Zhangjiakou. Zwei Sprünge über 138 Meter bringen Skispringer Karl Geiger die Bronzemedaille ein. Markus Eisenbichler springt auf Platz fünf.

Ach, Mensch, wenn doch bloß keine Pandemie wäre. Wer vor vier Jahren in Südkorea miterlebt hat, wie sich die Norweger erst als fliegende Skisprung-Heroen und dann nach ihrem Olympiasieg mit der Mannschaft noch in Ermangelung einer eigenen Party-Location im Deutschen Haus als Feierbiester erwiesen haben, wurde am Samstagabend etwas wehmütig.

Es gab Gold für die Skandinavier, genauer gesagt für Marius Lindvik im Einzel von der Großschanze – es wäre ohne Mund-Nasen-Schutz und Abstandsgebot vermutlich ein rauschendes Fest geworden, so wie in Pyeongchang, als Trainer Alexander Stöckl mit seiner Interpretation von Elton Johns Rocketman für Gänsehautstimmung gesorgt hatte.

Glückwünsche nach der Ehrung im Skisprung: (v.l.) Silbermedaillen-Gewinner Ryoyu Kobayashi (Japan), Olympiasieger Marius Lindvik (Norwegen) und Bronzemedaillengewinner Karl Geiger.
Glückwünsche nach der Ehrung im Skisprung: (v.l.) Silbermedaillen-Gewinner Ryoyu Kobayashi (Japan), Olympiasieger Marius Lindvik (Norwegen) und Bronzemedaillengewinner Karl Geiger. © afp

Marius Lindvik knapp vor Überflieger Ryoyu Kobayashi

So fiel die Party in Zhangjiakou an der futuristisch anmutenden Sprungschanze verhältnismäßig altbacken aus. Gut, es gab die standesgemäßen Umarmungen und Helmklopfer, als Marius Lindvik sich die Mütze und sein schönsten Lachen aufgesetzt hatte. 140 Meter weit war der 23-Jährige im zweiten Durchgang geflogen, ehe nicht nur wegen der Kälte, sondern auch wegen des noch oben auf dem Absprungbalken sitzenden Führenden das Bibbern begann. „Ich war gleich voll Adrenalin und Freude, auch wenn ich wegen Ryoyus letztem Sprung noch richtig nervös geworden bin“, so Lindvik.

Ryoyu Kobayashi, der Überflieger der Saison und Goldmedaillengewinner von der Normalschanze, fuhr die Schanze herunter, hob ab und segelte auf 138 Meter. Doch das genügte nicht. „Es war so unglaublich eng, ich kann das noch gar nicht fassen“, sagte Lindvik später auf der Pressekonferenz. Gold also für den Norweger (296,1 Punkte), Silber für den Japaner (292,8) – und Bronze erfreulicherweise aus deutscher Sicht für Karl Geiger (281,3), der sich nach bisher dürftigen olympischen Leistungen in Zhangjiakou noch vom sechsten Platz aufs Siegerpodest vorschob.

Karl Geiger nach einer harten Woche überglücklich

Wie Geiger war auch Lindvik als Mitfavorit zu den Winterspielen in China gereist – als norwegischer Skisprung-Held fliegt er nach dem abschließenden Mannschaftsspringen am Montag zurück in seine Heimat. Der junge Mann, der erst vor zwei Jahren durch seinen zweiten Platz bei der Vierschanzentournee in die Weltspitze vorgesprungen war, ist nun Norwegens erster Olympiasieger von der Großschanze seit Toralf Engan 1964 in Innsbruck. „Ich wusste ja, dass ich an einem guten Tag um Medaillen mitspringen könnte“, sagte Lindvik. Aber dass es nun Gold wurde, „fühlt sich unglaublich an, damit habe ich nie gerechnet.“ Vom kleinen Hügel am vergangenen Sonntag war er Siebter geworden.

Karl Geiger feiert nach dem Sprung.
Karl Geiger feiert nach dem Sprung. © dpa

Von sieben auf eins ist eine bemerkenswerte Verbesserung – für Karl Geiger wurde es am Ende zwar nicht der Olympiasieg, doch der seit Freitag 29 Jahre alte Oberstdorfer konnte mit seiner Steigerung im Vergleich zum 15. Platz von der Normalschanze auch überaus zufrieden sein. Zweimal landete er nach 138 Metern, beide Mal ging der sonst eher zurückhaltende Geiger im Auslaufbereich richtig aus sich heraus. „Es war eine eine unheimlich harte Woche für mich persönlich“, sagte der viermalige Weltmeister aus dem Allgäu.

Markus Eisenbichler Fünfter und beim Teamspringen dabei

Als Führender im Gesamtweltcup hatte er sich natürlich viel ausgerechnet für die Wettkämpfe in China. Doch nach dem ersten enttäuschenden Auftritt zog die Disqualifikation im Mixed-Wettbewerb, als der Sprunganzug seiner Teamkollegin Katharina Althaus beanstandet worden war, den Allgäuer zusätzlich runter. „Das war eine ziemlich dicke Nummer“, sagte Geiger, dem Bundestrainer Stefan Horngacher die zurückgewonnene Wettkampfstärke attestierte, nun. „Dass ich das noch hinbekomme, ich hätte es nicht geglaubt. Es ist aufgegangen, echt cool.“

Die persönliche Erlösung lässt sich auch auf die DSV-Kollegen übertragen. Markus Eisenbichler (30/Siegsdorf) wurde mit 275,7 Punkten starker Fünfter; er ist damit genauso wie der 14. Constantin Schmid (22/Oberaudorf/263,9) für das Mannschaftsspringen am Montag gesetzt. Den vierten Startplatz machen am Sonntag in einem DSV-internen Stechen Pius Paschke (31/Kiefersfelden), der auf Platz 28 (243,5) kam, und der diesmal nicht berücksichtigte Willinger Stephan Leyhe (30) unter sich aus.

Alle Infos rund um die Olympischen Spiele in Peking