Doha. Die Niederlande fordern im Viertelfinale Argentinien heraus. Ex-Bundesliga-Trainer Manuel Baum analysiert für uns die Partie.

Das Duell der beiden Schwergewichte Niederlande und Argentinien heute (20 Uhr/ZDF) ist ein echter WM-Klassiker, schon fünfmal standen sich beide Teams auf der WM-Bühne gegenüber. Das letzte Aufeinandertreffen ist Bondscoach Louis van Gaal noch in unschöner Erinnerung, beendeten die Südamerikaner doch bei der WM 2014 im Halbfinale durch einen Sieg im Elfmeterschießen die Oranje-Träume vom Titel. Bitter war für die Niederländer auch die Final-Pleite gegen Argentinien 1978.

Manuel Baum, ehemaliger Bundestrainer beim FC Augsburg und Schalke 04, erklärt in seiner WM-Spielanalyse "Tiefenlauf", worauf es für beide Teams ankommen wird und wagt eine Prognose. Der 43-jährige Baum ist während der WM 2022 für Magenta TV als Analyst und Kommentator aktiv. Magenta TV zeigt alle WM-Spiele live, 16 davon exklusiv.

Niederlande im Taktikcheck von Manuel Baum

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Die Niederlande begannen mit Ball in der Grundord[1]nung 3-4-1-2 mit einer breit stehenden 3er-Kette im Spielaufbau und wurden hoch von den USA angelau[1]fen. Wenn sie es schafften, sich aus dem Druck der anlaufenden Stürmer zu lösen, ging es sehr schnell im Spiel durch das Mittelfeld und so fiel auch das 1:0 durch Depay (10.) nach sechs direkt gespielten Statio[1]nen. Auch das 2:0 entstand nach dem Muster Einwurf[1]direkte Kombinationen-Abschluß aus dem Rückraum. Die Bedeutung der beiden Schienenspieler Blind und Dumfries zeigt sich im gesamten offensiven Spiel, in[1]dem Dumfries sehr hochschiebt und für Hereingaben und Nachrücken in die Box (drittes Tor) sehr gefährlich ist und Blind aus dem Rückraum kommt oder flankt. Gegen den Ball lenkten die Stürmer ins Zentrum, um Ballgewinne in der Mitte zu erzeugen und schnell um[1]zuschalten (61% der Angriffe). Bei Balleroberungen steht Oranje dann aber tief in der eigenen Hälfte, so dass der Weg zum gegnerischen Tor lang ist. Hier wa[1]ren sie zeitweise nicht konsequent genug im Durch[1]spielen der guten Kontermöglichkeiten, so dass das Spiel noch bis zum 3:1 (81. Dumfries) offenblieb.

Argentinien im Taktikcheck von Manuel Baum

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Das erwartet schwere Spiel gegen Australien konnte Argentinien mit 2:1 gewinnen. Mit dem Ball im 4-1-2-3 gegen den 4-4-2 Riegel der sehr hoch stehenden Australier, tat sich Argentinien schwer eine Lücke zu fin[1]den und wurde bei Ballverlusten sofort mit langen Bäl[1]len der Australier überspielt. Dadurch, dass Australien das Zentrum geschlossen hielt, brauchte es einen Messi Moment für das 1:0, wo es Australien einmal nicht schaffte zu blocken.

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Dadurch, das Australien die technischen Defizite mit Laufleistung und Kampfkrampf kompensierte, hatte Ar[1]gentinien wenig Ideen aus dem Spiel heraus und musste ungewöhnlicherweise auch körperlich viel ein[1]stecken. Durch den individuellen Patzer vom australi[1]schen Torwart Ryan fiel das vorentscheidende 2:0 und Argentinien stellte daraufhin auf die kompaktere 3er[1]Kette um. Auffällig ist die spielerische Abhängigkeit in der Offensive von Messi (67% erfolgreiche Aktionen), neben dem nur noch der eingewechselte Martínez mit Torabschlüssen auffiel. Zum Ende der Partie zeigte Ar[1]gentinien noch einen fahrlässigen Umgang mit Konter[1]chancen.

Niederlande gegen Argentinien: So könnte das Spiel laufen

Manuel Baum ist bei der WM 2022 in Katar als Experte für Magenta TV im Einsatz.
Manuel Baum ist bei der WM 2022 in Katar als Experte für Magenta TV im Einsatz. © AFP

Die Niederlande sind ins Rollen gekommen und haben mit ihrem System Erfolg, den Schienenspieler Dumfries hoch[1]zuziehen. Die offensiven seitlichen Hereingaben waren bisher meist flach und in den Rückraum und Oranje hätte mit der Hereinnahme eines klaren 9ers wie Weghorst einen Zielspieler mit Größenvorteil. Dahinter wäre Platz für Gakpo in den Halbräumen für Abschlüsse aus der zweiten Reihe mit seiner besonderen Schusstechnik. Coach van Gaal muss sich entscheiden, ob er Messi mannorientiert oder im Raum durch herausstechende Kettenspieler verteidigt.

Argentinien könnte die Räume hinter den niederländischen Schienenspielern nutzen, um in Umschaltmomente auf den Außenbahnen zu kommen. Hier wird besonders Dumfries in den Angriffen gebremst und mehr in die Defensive gezwungen. Die Achse di María und Messi könnte versuchen, die mangelnde Geschwindigkeit von Blind auszunut[1]zen und die Seite zu überladen. Dadurch muss die Kette durchschieben und es könnten Räume auf der ballfernen Seite z.B. für Martínez frei werden.

Niederlande gegen Argentinien: So tippt Manuel Baum

Wahrscheinlich nach 90. Minuten ausgeglichen. Verlängerung!

Die WM-Analysen von Manuel Baum finden Sie auch hier bei Youtube.