Herzogenaurach. Die deutsche Nationalmannschaft will in Ungarn endlich den ersten Nations-League-Sieg. Sie erwartet eine aufgeheizte Atmosphäre.

Ganz kurz ertönt am Freitagmittag ein Alarm im Quartier der Nationalmannschaft in Herzogenaurach. Ein, zwei, drei Schrille Töne, dann ist es auch schon wieder vorbei. Von Alarmstimmung ist man im deutschen Lager also weit entfernt, auch inhaltlich. Dabei gibt es durchaus Dinge, die Bundestrainer Hansi Flick umtreiben, vor allem die Belastung seiner Profis durch die vier Nations-League-Partien, von denen nun die dritte gegen Ungarn in Budapest ansteht (Samstag, 20.45 Uhr/RTL).

„Vier Spiele sind einfach zu viel nach einer so langen Saison“, meint Flick und erinnert daran, dass sich der Fußball seit zwei Jahren in einer Art Ausnahmezustand bewegt: „Wir hatten eine Pandemie und danach sehr viele englische Wochen. Jetzt kommt dann wieder eine kurze Sommerpause und dann werden die Spieler bis zur Weltmeisterschaft fast durchgängig alle drei Tage gefordert.“

Ziel ist auch die Nations-League-Endrunde

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Aber hilft ja nichts, die Spiele sind terminiert und müssen gespielt werden – findet auch Thomas Müller: „Wenn ich jetzt im Urlaub wäre, würde ich auch nicht sagen: Pfui Teufel“, erklärt der. Aber man habe ja gewusst, was auf einen zukommt, man habe sich gefreut auf die Spiele und freue sich immer noch. „Für uns ist jetzt dringend notwendig, dass wir die angepeilten sechs Punkte aus den nächsten beiden Spielen holen, dann fahre ich super zufrieden in den Urlaub“, sagt Müller.

Nach zwei 1:1-Unentschieden zum Auftakt gegen England und Italien soll endlich der erste Sieg her, weil das erstens gut fürs Gefühl wäre und die Verantwortlichen zweitens durchaus Gefallen daran hätten, im kommenden Jahr die Nations-League-Endrunde zu bestreiten. Dann hätte man wenigstens zwei Pflichtspiele gegen hochkarätige Gegner. Als Gastgeber der Europameisterschaft 2024 stehen sonst nur Freundschaftsspiele auf dem Programm.

Nun zählt nichts anderes als ein Sieg

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Es ist also Druck da gegen Ungarn, ein kleines bisschen zumindest, was allerdings im deutschen Lager niemanden stört. Druck wird es ja auch bei der Weltmeisterschaft in Katar geben, da schadet ein erster Vorgeschmack auf deutlich geringerem Niveau nicht. Gegen den schwächsten Gruppengegner zählt nichts anderes als ein Sieg – aber genau diese Konstellation findet Flick gefährlich: „Nach England ist das das schwerste Spiel, das man haben kann“, sagt er. „Sie spielen sehr kompakt und lassen kaum Räume – da müssen wir an die Leistung gegen England anknüpfen und jeder muss bei 100 Prozent sein.“

Neben dem Gegner dürften auch die Zuschauer darauf aus sein, es der deutschen Mannschaft möglichst unangenehm zu machen, das EM-Spiel aus dem vergangenen Sommer ist nicht vergessen: Nachdem aus dem ungarischen Block immer wieder homophobe Gesänge gekommen waren, streckte Leon Goretzka dem schwarzgekleideten Mob im Torjubel die zum Herzen geformte Hand entgegen – was dort nicht sonderlich gut ankam und nun für aufgeheizte Stimmung in der mit 67.000 Zuschauern ausverkauften Puskas-Arena sorgen wird. Anders als die Engländer, die vor dem Spiel in Ungarn auf die Knie gingen und dafür ausgepfiffen wurden, wird die deutsche Mannschaft auf Gesten gegen Rassismus oder Homophobie verzichten – ansonsten sei das Drumherum „Null Thema“, sagt Flick. „Jeder einzelne Spieler hat schon so viele Spiele gemacht, wo die Stimmung im Stadion aufgeheizt war. Das muss man auf diesem Niveau aushalten.“

Wer das auf dem Platz wird aushalten müssen, lässt der Bundestrainer weitgehend offen. „Manuel Neuer wird spielen, wir werden keine Änderung im Tor machen“ – mehr verrät Flick nicht. Es schlagen zwei Herzen in der Brust des Bundestrainers: Einerseits will er möglichst vielen Spielern eine Einsatzchance geben und die Belastung etwas verteilen, andererseits schätzt er eine eingespielte Mannschaft und gewonnene Fußballspiele. Serge Gnabry könnte wegen Wadenproblemen ausfallen, aber auch das sorgt nicht für Alarmstimmung – Alternativen sind reichlich vorhanden.