Sakhir. Ein Unfall von Romain Grosjean macht den Grand Prix von Bahrain fast zur Nebensache. Lewis Hamilton gewinnt im Flutlicht-Durcheinander.

Der Große Preis von Bahrain beginnt mit einem Feuerball, nachdem der Haas-Ferrari von Romain Grosjean schon in der dritten Kurve die Leitplanken durchbohrt. Nach 27 Sekunden kann sich der Franzose aus der Flammenhölle befreien und bleibt nahezu unverletzt.

Das Rennergebnis ist fast Nebensache: Den 15. Lauf der Formel-1-Saison gewinnt Weltmeister Lewis Hamilton hinter dem Safety Car. Der elfte Sieg des Briten in dieser Saison, der fünfte in Folge – vor den Red-Bull-Piloten Max Verstappen und Alex Albon. Direkt nach dem Neustart landet noch der Racing-Point-Mercedes von Lance Stroll auf dem Kopf, wie zuvor Grosjean war dieser mit Daniil Kwjat kollidiert. Es ist der große Tag der Schutzengel.

Sicherheitsbügel rettet Grosjean das Leben

Als Lewis Hamilton am Start davonzieht, wird der Nachthimmel im hinteren Feld plötzlich von einem Feuerball erhellt. Ausgangs der dritten Kurve landet der Franzose Romain Grosjean in den Reifenstapeln. Warum sich sofort ein Flammenmeer bildet, ist zunächst unklar. Sofort wird das Rennen abgebrochen, die Kameras schwenken vom Unfallort weg. Kein gutes Zeichen. Als alle Autos in der Boxengasse ankommen, gibt es erste Bilder auf den Videowänden: Grosjean sitzt im Rettungswagen, als er aussteigt, muss er gestützt werden, offenbar hat er sich beim Aufprall die Beine lädiert. Sonst sind keine Verletzungen sichtbar. Die verbliebenen 19 Piloten atmen kollektiv durch. Alle aus der Mannschaft applaudieren, das ist das Ventil für die Angst, die immer mitfährt – und auch ein Ausdruck der Hilflosigkeit.

Nur die Fahrerzelle bleibt unbeschädigt

Als sich der schwarze Rauch lichtet, zeigt sich erst richtig, wie viel Glück der 34 Jahre alte dreifache Familienvater bei seinem missglückten Überholversuch hatte. Etwa mit Tempo 180 und nach einer Berührung mit dem Alpha Tauri von Daniil Kwjat schießt Grosjean direkt in die Leitplanken. Der Haas-Rennwagen wird regelrecht auseinandergerissen, ein Wunder, dass Grosjean schnell genug herauskommt. Vom Monocoque, das ihm das Leben gerettet hat, bleibt nur ein Klumpen, lediglich die Sicherheitszelle um den Fahrer ist unbeschädigt geblieben. Der Lebensretter!

Vermutlich hat insbesondere der Halo genannte Sicherheitsbügel, übersetzt: Heiligenschein, verhindert, dass Grosjean von den Leitplanken regelrecht geköpft worden ist. Die mittlere der drei Leitschienen übereinander hat das Auto mit einer Wucht von 850 Kilogramm glatt durchbrochen, der Cockpitschutz aus Titan aber hat gehalten.

Lebensretter war zunächst umstritten

Bei seiner Einführung 2018, als Nachwirkung des Unfalltodes von Jules Bianchi beim Großen Preis von Japan vor sechs Jahren, war der Halo bei den Fahrern schwer umstritten. Diese Diskussion wird es nach Bahrain nie wieder geben. Die feuerfeste Unterwäsche, die Kopfhaube und der Rennanzug müssen 35 Sekunden lang den Flammen standhalten. Nach 27 Sekunden hatte sich Grosjean befreit. Er schafft es noch, über die Leitplanke zu springen, hat einen Schuh verloren, verbrennt sich die Hände durch die Handschuhe, als ihn der Fahrer des Medical Cars über die glühend heiße Barrikade hilft, geistesgegenwärtig besprüht ihn ein Streckenposten mit dem Feuerlöscher. Erst drei Jahre nach Niki Laudas Feuerunfall 1976 auf dem Nürburgring war die feuerfeste Wäsche eingeführt worden. Der südafrikanische Rettungswagen-Fahrer Alan van der Merwe, der in der ersten Runde hinter dem Feld fährt, ist mit FIA-Arzt Ian Roberts zur Stelle, auch ihm ist der Schrecken in die Knochen gefahren: „So was habe ich noch nie gesehen. Dass er selbst rauskommen konnte nach so einem Unfall.“

„Romain ist sehr erschrocken", meldet der erleichterte Haas-Teamchef Günther Steiner, „aber er ist bei Bewusstsein und so weit okay." In den ersten Sekunden nach dem Crash hat auch der Südtiroler gezittert: „Wenn man so etwas sieht, kann man nur hoffen, dass er Glück gehabt hat. Du hast natürlich solange Angst, bist Du siehst, dass er raus ist. Er hat Glück im Unglück gehabt. Erstaunlich, wie schnell er rausgekommen ist." Der südafrikanische Medical-Car-Fahrer Alan van der Merwe, der in der ersten Runde direkt hinter dem Feld fährt, ist zusammen mit FIA-Arzt Ian Roberts sofort zur Stelle. Die Crew hat rational, schnell und professionell gehandelt, aber auch ihm ist der Schrecken in die Knochen gefahren: „So was habe ich noch nie gesehen. Dass er überhaupt selbst rauskommen konnte nach so einem Unfall."

Das Rennen bleibt eine Stunde unterbrochen

Während Grosjean mit dem Helikopter ins Militärhospital von Manama geflogen wird, muss die komplett verbogene Leitplanke entfernt werden, das Rennen bleibt eine Stunde lang unterbrochen. Rennleiter Michael Masi beaufsichtigt die Anlieferung von Betonelementen und Reifenstapeln, die das Metall ersetzen. Nach anderthalb Stunden: Neustart. Der Mexikaner Sergio Perez faltet die Hände und hebt sie nach oben – es ist die Geste des Tages: Ein Wunder.