Zhangjiakou. Keine Medaille, nicht mal ein Top-Ten-Ergebnis. Die deutschen Skispringer erleben zum Olympia-Auftakt in Peking eine Bruchlandung.

Die ersten Schritte zum Olympiasieg hatte der neue König der Lüfte in der Bretterklasse zurückgelegt. Ryoyu Kobayashi ist am Montag von Frankfurt aus nach Peking gereist. Die besseren Plätze in der Lufthansa-Maschine waren allesamt belegt, unter anderem von seinen deutschen Widersachern. In den Economy-Sitzen konnte es sich der 25 Jahre alte Japaner immerhin so bequem machen, dass er sechs Tage später zu zwei Erste-Klasse-Flügen ansetzte und souverän die Goldmedaille gewann.

Karl Geiger ratlos: "Ich bin gescheitert, aber so ist es"

Als Kobayashi im Auslauf der eindrucksvollen Skisprung-Arena von Zhangjiakou als erster japanischer Olympiasieger auf der Normalschanze seit 50 Jahren geehrt wurde, stand Karl Geiger ratlos und mit den zusammengebundenen Brettern vor einem Absperrzaun. „Ich bin gescheitert, aber so ist es“, konstatierte der Mitfavorit, der Kleinschanzen-Karle, wie er sich selbstironisch mal genannt hat, weil er dort seine ersten Erfolge gefeiert hatte.

Gold auf der Normalschanze: Vierschanzentournee-Sieger Ryoyu Kobayashi setzte sich bei schwierigen Windverhältnissen vor dem Österreicher Manuel Fettner und dem Polen Dawid Kubacki durch.
Gold auf der Normalschanze: Vierschanzentournee-Sieger Ryoyu Kobayashi setzte sich bei schwierigen Windverhältnissen vor dem Österreicher Manuel Fettner und dem Polen Dawid Kubacki durch. © afp

Auch wenn er es nach außen nicht zeigte, muss ihn die Enttäuschung so aufgewühlt haben, dass er selbst bei minus 20 Grad nicht zitterte. Er habe alles auf eine Karte gesetzt, habe sich nichts vorzuwerfen, sagte Geiger: „Lieber scheitere ich mit voller Entschlossenheit, als irgendetwas halblätschig zu probieren.“

Constantin Schmid bester DSV-Adler

Der 15. Platz erfüllt für einen Führenden im Gesamtweltcup alle Voraussetzungen, um als unwürdig bezeichnet zu werden. Den ersten Durchgang hatte er sogar nur als 21. beendet. Es blieb nicht allein für Karl Geiger ein Tag zum Vergessen. Das Podium um Kobayashi (275 Punkte), der damit Nachfolger des nicht nominierten Andreas Wellinger wurde, sowie den beiden Überraschungs-Medaillengewinner Manuel Fettner (Österreich/270,8) und Dawid Kubacki (Polen/265,9) war für die Springer von Bundestrainer Stefan Horngacher so weit entfernt wie Zhangjiakou von Peking. Bester DSV-Adler war Constantin Schmid (Oberaudorf/22) als Elfter, der Willinger Stephan Leyhe (30) kam auf Rang 24.

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Noch schlimmer erwischte es Markus Eisenbichler: Der 30 Jahre alte Siegsdorfer verpasste sogar den zweiten Durchgang und musste damit in der Aufstellung für das Mixed am Montag für Schmid Platz machen. Geiger und Eisenbichler, die erfolgsverwöhnten Spezies, die seit einigen Jahren das Fliegende Doppelzimmer im Skispringen bilden, wurden in den chinesischen Bergen zum Fliegenden Bruchpilotenzimmer. „Es stinkt mir ein bisschen“, sagte Eisenbichler enttäuscht. „Entweder machst du eine Medaille, oder es interessiert keinen mehr. So bin ich da rangegangen.“

Deutsche Springer schon im Training mit Problemen

Dass sich die deutschen Springer schwer tun würden mit dem kleinen Hügel, war in den letzten Tagen zu bemerken. Kein Tagessieg in den Trainingseinheiten, nicht mal vordere Plätze. „Wir sind nicht in Schwung gekommen, ich weiß nicht, woran es liegt“, sagte Geiger. Fahrlässigkeit kann man dem studierten Umwelttechniker nicht attestieren: Geiger führt Tagebuch über seine Schanzenerfahrungen, weiß bei jedem Wettkampf, worauf es ankommt. „Letztes Jahr ist es bei der Heim-WM aufgegangen, diesmal nicht“, so der 1,85-Meter-Schlaks, „es hat mich nicht gepackt. Das war dann wie so ein Magnet, der dich runterzieht. Und dann landet man halt.“

Kobayashi, der schon einer Viertelstunde nach der Landung so wirkte, als habe er gerade anstelle des Olympiasiegs den 18. Platz beim Weltcup-Springen in Klingenthal eingefahren, fand zu seinem Glück nach anfänglichen Problemen „noch den Schlüssel zur Schanze“.

Karl Geiger hofft auf die Großschanze

Im Mixed muss sich Geiger heute noch einmal mit der Normalschanze arrangieren, danach geht es im Einzel und Team auf den großen Bakken. „Es ist zu hoffen, dass uns die andere Schanze besser liegt“, sagte Karl Geiger und verschwand. Dann will auch Markus Eisenbichler wieder angreifen. Auf die Frage, was der kollektive Aussetzer für die Großschanze bedeute, antwortete der Bayer kämpferisch: „Goa nix.“