Basel. Die Nationalmannschaft muss sich nach den Länderspielen gegen Spanien und Schweiz den Feinschliff abholen. Das ist aber nicht das einzige Thema.

Es musste schnell gehen am Montagvormittag. Die Nationalmannschaft hatte am Abend zuvor ihr zweites von zwei Spielen im September absolviert, wie in Stuttgart gegen Spanien hatte es auch in Basel gegen die Schweiz ein 1:1 gegeben – womit die DFB-Auswahl saisonübergreifend auch nach sechs Versuchen in der Nations League auf den ersten Sieg wartet. Und nun wollten und sollten die Spieler schnell zurück zu ihren Klubs.

Ein Teil reiste schon nach der Partie ab, die meisten Profis aber verließen Basel am Montagmorgen nach einer letzten kurzen Nacht im Mannschaftshotel Le Plaza. Und viele nahmen den Flieger, wie es die Mannschaft auch am Samstag gemacht hatte. Dafür hatte der Deutsche Fußball-Bund viel Kritik abbekommen – weil er in vielen hübschen Konzepten zwar auf Nachhaltigkeit pocht, für die rund 260 Kilometer von Stuttgart nach Basel aber auf die deutlich umweltfreundlicheren Verkehrsmittel Bus und Bahn verzichtete.

Bierhoff will Umwelt mehr berücksichtigen

Die Bahnfahrt, so erklärte es DFB-Pressesprecher Jens Grittner, sei wegen der strengen Hygieneauflagen angesichts der Corona-Krise ausgeschieden. Außerdem hätte man umsteigen müssen. Und eine Busfahrt habe der bestmöglichen Regeneration entgegengestanden. „Es ist schon ein Unterschied, ob man dreieinhalb Stunden sitzt oder nur 45 Minuten“, meinte Verteidiger Thilo Kehrer. „Das Sitzen, ohne sich zu bewegen, ist für die Regeneration überhaupt nicht optimal.“ Und DFB-Direktor Oliver Bierhoff erklärte: „Aus Verantwortung gegenüber den Vereinen möchten wir alles von unserer Seite tun, damit die Spieler gesund zurückkehren.“ Er versprach aber, in Zukunft den Umweltgedanken in den Planungen stärker zu berücksichtigen.

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Erklären, beschwichtigen, Besserung versprechen: So lief auch die Aufarbeitung der Unentschieden gegen Spanien und die Schweiz. In beiden Partien hatte die deutsche Mannschaft eine Führung verspielt, hatte sie gute Ansätze, aber auch einiges an Verbesserungspotenzial gezeigt. Der Unterschied: Gegen Spanien hatte das Team immerhin eine Stunde ordentlichen Fußball gezeigt, gegen die Schweiz nicht viel mehr als eine Viertelstunde – dann hatte der Gegner mehr vom Spiel.

Ilkay Gündogan ärgert sich

„Es hat komplett an uns selbst gelegen“, ärgerte sich Ilkay Gündogan, der im Sankt-Jakob-Park das 1:0 geschossen hatte (14.), bevor Silvan Widmer ausglich (58.). Er sei „ein bisschen angepisst“, hinterlegte Gündogan noch drastisch. Der überwiegende Rest der Reisegruppe sah das Glas eher halbvoll und verwies auf Gründe, warum man trotzdem zufrieden sein konnte: die fehlenden Leistungsträger vom FC Bayern und von RB Leipzig, die vollkommen unterschiedlichen Belastungszustände der Spieler.

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Das stimmte – einerseits. Andererseits hatten die Gegner ja in der Theorie ähnliche Probleme, die sich in der Praxis aber weniger zeigten. Bundestrainer Joachim Löw sah aber keinen Anlass zur Sorge, er begreift die Nations League ja ohnehin weniger als ernsthaften Wettbewerb und mehr als Experimentierfeld. „Natürlich will man die Spiele gewinnen“, sagte er. „Ich habe aber schon gute Erkenntnisse mitgenommen.“ Erkenntnis Nummer eins (die der Bundestrainer so nicht aussprach): Diese Mannschaft hat zwar das Potenzial, bei der EM in einem Jahr ein Mitfavorit zu sein. Aktuell aber ist sie es nicht.

Die bekannten Probleme

Praktischerweise zeigte sie jedoch auf, was dem noch im Wege steht – denn ganz neu waren die Probleme ja nicht: verspielte Führungen, fehlende Kaltschnäuzigkeit, nicht immer ausreichende Widerstandsfähigkeit. „Wirklich ärgerlich ist, dass wir uns bei den guten Chancen nach dem 1:0 nicht mit einem zweiten Tor belohnt haben“, haderte Löw.

Im Oktober, wenn die nächsten Spiele anstehen, „werden wir richtig angreifen“, versprach Löw. „Dann werden wir auch Spiele gewinnen.“ Am 10. Oktober soll in der Ukraine endlich der erste Nations-League-Sieg her. Anreisen aber wird die Mannschaft erneut mit dem Flugzeug – das ist in diesem Fall tatsächlich alternativlos.