Sakhir. Mick Schumacher wird Formel-1-Pilot. Mit 21 Jahren steigt er in die Königsklasse des Motorsports auf und fährt für Ferrari-Partner Haas.

Es ist die Woche der Überraschungen in der Formel 1, beinahe spannender als es die Entscheidung um den WM-Titel war. Mit einem neuen Höhepunkt am Mittwoch: Mick Schumacher wird aus dem Ferrari-Juniorkader zum Piloten für die Königsklasse befördert. Der 21-Jährige, der am Wochenende noch um den Titel in der Formel 2 fährt, bekommt ein ein Cockpit im Haas-Rennstall. Das Ferrari-Partnerteam strebt um den Sohn des Rekordweltmeisters Michael Schumacher herum einen Neuaufbau an. Möglich, dass Mick Schumacher bereits beim Saisonfinale in Abu Dhabi am 13. Dezember als Ersatz für den am vergangenen Wochenende verunglückten Haas-Piloten Romain Grosjean an den Start geht: „Ich fühle mich bereit."

Damit hat Deutschland neben Sebastian Vettel (Aston Martin) 2021 wieder zwei Formel-1-Rennfahrer, und eine große Familientradition wird fortgeführt. Mick ist der dritte Schumacher in der Champions League des Motorsports. 2928 Tage sind seit dem letzten Rennen seines Vaters, 2012 in Sao Paulo. Auch sein Onkel Ralf hat es auf 180 Grand-Prix-Einsätze und sechs Siege gebracht. Um die familiären Bande gleich auf eine historische Ebene zu katapultieren: Zweimal in 70 Jahren Formel 1 sorgten die Gene dafür, dass sowohl Vater als auch Sohn Weltmeister wurden – bei Graham und Damon Hill sowie Keke und Nico Rosberg.

Mick Schumacher. "Mein Vater war immer mein größtes Idol"

Über die Familie zu sprechen bleibt ein Tabu-Thema, umso mehr nach dem schweren Unfall seines Vaters im Dezember 2013. Geht es um die sportliche Beziehung, ist das etwas anderes. „Ich glaube, wir haben ein ähnliches Temperament und besitzen die gleiche Zielstrebigkeit", sagt er über seinen Vater als Rennfahrer, „Ich bin stolz, da sein zu können, wo er seine größten Erfolge gefeiert hat. Ich habe tatsächlich schon als Kind keinen anderen Wunsch gehabt. Mein Vater war ja immer mein größtes Idol." Am Mittwoch, kurz vor der Sitzprobe im Haas, fügt er an: „Es ist toll, in seine Fußstapfen treten zu können. Dass es jetzt so weit ist, ist verrückt."

Mick Schumacher will mit der 47 starten

Die Beförderung nach sechs Rennjahren in Nachwuchsteams ist für Haas-Teamchef Günther Steiner kein Geschenk: „Ich bin der festen Überzeugung, dass er sich den Aufstieg aufgrund seiner Leistungen verdient hat. Zusammen haben wir einiges vor uns." Auch die Startnummer hat sich Mick Schumacher bereits ausgesucht, es ist die 47. Vier und sieben sind seine Lieblingszahlen, aber die waren belegt. Die Sieben erinnert natürlich an die Anzahl der WM-Titel seines Vaters. „Ich freu mich auf die Reise", sagt er neutral – aber glücklich. Es habe ihn überrascht, dass seine Mutter Corinna überhaupt nicht überrascht gewesen sei: „Ich war sicher, dass Du es schaffst." An Bestimmung mag er nicht glauben: „Ich habe mir einfach meinen Traum erfüllt."

Die Formel 1 hofft auf die Strahlkraft des Namens

Ein großes Erbe, aber mit dem Druck zu leben und zu fahren, das hat Mick Schumacher schon früh gelernt. Auch, als er noch als Mick Betsch, unter dem Mädchennamen seiner Mutter Corinna, Kart fuhr. Trotzdem ist die Situation nun eine andere. Es geht nicht nur um sein eigenes Fortkommen. Der Name Schumacher soll der Formel 1 insgesamt eine größere Strahlkraft verschaffen. Wohlwollen begleitet ihn. Auch Mercedes-Teamchef Toto Wolff und Weltmeister Lewis Hamilton halten viel von Schumacher junior, der lange auch ein Kandidat für die Förderung des Stuttgarter Konzerns war – schließlich hatte auch Michael Schumachers Karriere dort begonnen. Doch die Bande zu Ferrari waren stärker.

Bei Haas muss Mick Schumacher gleich liefern

Jetzt muss er liefern. Bei Haas wird es – anders als mit Kimi Räikkönen beim zunächst angedachten Start für Alfa Romeo – keinen Fahrlehrer für ihn geben. Vielmehr bekommt er es mit dem Russen Nikita Mazepin zu tun. Der ist ebenfalls 21 Jahre alt, derzeit Dritter der Formel 2 – und mit dem Geld seines Vaters, einem russischen Chemie-Milliardär, zu Haas gekommen. Der Rennstall des US-Industriellen Gene Haas braucht für den Umbau zusätzliches Kapital, um wieder aus dem hinteren Mittelfeld herauszukommen. Mick Schumacher kann neben seinem Können auch die engen Verbindungen zu Ferrari einbringen. Auch Charles Leclerc, der letzte in die Formel 1 beförderte Ferrari-Zögling, glaubt: „Mick ist stark, er wird es weit bringen."

Es wird hart werden im direkten Duell, aber genau diese Herausforderung braucht Mick Schumacher auch. Lehrzeit in der Formel 1 ist nie Schonzeit. Aber er bekommt Zeit, wenn er sich nicht ganz ungeschickt anstellen sollte. Bisher war in seiner Karriere häufig die zweite Saison diejenige, in der er den Durchbruch geschafft hat.

Ein Zugpferd auch für Sponsoren

Mick Schumacher soll eine wichtige Rolle für Haas spielen. Er ist hungrig, formbar und bringt dem Team mehr Aufmerksamkeit und damit vermutlich auch Sponsoren. Der rigide Sparkurs, der zusammen mit der Misere der Ferrari-Leihmotoren für den sportlich-technischen Absturz gesorgt hat, ist vorbei – trotzdem gilt die Planung schon der übernächsten Saison. Mick Schumacher weiß: „Die Erwartungshaltung von vielen muss ein bisschen gedämmt werden. Wir werden nicht um Siege im nächsten Jahr fahren, auch wenn ich das gern würde. Von mir erwarte ich, dass ich mein Bestes abliefern kann und mich als Fahrer weiterentwickle. Dass ich so eng wie möglich eine Verbindung mit dem Team aufbauen kann, damit wir alle zusammen in die richtige Richtung arbeiten."

So bietet sich eine Chance auf Gegenseitigkeit. Unabhängig von der Genesung Romain Grosjeans wird Mick Schumacher bereits im ersten Training beim Saisonfinale in Abu Dhabi im Haas-Rennwagen Erfahrungen sammeln, danach stehen in der Wüste weitere Testfahrten an. „Die Formel 1 ist eine eigene Welt, sie verlangt den kompletten Rennfahrer“, weiß Mick Schumacher. Künftig auch seine Welt.