Essen. Diego Maradona, ein König des Fußballs, ist im Alter von 60 Jahren an einem Herzinfarkt verstorben. Die Fußballwelt trauert. Ein Nachruf.

Irgendwo da oben werden ihm jetzt die Leviten gelesen, er hat ja so einiges zu verantworten. Aber bestimmt wird ihm auch die Hand Gottes zur Versöhnung gereicht. Es muss so sein.

Diego Maradona ist tot.

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In seinem Haus in Tigre nördlich von Buenos Aires erlag er einem Herzinfarkt. Der Argentinier war einer der besten Fußballer der Geschichte, für viele sogar der beste. Am 30. Oktober war er anlässlich seines 60. Geburtstags noch weltweit gefeiert worden, doch nur wenige Tage später, am 3. November, musste er sich einer Gehirnoperation unterziehen, nachdem ein Gerinnsel entdeckt worden war. Die Genesung verlief nicht wie erhofft, der zuständige Arzt sprach von „Verwirrung“ und „Entzugserscheinungen“ des prominenten Patienten.

In Neapel trauern Fans um ihr Idol Diego Maradona.
In Neapel trauern Fans um ihr Idol Diego Maradona. © AFP

Maradona ist tot: Staatstrauer in Argentinien

Diego Maradonas Körper hatte vieles ertragen müssen im Laufe eines turbulenten, exzessiven Lebens mit Abhängigkeit von Drogen und Alkohol. Diesmal fehlte die Kraft, um erneut durchhalten zu können.

Argentiniens Regierung hat eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen, Diego Maradona war für die Menschen dieses Landes trotz aller Eskapaden ein Idol geblieben. Mit seinem Spiel hatte er Fußball-Liebhaber rund um den Globus fasziniert, und es ist keine Floskel, zu behaupten: Dieser Mann konnte am Ball alles.

Diego Armando Maradona führte den SSC Neapel als Kapitän auf den Platz. Die Stadt Neapel will das Stadio San Paolo in
Diego Armando Maradona führte den SSC Neapel als Kapitän auf den Platz. Die Stadt Neapel will das Stadio San Paolo in "Stadio Maradona" umbenennen. © dpa

Videos belegen, wie er die Zuschauer in den Arenen schon vor den Spielen in Begeisterung versetzte – mit einem Aufwärmprogramm, wie nur er es hinbekam. Er ließ den Ball tanzen, er jonglierte mit dem Kopf, mit dem Knie, mit der Schulter, mit dem Rücken. Gigantisch.

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Es gab durchaus einige herausragende Fußballer, die ihre Mannschaften zu Weltmeistertiteln führten – von dem Brasilianer Pelé über den Engländer Bobby Charlton und den Deutschen Franz Beckenbauer bis hin zu dem Franzosen Zinedine Zidane. Aber es gab nur einen, der seinem Team und seinem Land den Titel nahezu im Alleingang servierte. Die Weltmeisterschaft 1986 in Mexiko gehörte ihm, Diego Maradona erschaffte unvergessene Momente.

Mit seinen beiden Toren zum 2:1-Sieg im Viertelfinale gegen England schrieb er Fußballgeschichte. Sie künden bis heute von der Zerrissenheit dieses unvergleichbaren Ballkünstlers. In der eigenen Hälfte hatte er einen Sololauf gestartet, der die Zuschauer den Atem anhalten ließ. Er kurvte und raste an allen vorbei, die seinen Weg kreuzten, Körpertäuschungen und Drehungen waren eine einzige harmonische Verbindung, am Ende ließ er leichtfüßig auch Torwart Peter Shilton stehen. Dieses 2:0 in der 55. Minute, es wurde berechtigt zum Tor des Jahrhunderts gekürt.

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Nur vier Minuten vorher aber hatte er mit dem 1:0 für einen der spektakulärsten Skandale der Fußballgeschichte gesorgt. Diego Maradona überwand Peter Shilton nur scheinbar mit einem Kopfball – tatsächlich hatte er die Hand zur Hilfe genommen. Der Schiedsrichter erkannte den Treffer an, und Maradona spielte seinen Betrug vor laufenden Kameras zur Schlitzohrigkeit herunter. Ohne Reue sagte er: „Es war ein bisschen Maradonas Kopf und ein bisschen die Hand Gottes.“ Ein Fußballspruch für die Ewigkeit.

Auf dem Rasen, in seiner Welt, schüttelte dieser nur 1,65 Meter große Mann mit genialen Finten seine Gegenspieler ab. Im Leben da draußen, jenseits der Stadiontore, gelang ihm das nicht. Ist ein Fußballer häufiger und penetranter bedrängt worden als er? Journalisten, Fans, echte und falsche Freunde raubten ihm die Luft. Die Marionette merkte nicht, dass sie an Fäden hing. Er hat es oft genossen, geliebt und gefeiert zu werden, er ließ es zu, als Superstar inszeniert zu werden. Doch er verlor den Überblick, er war erkennbar überfordert mit all der Heldenverehrung. Schon während seiner Karriere und erst recht danach.

Der Höhepunkt einer großen Karriere: Diego Maradona wird 1986 mit Argentinien Weltmeister.
Der Höhepunkt einer großen Karriere: Diego Maradona wird 1986 mit Argentinien Weltmeister. © AFP

Dem Jungen aus einem Armenviertel vor den Toren von Buenos Aires waren Ruhm und Reichtum zu Kopf gestiegen. In seiner Zeit in Neapel, der Hoch-Zeit seines fußballerischen Schaffens, erdrückte ihn die Zuneigung. Diego Maradona flüchtete in andere Welten und ließ dabei kaum einen Fehltritt aus. Mafiakontakte, Kokainkonsum, Prostituierte, wilde Partys – als 1991 eine Bewährungsstrafe wegen Drogenbesitzes und eine weltweit gültige 15-monatige Dopingsperre gegen ihn ausgesprochen wurden, war die Fahrt auf der falschen Spur nicht mehr aufzuhalten.

Diego Maradona zerstörte sich selbst

Nach seinem Karriere-Ende wurde er Trainer, sogar Nationaltrainer seines Landes. Doch Schlagzeilen lieferte er weiterhin eher für die Klatsch- als für die Sportpresse. Diego Maradona zerstörte sich selbst. Als er 2018 bei der Weltmeisterschaft in Russland auf der Tribüne auftauchte, sah die Welt einen bemitleidenswerten Menschen, der gar nicht mehr zu registrieren schien, welche Ausfälle er sich dort leistete. Er brüllte herum, er streckte die Mittelfinger hoch, schließlich musste er von Helfern gestützt und herausgetragen werden.

Und doch sind dies nicht die Bilder, die einem zuerst einfallen, wenn man an Diego Maradona denkt. Wer den Fußball liebt, hat ihm schon immer vieles verziehen. Als Ausnahmesportler hat er die Menschen beschenkt, sich selbst hat er vor allem bestraft.

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Als die Nachricht von seinem Tode um die Welt ging, meldete sich bei Twitter Pelé zu Wort, der andere König des Fußballs. „Ich habe einen großartigen Freund verloren, und die Welt hat eine Legende verloren“, schrieb der 80-jährige dreimalige Weltmeister. „Möge Gott den Familienmitgliedern Kraft geben. Eines Tages hoffe ich, dass wir gemeinsam im Himmel Ball spielen können.“ Die Gegner werden zu bedauern sein.