Tokio. Sarah Köhler gewinnt über 1500 Meter Freistil Bronze und holt so die erste Olympische Schwimmmedaille für Deutschland seit 13 Jahren.
Rumms. Sarah Köhler schlägt mit der linken Faust aufs Wasser, dass es nur so wegspritzt. Einmal, zweimal, dreimal. Dann geht der andere Arm in die Höhe, mit der Fingerspitze zeigt die 27-Jährige auf die kleine deutsche Kolonie, die sich ihren Platz gesucht hat auf den steilen Tribünen im Tokyo Aquatics Centre. Welch Erleichterung sie empfindet, sagt Köhler Minuten nach dem Gewinn der Bronzemedaille über 1500 Meter Freistil: „Ich wollte unbedingt diese Medaille und habe versucht, den Schmerz zu ignorieren.“ Nicht nur ihren eigenen, sondern auch den des Deutschen Schwimm-Verbandes: Köhlers Bronze ist der erste deutsche Podestplatz bei Olympischen Spielen seit Britta Steffens Doppelgold 2008 in Peking.
Sarah Köhler: „Ich habe die Chance genutzt“
13 Jahre Olympia-Tristesse sind nach 30 Bahnen und 15:42,91 Minuten zumindest teilweise vergessen. Deutscher Rekord, knapp sechs Sekunden schneller als je zuvor, nur besiegt von US-Star Katie Ledecky (15:37,34) und deren Landsfrau Erica Sullivan (15:41,41). „Ich habe die Chance genutzt“, sagte Köhler erleichtert. Bei der Siegerehrung küsste die Vize-Weltmeisterin über diese Strecke ihre Medaille, wenig später weinte sie Freudentränen in den Armen von Bundestrainer Bernd Berkhahn.
Während Ledecky ihrer Rolle als Vorschwimmerin gerecht wurde und einen Start-Ziel-Sieg feierte, musste sich Köhler mit stets gleichem Abstand dahinter der Konkurrentinnen erwehren: Die Chinesin Jianjiahe Wang ließ schon nach 900 Metern abreißen, als sich Köhler zwischenzeitlich sogar auf Platz zwei schob. „Ab da tat es richtig weh“, sagte sie, „irgendwann ist es ein Kampf gegen den inneren Schweinehund.“ Auch die Italienerin Simona Quadarella hielt mit dem Tempo der Deutschen nicht mit. Dafür kam Sullivan Wende um Wende heran und zog sogar vorbei. Die letzten 130 Meter galt es dann, den Bronze-Platz zu verteidigen – was eindrucksvoll gelang.
Britta Steffen freut sich mit Köhler
Lob gab es von der letzten deutschen Olympiasiegerin: „Ich bin stolz wie eine ältere Schwester auf ihre jüngere“, sagte Britta Steffen. „Da wir freundschaftlich verbunden sind, freut es mich enorm, dass sie 13 Jahren nach mir die erste Medaille geholt hat.“ Die Last der Medaillenlosigkeit ist vom DSV-Team genommen, in Tokio können Sarah Köhler (800 Meter Freistil am Samstag) und ihr Freund Florian Wellbrock (vor allem über 1500 Meter Freistil am Sonntag und anschließend im Freiwasser) weiteres Edelmetall folgen lassen. Steffen setzt auf die befreiende Wirkung von Köhlers Medaille: „Mir hätte es damals gezeigt: Sie kann das, dann kann ich das auch schaffen. Das schafft wieder mehr Selbstbewusstsein.“ Davon kann der Deutsche Schwimm-Verband wahrlich eine Menge gebrauchen.R