Essen. Gezeichnet von der Parkinson-Krankheit entzündet Muhammad Ali 1996 das Olympische Feuer. Ein Moment für die Ewigkeit, findet der Autor.

Normalerweise verplappert sich einer immer. Doch bis zum späten Abend des 19. Juli 1996 hat die Welt keinen blassen Schimmer, wer bei den 26. Sommerspielen das Olympische Feuer entzündet wird. Dann betritt ein älterer Mann im weißen Trainingsanzug im Olympiastadion von Atlanta/Georgia die Bühne. Ein Aufschrei unter den 85.000 Zuschauern. Die ersten Tränen.

Etliche Sport-VIPs wären den Menschen eingefallen. Doch ihn hatte man beinahe vergessen. In Los Angeles, zwölf Jahre zuvor, war er erst gar nicht eingeladen worden. In Atlanta stand er wegen seines Gesundheitszustands eigentlich nicht zur Wahl. Eigentlich. Doch niemand sollte irgendeine Rechnung ohne ihn machen. So war er immer. Er, Muhammad Ali. Olympiasieger, Weltmeister, Ikone. Der größte Boxer, der größte Sportler aller Zeiten.

Ali trug die Friedensbotschaft in die Welt

Seine linke Hand zittert so stark, dass der massige Körper mitschwingen muss. Nur wenn Ali die Fackel mit beiden Hände hält, kann er den Tremor unterdrücken. 54 Jahre alt ist er. Sein Gesicht wirkt immer noch jung, die Augen wach. Doch Alis Mimik ist eingefroren, sein schelmisches Lächeln verschwunden. Parkinson, die unheilbare Nervenkrankheit, hat den Größten Schub für Schub besiegt. Ali, der wie ein Schmetterling schwebte und wie eine Biene stach, der im Ring tanzte, hat die Kontrolle über den Körper verloren.

Solange das olympische Feuer brennt, soll Frieden herrschen. Ausgerechnet Ali, der nicht nach Vietnam ging und die Botschaft von Frieden und Gleichberechtigung in die Welt trug, entzündet die Flammen. Für mich der größte olympische Moment.