Dortmund. Michael Zorc, Rekordspieler und Sportdirektor von Borussia Dortmund, hört zum Saisonende auf. Im Ruhestand will er für alles offen sein.

Michael Zorc ist ein Ur-Borusse. Geboren 1962 in Dortmund, spielte er von 1978 bis 1998 für den BVB. 2005 übernahm er den Posten des Sportdirektors, nach dieser Saison ist jedoch Schluss. Der 59-Jährige spricht im zweiten Teil unseres Interviews über seine Karriere und den nahenden Ruhestand.

Einen Michael Zorc, der sein Leben lang bei einem Verein geblieben ist, wird es unter den aktuellen Spielern vermutlich nie wieder geben.

Michael Zorc: Bei mir ist es ja auch eine besondere Situation, dass ich nach meiner Karriere in die sportliche Leitung gehen konnte. Wäre ich Trainer geworden, hätte ich nicht ewig bleiben können. Aber das war mir auch bewusst: Weil ich mich in Dortmund immer wohlgefühlt habe und hierbleiben wollte, habe ich diesen Karriereweg eingeschlagen.

Gab es zu Ihrer Spielerzeit Angebote, bei denen Sie fast schwach geworden wären?

Es gab in der Endphase das eine oder andere Angebot, und ich habe auch darüber nachgedacht, wenn ich mal nicht gespielt habe, ich war bis ins höhere Alter sehr ehrgeizig. Aber weil wir in den letzten Jahren meiner Karriere die größten Erfolge gefeiert haben mit zwei Meisterschaften und dem Champions-League-Sieg, war es dann doch die richtige Entscheidung, geblieben zu sein.

Und als Sportchef? Gab es da Angebote?

Ja, auch.

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Haben Sie dabei zumindest mal gezuckt?

Nein. Das ist hier über so viele Jahre mein Verein, und ich hatte immer das Gefühl, dass es noch etwas zu entwickeln gab.

Hat Sie das Ausland nie gereizt?

Ich bin ein Ruhrpottjunge, ich habe Mitte der 70er-Jahre zum ersten Mal auf der Südtribüne gestanden. Und dann ist doch schon ein Traum in Erfüllung gegangen, wenn du für diesen Klub spielen durftest und später im sportlichen Bereich die Geschicke maßgeblich mitbeeinflussen konntest. So ganz viel Attraktiveres habe ich in der Zeitung unter ,Offene Stellen‘ dann doch nicht gefunden. (lacht) Meine Arbeit hier hat mich immer komplett ausgefüllt. Und jetzt habe ich das Gefühl, dass es mal gut ist. Ich bin da total mit mir im Reinen. Auch, weil das Ende selbstbestimmt ist.

Gab es besonders schöne Zeiten?

Als Spieler fällt mir zuerst der Pokalsieg von 1989 ein. Der war so ursprünglich, das war der erste Titel seit 23 Jahren, der hat eine Explosion in Dortmund ausgelöst. Und dann die beiden Meisterschaften 1995 und 1996. Die erste war spektakulär, die zweite eine großartige Bestätigung. Und als Sportdirektor ist es kein Geheimnis, dass die Zeit mit Jürgen Klopp als Trainer für uns alle berauschend und prägend war. Ohne dass wir übrigens je einen Trainer an ihm gemessen hätten. Auch so ein Märchen, das so oft in der Zeitung stand, dass es viele Menschen glauben.

Und die schlimmsten Jahre? Waren das 2004 und 2005, als der Verein kurz vor der Insolvenz stand und Existenzängste spürbar waren?

Ja, natürlich. Das war eine extrem belastende Zeit. Die Zeit danach mit der Restrukturierung war auch nicht ganz einfach, weil das Stadion immer noch voll war, die Erwartungshaltung nur sukzessive zurückging, wir aber gar nicht mehr die wirtschaftlichen Mittel halten, um dieser Erwartungshaltung gerecht zu werden. Wir hatten die Aufgabe, innerhalb von anderthalb Jahren das Gehaltsbudget zu halbieren. Aber wir haben diese anstrengende Zeit mit relativ wenigen Schrammen überstanden. Andere sind unter vergleichbaren Umständen abgestiegen. Teilweise mehrfach.

Im Gespräch: BVB-Sportdirektor Michael Zorc (r.) und Peter Müller, Chef von Funke Sport.
Im Gespräch: BVB-Sportdirektor Michael Zorc (r.) und Peter Müller, Chef von Funke Sport. © Funke Foto Services | Bernd Thissen

Offensichtlich gehören Sie nicht zu denen, die nicht loslassen können. Warum reicht es denn gerade jetzt?

Das ist ein Gefühl, das sich entwickelt hat. Es hat etwas damit zu tun, dass ich den Job jetzt schon extrem lange mache. Ich will nicht mit Mitte 60 noch auf der Bank sitzen.

Wie dürfen wir uns denn Michael Zorc im Ruhestand vorstellen?

Das weiß ich selbst noch nicht. Spaßeshalber sage ich immer: Der Plan ist, dass ich keinen habe. Ich lasse das wirklich alles auf mich zukommen. Die erste Zeit ohne den Rahmenterminkalender. Die Wochenenden, die eine andere Bedeutung bekommen. Die Familie, die sich darauf freuen kann, dass ich dann nach Niederlagen nicht mehr ganz so sehr leiden werde. Ich bin für alles offen. Und in der Zukunft schaue ich mir die Spiele auch mal meckernd von der Tribüne aus an. (lacht)