Dortmund. Supercup zwischen dem BVB und Bayern steigt unter schwierigen Bedingungen. Duell soll Aufschluss über die Kräfteverhältnisse liefern.

Nein, Hausverbot hat Dr. Markus Braun auf dem Trainingsgelände von Borussia Dortmund noch nicht. Es wäre auch übertrieben. Der Mannschaftsarzt von Borussia Dortmund kann ja nichts dafür, dass er Trainer Marco Rose ständig schlechte Nachrichten überbringen muss. Die aktuellste: Thorgan Hazard fällt im Supercup gegen den FC Bayern heute (20.30 Uhr/Sat. 1 und Sky) aus, weil er Knöchelprobleme hat.

Das prominent besetzte Krankenlager wird noch ein wenig voller, die ohnehin komplizierte Vorbereitung noch komplizierter. Denn der Supercup hängt wegen der Corona-Pandemie erneut reichlich quer im Terminkalender – nur drei Tage nach dem Bundesliga-Auftakt des BVB gegen Eintracht Frankfurt (5:2). Für Training war keine Zeit, nur für Regeneration.

Die Bayern hatten zwar einen Tag länger Pause, aber nicht weniger Probleme: In der Abwehr fehlen wichtige Spieler wie Lucas Hernandez und Benjamin Pavard. Und: „Bei Dortmund haben immerhin einige wichtige Spieler wie Erling Haaland die komplette Vorbereitung absolviert“, sagt Trainer Julian Nagelsmann (34). „Bei uns war das in den seltensten Fällen so, die meisten haben nicht mehr als acht, neun Einheiten in den Beinen.“

Vor diesem Hintergrund also findet die aktuelle Auflage des Duells zwischen Meister Bayern und Pokalsieger Dortmund statt. Was aber wird dieser Titel wert sein, für den auch zu normalen Zeiten niemand einen Autokorso um den Borsigplatz oder einen Empfang am Marienplatz veranstalten würde? „Es ist nicht der renommierteste Titel“, sagt BVB-Sportdirektor Michael Zorc im Gespräch mit dieser Redaktion. „Trotzdem wollen wir dieses Spiel gewinnen.“

Die Leistung steht über dem Ergebnis

Denn so ein Sieg kann vieles bewirken. Er kann ein Zeichen nach innen sein, dass man auf dem richtigen Weg ist. Und er kann bei der Konkurrenz Eindruck schinden. Für Trainer Rose aber ist das Ergebnis nicht entscheidend: „Es geht immer, und vor allem jetzt am Anfang der Saison, um die Leistung“, sagt er. „Wenn die stimmt, haben wir ein gutes Gefühl und dann kann das auch ein Fingerzeig an die Konkurrenz sein.“ Rose muss zwei gegensätzliche Ziele vereinen in diesem Duell: Einerseits gilt es, wichtige Spieler zu schonen, denen er nach kurzer Vorbereitungszeit nicht das nächste intensive Spiel innerhalb weniger Tage zumuten kann.

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Andererseits geht es um einen Titel und eine Menge Prestige -- auch für zwei Trainer, die bei neuen Klubs starten und halb amüsiert, halb irritiert zur Kenntnis nehmen, dass es da noch ein wenig aufgeregter zugeht als anderswo im notorisch aufgeregten Bundesliga-Geschäft. Rose etwa hat davon gesprochen, in Dortmund Titel gewinnen zu wollen – und muss nun erklären, dass er damit keine Zielsetzung für die aktuelle Saison verbindet, sondern seine Mannschaft erst am Anfang eines Prozesses sieht.

Und Julian Nagelsmann wurde am Montag schon gefragt, wann er denn endlich das erste Pflichtspiel mit dem FC Bayern gewinnt – nach erst einem Pflichtspiel. Man ist zumindest im Umfeld des Klubs nervös nach einer Vorbereitung ohne Testspielsieg. Wer bitte kann die Bayern stoppen? Was jahrelang die Frage aller Fragen war, scheint aktuell verdrängt durch: Wer kann Haaland stoppen? Nagelsmann hat einige Ideen: Konzentriert sein, keine Räume lassen für Läufe in die Tiefe, Druck auf die Passgeber machen. Klingt gut, aber wird es reichen?

BVB-Trainer Marco Rose will niemanden bremsen

Theoretisch könnte Haaland ja auch mal geschont werden. Praktisch fehlen Alternativen, zudem will der Norweger immer spielen und Tore schießen – und Rose wird ihn wohl lassen: „Wir werden niemanden bremsen“, sagt der 44-Jährige. „Wenn jemand fit ist, marschieren will und kann und uns weiterhilft, wird er natürlich auf dem Feld stehen.“ Haaland zu bremsen – mit dieser Aufgabe müssen sich auch diesmal die Gegner herumschlagen