Wattenscheid. Tatjana Pinto schwärmt nach ihrem Wechsel aus Paderborn vom TV Wattenscheid. Für die anstehenden Großereignisse nimmt sie sich viel vor.

Diese 60 Meter beim Istaf-Indoor-Meeting in Düsseldorf sorgten für ein zufriedenes Lächeln bei Tatjana Pinto. Deutschlands Top-Sprinterin, die für den TV Wattenscheid startet, lief am Sonntag als Dritte, noch vor Gina Lückenkemper (25/Berlin), über die Ziellinie. Ihre Zeit: 7,24 Sekunden. Damit erfüllte sie auch die Norm für die Hallen-Weltmeisterschaften in Belgrad (18. bis 20. März). „Jetzt geht es erst richtig los“, kündigt die Leichtathletin an. Im Interview spricht die 29-Jährige über ihre neu gewonnene Stärke, die Pläne für die am Wochenende in Leipzig anstehenden Deutschen Meisterschaften und die Hoffnungen für ein ereignisreiches Jahr 2022 mit Welt- und Europameisterschaften.

Frau Pinto, nach dem Zieleinlauf in Düsseldorf wirkten Sie zufrieden. Mit Ihrer Zeit haben Sie auch die Norm für die Hallen-WM in Belgrad erfüllt. War das Ihr Ziel?

Tatjana Pinto: Ich steigere mich gerade von Rennen zu Rennen. Mit 7,24 kann ich erst mal zufrieden sein, und die Norm habe ich damit zweimal unterboten. Das ist schon ganz ordentlich. Die endgültigen Nominierungen finden dann ja erst nach den Deutschen Meisterschaften statt. Klar, bis dahin kann noch einiges passieren, aber ich bin sehr optimistisch, dass ich in Belgrad dabei sein werde.

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Sie haben die Hallen-DM am kommenden Wochenende in Leipzig angesprochen. Dort zählen Sie neben Gina Lückenkemper zu den Top-Favoritinnen.

Pinto: Ich möchte mich auf jeden Fall noch weiter steigern. Bei der Zeit ist noch einiges drin. Klar, von meiner Bestzeit 7,06 Sekunden bin ich noch etwas entfernt, aber ich weiß, was ich kann. Und ich will natürlich um den Titel mitlaufen.

Sie wirken in diesen Wochen wieder locker, entspannt und top motiviert. Hat sich der Wechsel zum TV Wattenscheid schon jetzt bezahlt gemacht?

Pinto: Definitiv! Der wichtigste Faktor ist bis jetzt die mentale Komponente. Hier beim TV Wattenscheid merkt man wirklich: Die haben Bock auf Leistungssport.

Was läuft jetzt besser als bei Ihrem vorherigen Verein, dem LC Paderborn?

Pinto: Ich merke, dass ich jetzt ein Team hinter mir habe, das mir jederzeit unterstützend unter die Arme greift. Wenn ich etwas benötige, wird sofort versucht, mir zu helfen. Das habe ich so in den letzten Jahren nicht erfahren in Paderborn. Da gab es eher Gegenwind statt Unterstützung. Trotz sehr guter sportlicher Leistungen. Diesen nötigen Rückenwind bekomme ich jetzt hier beim TV Wattenscheid.

Inwiefern?

Pinto: Der Verein und ich haben das gleiche Ziel, und das ist enorm wichtig auf diesem Niveau, um eine gewisse Konstanz zu bekommen. Dann ist auch eine Leistungs-Explosion möglich. Aber dafür müssen eben auch alle Schrauben im System perfekt sitzen, da darf keine locker sein.

Das Jahr 2022 eignet sich ja durchaus für eine Leistungs-Explosion. Es stehen im Juli die Weltmeisterschaften in Eugene/USA und im August die Heim-Europameisterschaften in München an. Normalerweise fallen diese beiden Großereignisse ja nicht in ein und dasselbe Jahr.

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Pinto: Ja, genau, das ergab sich ja nur durch die Verschiebung der Olympischen Spiele in Tokio. Es ist auf jeden Fall ein sehr spannendes, cooles Jahr, aber natürlich auch eines mit Herausforderungen. Einer Weltmeisterschaft fiebert man auf jeden Fall immer entgegen, aber es gibt eben auch dieses Highlight mit der EM in München.

Freuen Sie sich besonders auf dieses Event?

Pinto: Ja, sehr, ich freue mich riesig auf die Europameisterschaften in Deutschland und dann vor allem auch in München. Die Kulisse dort ist unglaublich. Eine DM dort wäre schon toll gewesen, jetzt ist es also die EM, das ist schon wahnsinnig cool. Eine EM vor heimischem Publikum: Das macht richtig Bock.

Die EM findet kurz nach der WM in Eugene statt. Was haben Sie sich vorgenommen?

Pinto: Bei der Weltmeisterschaft will ich auf jeden Fall auch richtig angreifen und mein volles Potenzial entfalten. Ich will endlich zeigen, was alles in mir steckt. Die vergangenen Jahre waren schon sehr gut, aber ich bin mir sicher, dass das noch nicht alles ist, was ich wirklich kann. Ich denke, da ist noch ein Riesensprung nach vorne möglich.

Sie klingen sehr optimistisch und voller Tatendrang.

Pinto: Ich habe wirklich das Gefühl, dass ich jetzt vom Frühling in den Sommer komme. Dass es jetzt erst richtig losgeht, weil langsam alles zusammenpasst. Das Körperliche und das Mentale. Da ist noch einiges möglich.

Ihre persönliche Bestzeit über die 100 Meter sind 11,00 Sekunden. Erleben wir in diesem Jahr eine 10 vor dem Komma?

Pinto: (lacht) Ich hoffe es und bin guter Dinge, dass es auch möglich ist. Ich bin tatsächlich schon einmal unter 11 Sekunden gelaufen. 2017 in Weinheim waren es 10,96 Sekunden. Allerdings hatte ich da ein kleines bisschen zu viel Rückenwind, darum steht die Zeit auch nirgendwo. Ich bin aber optimistisch, dass mir in diesem Jahr ein Lauf unter 11 Sekunden gelingt. Wenn die 10 erst mal vorne auf der Uhr steht, dann wird vieles einfacher, denke ich.

Sind diese 11 Sekunden so eine Art Schallmauer für Sie?

Pinto: Definitiv. Wenn diese Barriere im Kopf durchbrochen ist, dann kann man, glaube ich, richtig fliegen.