Seefeld. Das erste Training des DFB-Teams steht im Zeichen der beiden Rückkehrer. Auf Thomas Müller und Mats Hummels ruhen die Hoffnungen.

Thomas Müller steht an dem Tag, seitdem er wieder Fußball-Nationalspieler ist, gleich in der ersten Reihe: Bundestrainer Joachim Löw versammelt die Nationalspieler zum ersten Training der EM-Vorbereitung, hält eine ganz kurze Ansprache. Ganz vorne lauscht Müller – gleich daneben Mats Hummels.

Der BVB-Profi Hummels hatte zuvor den inoffiziellen Wettlauf der Rückkehrer gewonnen. Um 12.15 Uhr wurde der Abwehrspieler am Freitag von einem dunklen SUV vor dem Luxushotel Nidum in Mösern bei Seefeld abgesetzt – Hummels kann, wenn er das denn möchte, damit von sich behaupten, sieben Minuten länger als Müller wieder zum Kreis der Nationalmannschaft zu gehören. Der Münchener folgte wenig später und entstieg mit Kapitän Manuel Neuer einem Kleinbus.

DFB-Team in Tirol: Wirrwarr um die Ankunft der Spieler

Heller Kapuzenpulli, helle kurze Hose, weiße Schuhe, weiße Tennissocken, ein dunkler Rucksack – Hummels sieht bei seiner Ankunft unter der strahlenden Sonne Tirols aus wie ein Tourist. Überhaupt wirken alle Nationalspieler entspannt, als sie sich im Trainingslager für die EM (11. Juni bis 11. Juli) einfinden. „Ich habe bei jedem Spieler große Freude gespürt, das Turnier jetzt anzugehen“, sagt Oliver Bierhoff. Der Nationalmannschaftsdirektor des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ist erleichtert, dass immerhin 20 der 26 Spieler anreisen konnten. Also alle bis auf die Champions-League-Finalisten Ilkay Gündogan (Manchester City), Timo Werner, Kai Havertz und Antonio Rüdiger (alle FC Chelsea) sowie die noch maladen Toni Kroos (Corona) und Leon Goretzka (Muskelfaserriss). Real-Ma­drid-Profi Kroos hat bisher noch keinen negativen PCR-Test abgelegt, der in Spanien nötig ist, um die Quarantäne zu beenden – sobald das der Fall ist, soll er anreisen.

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Die England-Legionäre Bernd Leno (FC Arsenal) und Robin Koch (Leeds United) dagegen sind schon da, weil der österreichische Gesundheitsminister sie per Erlass von der Quarantäne-Pflicht entbunden hat – indem er das Trainingslager zu einer Angelegenheit „im absolut zwingenden Interesse der Republik Österreich“ erklärt hat. Normalerweise müssten Einreisende aus Virusvariantengebieten wie Großbritannien in Österreich für zehn Tage in Quarantäne, erst nach fünf Tagen könnten sie freigetestet werden.

Manager Oliver Bierhoff tüftelt an Alternativplan

Das Thema ist der Grund, warum Bierhoff als einziges Mitglied der DFB-Reisegruppe unentspannt wirkt. Er hat in den vergangenen Tagen viele Telefonate führen müssen, bis die Situation für die England-Legionäre geklärt war – zumindest für Österreich. Die Regelungen in Deutschland machen „noch ein bisschen Kopfzerbrechen“, sagt Bierhoff. Dort sind ohne Ausnahme 14 Tage Quarantäne für Einreisende aus England vorgeschrieben, ein Freitesten ist nicht möglich. „Das wird zum Problem“, sagt Bierhoff.

Bei Emre Can, Kevin Volland und Thomas Müller (von links) herrscht im DFB-Training gute Stimmung.
Bei Emre Can, Kevin Volland und Thomas Müller (von links) herrscht im DFB-Training gute Stimmung. © AFP

Denn bereits am 7. Juni wird in Düsseldorf das letzte Testspiel angepfiffen, am Tag danach geht es ins EM-Quartier Herzogenaurach. Viel zu wenig Zeit also für die vier Spieler, die am Samstag noch das Königsklassenfinale bestreiten – auch deswegen ist unklar, wann sie ins Trainingslager anreisen. Ursprünglich geplant war der 3. Juni, nun dürfte die Teamführung auf einem deutlich früheren Termin bestehen.

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Gelöst wäre das Problem damit aber nicht, denn die England-Legionäre dürften dann erst kurz vor dem ersten Gruppenspel gegen Frankreich (15. Juni) zur Mannschaft stoßen. Bierhoff tüftelt daher fieberhaft an Alternativplänen – auch der gesamte DFB und der europäische Verband Uefa arbeiten hinter den Kulissen daran, eine Ausnahmegenehmigung für EM-Teilnehmer zu erreichen. Denn es sind ja nicht nur deutsche Spieler betroffen, auch der Franzose N’Golo Kanté spielt heute noch für den FC Chelsea.

Müller und Hummels "sollen die Mitspieler anführen"

Viel Arbeit also für Bierhoff – in den kommenden Tagen aber gilt die Konzentration den angereisten Spielern. Viele Blicke richten sich naturgemäß auf die Rückkehrer, über die der Nationalmannschaftsdirektor sagt: „Als wären sie nie weg gewesen.“ Radio Müller geht gleich wieder auf Sendung, im ersten Training quasselt der Neu-Alt-Nationalspieler in einer Tour. „Er redet hier und da mal rein“, sagt Bierhoff grinsend. „Das ist aber gut, er und Mats sollen die Mitspieler führen.“

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Diese Führung fehlte dem Team in der Vergangenheit manches Mal. „Es sind beides große Persönlichkeiten, mit denen wir tolle Erfolge feiern konnten“, sagt Bierhoff. „Das erwarte ich jetzt auch von ihnen, dass wir weiter tolle Erfolge feiern. Dann ertrage ich auch den einen oder anderen Spruch von Thomas.“