Doha, bei seiner Eröffnungspressekonferenz vor der Weltmeisterschaft 2022 hatte der 52-Jährige den Westen angegriffen. Wie würde er diesmal reagieren, wollten alle wissen.

Erst der Rat, dann die Medien

Erst mit einer Stunde Verspätung erschien Infantino am Freitag, das Treffen des Fifa-Rates, des wichtigsten Entscheidungsgremiums, habe ihn aufgehalten, sagte der Schweizer. Nun aber wollte er Bilanz ziehen zum Ende dieser umstrittenen WM in Katar und Beschlüsse des Rates verkünden.

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Das Licht der Scheinwerfer glänzte auf seinem Kopf ohne Haare, die Augen kniff Infantino beim Sprechen manchmal so zusammen, als würde ihn die Sonne blenden. Er kann putzig wirken, doch natürlich darf man nicht verkennen, dass dieser Mächtige des Fußballs bereit ist, sein Gewissen weit hinten anzustellen, um den eigenen Status zu untermauern.

Die WM 2022 sei die beste aller Zeiten gewesen, meinte Infantino erwartungsgemäß. Knapp zwei Millionen Menschen seien nach Katar gereist, die meisten aus Saudi-Arabien, Indien, den USA, Großbritannien und Mexiko. Viele hätten eine Welt kennengelernt, die sie zuvor nicht gekannt hätten. „Das, was hier im Nahen Osten erreicht wurde, ist etwas Einzigartiges.“

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Interessanter waren andere Aussagen, die verdeutlichen, warum sich Infantino seiner Macht sicher sein kann. So verkündete er, dass der Vierjahreszyklus der Katar-WM bis Ende dieses Jahres mit einem Umsatz in Höhe von etwa sieben Milliarden Euro abgeschlossen werde, fast eine Milliarde mehr als erwartet. Im kommenden Zyklus bis Ende 2026 sollen diese Einnahmen auf über zehn Milliarden Euro gesteigert werden. Ein Großteil davon fließt zurück in die 211 Mitgliedsverbände, auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) profitiert davon.

Dies zeigt erstens, dass die Fifa unter Infantino wirtschaftlich wächst. Und zweitens, dass der Weltverband derzeit keine finanziellen Probleme (im Gegenteil) verspürt, nur weil in Europa und im Speziellen in Deutschland die Abneigung gegenüber dem Profifußball steigt. Sponsoren werden ohnehin nicht mehr zuerst in der westlichen Welt gesucht und gefunden. Ansonsten lautet der Plan: mehr, mehr, mehr.

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Die nächste Klub-Weltmeisterschaft der Männer wird in anderthalb Monaten in Marokko stattfinden. Bis 2025 soll das bisherige Mini-Turnier erstmals von 7 auf 32 Teams ausgeweitet werden. Das Länderspielfenster im März soll zukünftig alle zwei Jahre für die neue „World Series“ der Fifa genutzt werden, ein Mini-Turnier mit Mannschaften von unterschiedlichen Kontinenten.

WM 2026 wird erstmals mit 48 Nationen ausgetragen

Und die WM 2026 in den USA, in Mexiko und in Kanada wird bekanntlich erstmals mit 48 Nationen ausgetragen, vor allem deswegen erwartet die Fifa, die Einnahmen zu steigern. Infantino merkte an, dass der Modus von 16 Dreiergruppen auf zwölf Vierergruppen verändert werden könnte. Klar ist: Der Weltverband möchte den Markt in den Vereinigten Staaten erobern.

Deswegen wird sich Infantino bis 2026 von einer anderen Seite zeigen müssen, in Katar stellte er sich demonstrativ vor die Ausrichter, er warf Europa eine „Doppelmoral“ aufgrund der Debatte über die Menschenrechte in dem Emirat vor. In den USA und Kanada werden aber ähnliche Themen von den Gastgebern und Sponsoren selbst auf die Tagesordnung gebracht werden, schwer vorstellbar, dass dann ein Zeichen wie die „One Love“-Binde verboten werden würde.

Den Ärger um das Stück Stoff begründete Gianni Infantino mit den bestehenden Regeln, die eingehalten werden müssten. Die deutsche Nationalmannschaft hatte wie sechs weitere europäische Nationen die für Vielfalt und Toleranz stehende Kapitänsbinde in Katar tragen wollen, nach Androhung von Sanktionen durch die Fifa kurzfristig aber verzichtet. Das Verhältnis des DFB zu Infantino ist zwiespältig. Der größte Nationalverband hatte öffentlichkeitswirksam verkündet, Infantino für die Nominierung zur Präsidentenwahl im März keine Stimme gegeben zu haben. Andererseits braucht der DFB ihn, um die Frauen-WM 2027 wie erhofft nach Deutschland, Belgien und in die Niederlande zu holen.

Drei Amtsperioden sind für Infantino möglich

Fast nebenbei erzählte Gianni Infantino, dass der Rat der Fifa klargestellt habe, dass er sich in seiner ersten Amtszeit von möglichen drei Perioden befinde. Von Anfang 2016 bis Sommer 2019 hatte Infantino die Präsidentschaft des zurückgetretenen Joseph Blatter übernommen, diese Jahre werden jetzt nicht als Amtszeit gewertet. 2023 hat Infantino bei der Wahl keinen Gegenkandidaten, 2027 kann er durch diesen Beschluss nun noch mal bis 2031 gewählt werden. Die WM in Katar hat seiner Macht nicht geschadet. Im Gegenteil.