Essen. Auch einige Menschen in Saqqez, dem Geburtsort von Jina Mahsa Amini, feiern das Ausscheiden der iranischen Nationalmannschaft gegen die USA.

Als der Schlusspfiff des politisch aufgeladenen Spiels ertönte, fielen sie alle zu Boden: Die Amerikaner vor Erschöpfung, die Iraner vor Enttäuschung. Die Sieger erhoben sich allerdings schnell, gingen auf die weinenden Verlierer zu und spendeten ihnen Trost. Und der war auch bitter nötig, nachdem die USA der Fußball-Nationalmannschaft des Iran den erstmaligen Einzug in die K.o.-Runde bei einer WM verwehrt hatte.

Begleitet von den schweren Unruhen im eigenen Land verspielte „Team Melli“ seine gute Ausgangsposition in der Gruppe B und verlor das brisante „Endspiel“ um den Einzug ins Achtelfinale durch einen Treffer von Christian Pulisic (38.) mit 0:1 (0:1).

Jubel-Videos aus dem Iran

Nach dem Schlusspfiff in Doha wurde allerdings nicht nur in den USA gejubelt. Wie einige Aufnahmen in den Sozialen Medien zeigen, wurde nach dem Ausscheiden wohl auch im Iran gefeiert.

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Natalie Amiri, Iran-Korrespondentin der ARD, postete ein Video, in dem explodierende Feuerwerkskörper zu sehen und Jubelrufe zu hören sind. Dazu schrieb sie: "Iranisches WM-Nationalteam wird als Regime nah gesehen. Bei Tor der USA schreien Menschen in der kurdischen Stadt Sanandaj vor Freude. Menschen im Iran sind verärgert, dass Fußballer Nationalhymne singen u nicht aus Protest schweigen. Aber: Wurden von Regime eingeschüchtert."

Auch in Teheran soll nach dem Sieg gefeiert worden sein. Das zeigen andere Videos auf Twitter. In einem Video sind ebenfalls Jubelrufe zu hören. Amiri schrieb dazu: "Sie rufen: USA, USA…und feiern den Sieg über das iranische Team das nicht ihres ist, sondern das des Regimes." Das Nationalteam sei zwischen die Fronten von Regime und Bevölkerung geraten.

In Saqqez wurde wohl ebenfalls gefeiert. Es ist die Geburtsstadt von Jina Mahsa Amini, der jungen Frau aus der Provinz Kurdistan, die während ihrer Inhaftierung in Teheran gestorben war, nachdem sie zuvor von der iranischen Sittenpolizei festgenommen worden war, weil sie den Hidschāb in der Öffentlichkeit nicht korrekt getragen habe. Ihr Tod hatte die Proteste ausgelöst. Ein kurdischer Journalist postete ein Video mit Feuerwerkskörpern, die unter Jubel im Nachthimmel von Saqqez explodieren.

Auch Autokoros sind in geposteten Videos zu sehen. Journalistin Düzen Tekkal schrieb dazu: "Sie jubeln! Das Ammenmärchen von der Fußballsport sei unpolitisch. Hier die aktuellen Bilder Feierbilder aus Saqqez der Geburtsstadt der getöteten Jina Masha Amini auf den Sieg der USA über die iranische Nationalmannschaft beim Worldcup."

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Warum gerade am Spieltag so viele Protest-Videos im Internet auftauchen, erklärt Tekkal so: "Weil das Regime für den Worldcup Qatar 2022 die Drosselung des Internets extrem zurückgefahren hat."

Gefeiert wurde nach der Niederlage des iranischen Nationalteams derweil augenscheinlich auch auf den Straßen von Sine. An belebten Plätzen riefen Menschen in der Nacht zu Mittwoch etwa: „War wohl nichts mit Eurem Nationalteam“. Sie spielten damit auf die hohen politischen und sportlichen Erwartungen an das Team an. Aufnahmen zeigen hüpfende, tanzende, jubelnde Menschen, die sich über der Sieg der USA freuen. In den Sozialen Medien wurden auch Videos verbreitet, in denen Slogans von Balkonen zu hören waren. Menschen riefen darin „Tod dem Diktator“ - eine Anspielung auf das geistliche Oberhaupt Ajatollah Ali Chamenei.

Nicht nur im Iran wurde wieder protestiert, auch im Stadion in Doha zeigten iranische Fans ihre Verbundenheit mit Amini, trugen beispielsweise Trikots mit ihrem Namen-Schriftzug. (nal)