Marbella. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft schließt ihr spezielles Trainingslager in Marbella ab. Das Flick-Team sieht sich gerüstet.

Es lassen sich einige Begebenheiten aufzählen, die verdeutlichen, dass der Aufenthalt in Marbella ein ungewöhnlicher war.

Benjamin Henrichs, Linksverteidiger von RB Leipzig, berichtete an einem Tag, wie er am Morgen mit seiner Freundin gefrühstückt habe. Neben ihm habe Nico Schlotterbeck mit seiner Partnerin gesessen, daneben David Raum mit weiblicher Begleitung. „Das kennt man so nicht.“

Nationalmannschaft: Spezieller Weg von Hansi Flick

Auf dem Gelände des deutschen Hotels, auf einem Berg gelegen, wartete eine rot-blaue Hüpfburg. Nicht für die Nationalspieler, sondern für deren Söhne und Töchter, die die Profis begleiten durften.

Beim Training kreischten plötzlich auch die Spieler wie Kinder, als sie beim Aufwärmen großen grünen Plastikbällen ausweichen mussten, mit denen die Kollegen versuchten, sie abzuschießen.

Hansi Flick hat sich nach einer langen Saison für einen speziellen Weg entschieden, um diese Länderspielphase zu beginnen. Die nominierten 26 Nationalspieler sollten schon in dieser Woche nach Spanien reisen, dafür durften sie Arbeit und Erholung verbinden. „Das war eine runde Sache und die richtige Maßnahme. Es war wichtig, dass wir hier waren“, meinte der Bundestrainer nun am Ende dieses Aufenthaltes.

Am Montag beginnt in Herzogenaurach die intensive Vorbereitung auf die vier Spiele in der Nations League gegen Italien (4. und 14. Juni), England (7. Juni) und Ungarn (11. Juni). „Das wird der Gradmesser, wie Fußball-Deutschland, wir Spieler und der ganze DFB sich in den nächsten Monaten fühlen werden“, sagte Thomas Müller.

In Spanien ging es vor allem darum, den Fitnesszustand der Spieler, die sich nach der Saison bereits ein wenig ausruhen konnten, wieder anzuheben. Leroy Sané etwa musste nach einer Einheit zusätzlich über den Platz sprinten, Niklas Süle ebenfalls. Für andere wie Kai Havertz (FC Chelsea) oder Ilkay Gündogan (Manchester City) stand im Vordergrund, sich von den Strapazen zu erholen, weil sie am Wochenende zuvor noch am letzten Spieltag in der Premier League auf dem Platz gestanden hatten. Gündogan hatte dabei in Manchester sogar durch zwei Tore maßgeblichen Anteil am dramatischen Gewinn der Meisterschaft.

Die Tage in Marbella seien ein seriöser Übergang gewesen, sagte Flick. In den Einheiten am Vormittag sei die Intensität sehr hoch gewesen. „Der Fokus ist da, es fehlt aber noch an der Feinabstimmung.“ Ähnlich beurteilte DFB-Direktor Oliver Bierhoff die Reise. Am Freitag suchte er sich einen Platz im Schatten, während die Spieler noch auf dem Rasen schwitzen, und berichtete: „Es war eine äußerst positive Zeit, wir sind weiter zusammenwachsen.“

Erst nach den Nations-League-Spielen wird man allerdings den Leistungsstand der Mannschaft erahnen können. Die vier Begegnungen, die in wenigen Tagen aufeinanderfolgen, simulieren ein kleines Turnier. Trotzdem ließ sich in Marbella bereits beobachten, dass Hansi Flick in der Innenverteidigung auf Süle und Antonio Rüdiger setzen wird. Dass sich Spieler wie Anton Stach und Karim Adeyemi erst an das hohe Niveau gewöhnen müssen. Dass Flick den schwächelnden Sané versucht, durch Gespräche zu tätscheln. Dass Rückkehrer Joshua Kimmich nach der Aufregung um seinen Impfstatus weiter vorhat, diese Nationalelf zu seiner zu machen. Und dass die Überzeugung wächst, in kommenden Winter bei der Weltmeisterschaft in Katar Besonderes erreichen zu können.

Auch interessant

„Wir haben große Ziele dieses Jahr, die WM steht an“, meinte Oliver Bierhoff. Wenn Deutschland bei der Nations League überzeuge, „dann hast du auch im November das Gefühl, wir können absolut etwas reißen“, sagte Thomas Müller. „Wir wollen uns da ein Sieger-Selbstvertrauen aufbauen.“ Die letzten beiden Turniere seien enttäuschend verlaufen. „Daher sind der Hunger und die Vorfreude da, weil wir wieder die Möglichkeit bekommen, uns ins Rampenlicht zu spielen und für eine positive Fußball-Stimmung in Deutschland zu sorgen.“

Nationalmannschaft: Müller und Musiala spielen Golf

Im Gesicht von Thomas Müller zeichnete sich, als er seine Worte formulierte, auf der Stirn ein leichter Streifen ab. Weil der 32-Jährige die freie Zeit, wie das bei ihm so üblich ist, auf dem benachbarten Golfplatz verbracht und dabei eine Kappe getragen hatte. Im Internet tauchte allerdings auch in Video auf, das Jamal Musiala mit einem Golfschläger in den Händen zeigte. Erst trifft er den kleinen Ball nicht, dann verunglückt sein Schlag. Bislang scheint der 19-Jährige keine Erfahrung beim Golfen gesammelt zu haben, doch bei diesem ungewöhnlichen Aufenthalt musste er sich irgendwie die Nachmittage vertreiben.