Peking. Die deutsche Mannschaft hat im Zweierbob einen historischen Triumph gefeiert. Alle drei Medaillen gingen an deutsche Athleten.

Als Francesco Friedrich die deutsche Fahne bei der Olympia-Eröffnungsfeier ins Stadion tragen durfte, empfand er das als „Ritterschlag“. Am Dienstagabend hat der beste Bob-Pilot der Welt im Eiskanal von Yanqing den vorletzten Schritt zum olympischen „Königsthron“ der Bobfahrer gemacht. Souverän holte sich der 31 Jahre alte Ausnahmepilot im Zweier gemeinsam mit Anschieber Thorsten Margis den fest eingeplanten dritten Olympiasieg seiner Karriere ab. Mit einer weiteren Goldmedaille im Vierer kann er am Sonntag zu Rekord-Olympiasieger Andre Lange aufschließen.

„Das fühlt sich phantastisch an, denn es waren zwei harte Wochen hier. Wir haben es gerockt und können stolz sein“, sagte Friedrich nach seiner Triumphfahrt. Anschieber Thorsten Margis fügte hinzu: „Der Druck war gewaltig. Aber wir sind unter der Devise Angriff ist die beste Verteidigung zum Sieg gefahren.“ Weil Friedrich mit den Trainingsfahrten nicht zufrieden war, hatte er vor dem ersten Lauf noch einmal den Bob getauscht und fuhr mit dem Frauen-Zweier von Kim Kalicki zu Gold. Der vielleicht größte Favorit dieser Winterspiele krönte einen historischen deutschen Dreifachsieg.

Historischer Erfolg für deutsche Bobfahrer

Stolze 49 Hundertstelsekunden war am Ende der Vorsprung vor Johannes Lochner/Florian Bauer, die im Ziel fair gratulierten. Christoph Hafer/Matthias Sommer machten den totalen deutschen Triumph mit Bronze perfekt. Es war ein historischer Erfolg – drei Schlitten aus einem Nationalteam gab es bei Olympia noch nie auf dem Podest. „Unglaublich“, kommentierte Bundestrainer Rene Spies.

„Francesco hat gezeigt, dass er die Nummer 1 ist. Aber ich habe endlich meine Olympiamedaille. Francesco hat im entscheidenden Moment wieder einen ausgepackt, aber vielleicht können wir ihn im Vierer mehr ärgern“, erklärte Lochner. Nach den ersten beiden Läufen schien der Bayer sogar in der Lage zu sein, den großen Dominator zu gefährden. 15 Hundertstelsekunden betrug bei Halbzeit nur der Rückstand auf den Spitzenreiter. Doch mit einem Bahnrekord im dritten Lauf sorgte Friedrich, der im Training noch mit Problemen gekämpft hatte, für die Vorentscheidung. Und nach der Zieldurchfahrt im Finallauf feierte der Rekordjäger mit einem Urschrei seinen nächsten Triumph.

Friedrich in seinem Wunderbob

„Es macht Spaß, den anderen zu zeigen, dass wir im entscheidenden Moment doch noch eine Schippe drauflegen können“, hatte „König Franz“ bereits vor den Winterspielen erklärt. Und genau das bewies der Mann nach eher mittelmäßigen Trainingsfahrten auch in dem Moment, als es besonders drauf ankam.

Ob beim Rekordspeed am Start, dem Fahrgefühl in der Bahn oder dem mit seinem Input entwickelten Wunderbob vom Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) – Friedrich war auch diesmal eine Klasse für sich. „Er ist einfach ein überragender Athlet. Er pusht das FES, er pusht uns. Egal ob bei der Ernährung, Regeneration oder Teamführung – Francesco setzt einfach neue Maßstäbe“, lobt Bundestrainer Rene Spies. Friedrichs Erfolgshunger ist auch nach 13 WM-Titel und 14 Gesamtweltcupsiegen – beides ist Rekord – ungebremst.

Auslöser für diesen Hunger war ausgerechnet eine olympische Enttäuschung. 2014 in Sotschi fuhren die sieggewohnten deutschen Bobpiloten auch wegen Materialproblemen hinterher und erlebten das schlechteste Olympia-Ergebnis seit über einem halben Jahrhundert. Friedrich erlebte nach Platz acht im Zweier und Rang zehn im Vierer ein frustrierendes Olympia-Debüt. "Der Moment nach dem Zieleinlauf im Vierer hat mich wahnsinnig motiviert. Gestandene Männer, die alles gewonnen haben, waren tieftraurig. Ich habe ich mir geschworen, dass so etwas nie mehr passiert.“ Es war die Initialzündung für eine unglaubliche Siegesserie.

Ausnahme-Trainer Leopold zieht im Hintergrund die Fäden

Bob-Legende Christoph Langen, der Friedrich in seiner Zeit als deutscher Bundestrainer bis 2016 selbst mit betreute, stellt „König Franz“ in eine Reihe von Ausnahmesportlern wie Roger Federer oder Lewis Hamilton. „Die ganze Bob-Welt weiß, was Francesco macht, aber niemand hat ein Rezept gegen ihn. Er hat einfach das beste Gesamtpaket und eine Top-Mannschaft hinter sich, die jederzeit mitzieht“, hat Langen gesagt. Ein weiteres wichtiges Puzzleteil für Friedrichs Erfolge ist Ausnahme-Trainer Gerd Leopold, der im Hintergrund die Fäden zieht.

All das trägt zu den einmaligen Erfolgen von „König Franz“ bei, der daheim als Vater von zwei Söhnen den Kopf frei bekommt. Und natürlich hat Friedrich noch längst nicht genug von seiner Rekordjagd. Gewinnt er am Sonntag auch noch im Vierer, hätte er als erster Bobfahrer bei zwei aufeinanderfolgenden Olympischen Spielen einen Doppelsieg gefeiert: „Bisher hat noch keiner beide Goldmedaillen verteidigt.“ Natürlich ist das ein Extra-Antrieb für ein goldenes Ende dieser Olympischen Winterspiele, die mit dem „Ritterschlag“ bei der Eröffnungsfeier schon perfekt für Francesco Friedrich begonnen haben.

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